Erneuerbare Energien Strom aus kleinen Wasserkraftanlagen: fischfreundliches Pilotprojekt in Bühlau

16. August 2022, 10:20 Uhr

Strom aus Wasserkraft gilt als sauber und wird unabhängig von Wind und Sonne erzeugt. Doch in den Turbinen sterben viele Fische, kritisieren Umweltschützer. In Bühlau bei Bischofswerda gibt es ein fischfreundlicheres Wehr, wie Studien zum Pilotprojekt zeigen.

Gesetzgeber fördert Wasserkraftanlagen bis 500 Kilowatt weiter

Wasserkraft hat 2021 rund vier Prozent unseres Stroms ausgemacht. Vom Gesetzgeber werden Wasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 500 Kilowatt gefördert. Darüber wurde noch dieses Jahr heftig gestritten, die Bundesregierung hatte Pläne, dies zu ändern, beließ es dann aber dabei. Umweltschützern ist das ein Dorn im Auge. Joachim Schruth vom Naturschutzbund Sachsen kämpft schon seit über zehn Jahren gegen die Wasserkraftanlagen: "Die Hauptargumente sind, dass zu viel Wasser in die Mühlgräben fließt, im eigentlichen Fluss, in der sogenannten Ausleitungsstrecke, viel zu wenig Wasser verbleibt und dass sich vor dem Wehr Sedimente absetzen." Der Gewässerboden verschlamme so, sagt der Naturschützer. Fischaufstiegstreppen, soweit überhaupt vorhanden, würden dadurch unbrauchbar. Schruth sieht in den Anlagen auch eine Gefahr für den Artenreichtum der Flüsse: "Viele Tiere kommen in den Turbinen zu Tode und werden dort gehäckselt." Derzeit gibt es rund 7.800 dieser kleinen Wasserkraftanlagen.

Mehr als jeder fünfte Fisch in Wasserkraftanlagen verletzt

Am Institut für Strömungstechnik der Otto von Guericke Universität Magdeburg wird untersucht, was mit Fischen in den Wasserkraftanlagen passiert. Der Schlag einer Turbinenschaufel wird etwa auf einem Gummi-Fisch dazu nachgestellt. Die Forschungsergebnisse nutzen Turbinenhersteller, um durchlässigere und damit weniger tödliche Anlagen zu entwickeln. "Wir wissen, dass über 20 Prozent der Fische in Wasserkraftanlagen geschädigt werden. Kleine Anlagen sind schädlicher als große Anlagen. Wir reden hier über konventionelle Anlagen", sagt Dr. Stefan Hoerner vom Institut für Strömungstechnik und Thermodynamik. Es gäbe durchaus auch Modelle, die weniger Schaden anrichten würden. Hier müsste es Anreize geben, damit diese auch eingesetzt würden.

Wehre fischfreundlicher machen: Pilotprojekt in Bühlau

Bauingenieur Klaus Petrasch aus Sachsen tüftelt an einem fischfreundlicherem Wehr. Er hat Art rießige Badewanne entwickelt, unter der ein Sog zu einem Strudel führt. Enthalten ist dort eine langsam drehende Turbine, die quasi nebenbei auch noch Ökostrom erzeugt. "Hier können die Fische hoch und runter steigen, je nach Standort, und das Abfallprodukt ist Strom", beschreibt der Bauingeneur.

Die Pilotanlage in Bühlau bei Bischofswerda hat in mehreren wissenschaftlichen Studien bewiesen, dass sie funktioniert. Die Fische schwimmen an den Turbinenschaufeln vorbei, durch den Strudel und verlassen das Rundbecken wieder, gänzlich unbeschadet.

Roboterfisch in einem trüben Wasserbecken. Ein Mann beobachtet durch eine Glasscheibe. 6 min
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Auch Gewässerökologie leidet durch undurchlässige Wasserkraftanlagen

90 Prozent aller deutschen Fließgewässer sind in keinem guten ökologischen Zustand. Nicht nur weil sie verschmutzt sind, sondern vor allem, weil sie nicht durchlässig sind. Fast 200.000 Querbauwerke versperren den Weg des Wassers, flussauf und flussab. Da fielen die rund 7.800 kleinen Wasserkraftanlagen kaum ins Gewicht, wehren sich deren Betreiber.

Professor Markus Weitere ist Leiter der Abteilung Fließgewässerökologie am Umweltforschungszentrum Magdeburg. Er fordert, Fließgewässer ökologisch durchlässiger zu gestalten. Wird die Strömung behindert, ginge das zu Lasten des Selbstreinigungspotentials der Gewässer, erklärt er. Unebenheiten fielen so als Filter weg. "So haben wir letztendlich eine Sedimentation und verstopfen damit dieses Lückensystem, dass ganz wichtig für die Selbstreinigung des Gewässers ist", sagt der Ökologe.

MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 28. Juni 2022 | 20:15 Uhr

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