"Homophob und frauenfeindlich" Pater löst mit Predigt in Wittichenau bundesweite Empörung aus

04. Januar 2023, 10:03 Uhr

Ein Pater aus Wittichenau im Landkreis Bautzen hat mit seiner Predigt zum Heiligabend bundesweit Empörung hervorgerufen. Bereits zuvor kritisierten Gemeindemitglieder vor Ort die Rede als homophob, frauenfeindlich und "vollkommen unchristlich". Inzwischen distanzieren sich die Mitbrüder des Geistlichen aus dem Saarland von dem Seelsorger. Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt setzt auf eine Verständigung innerhalb der Gemeinde.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Alexander Laboda
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Die Weihnachtspredigt von Pater Joachim Wernersbach in der Pfarrkirche der kleinen sächsischen Gemeinde Wittichenau liegt zwar bereits mehr als eine Woche zurück. In der Öffentlichkeit schlägt die Rede des Geistlichen jedoch immer größere Wellen. Nachdem Videomitschnitte der Predigt bei Twitter veröffentlicht wurden, empörten sich dort zunächst zahlreiche Nutzer. Am Dienstag griffen überregionale Medien die Kritik auf. Die Rede ist von einer homophoben Skandal-Predigt ("t-online", "Focus Online").

Die Predigt, die weiterhin in voller Länge bei YouTube online steht, provoziert an mehreren Stellen. "Eine Familie besteht aus Mann, Frau und Kind", sagt Wernersbach etwa zu Beginn, um im Anschluss Begriffe wie Gender, LGBTQ oder Diversität als "seltsame moderne Strömungen" zu bezeichnen. "Sie sind nicht im Einklang, nicht in Harmonie mit der unvorstellbar schönen göttlichen Ordnung. Eine große Dissonanz ist über unser Land hereingebrochen". Wernersbach wendet sich darüber hinaus gegen Reformbestrebungen in der Katholischen Kirche. Den Synodalen Weg nennt er ein "verheerendes neues Offenbarungsverständnis".

LGBTIQ LGBTIQ steht als Abkürzung aus dem Englischen für lesbian, gay, bisexual, transgender, intersexual und queer, also für 'lesbisch, schwul, bisexuell, trans, intersexuell, queer'.

Kirche St Maria Himmelfahrt in Wittichenau
In der Kirche St Maria Himmelfahrt im sächsischen Wittichenau hat Pater Joachim Wernersbach die umstrittene Weihnachtspredigt gehalten. Bildrechte: imago/Bernd Friedel

Pater stammt aus dem Saarland

Inzwischen schlägt dem Pfarrer für diese Aussagen Kritik auch aus den eigenen Reihen entgegen. Die Benediktinerabtei Tholey im Saarland, von wo aus Wernersbach seit Juli 2021 zeitweise nach Sachsen entsandt wurde, reagierte am Dienstag empört. "Wir verwehren uns ausdrücklich gegen das von ihm darin gezeichnete Menschenbild und die dort getroffenen schöpfungsgeschichtlichen Aussagen", teilte die Abtei mit.

Weiter hieß es: "Wir bedauern dadurch hervorgerufene Wut, Leid aber auch Bestürzung." Die Wertungen widersprächen "nicht nur der gesellschaftlichen Realität, sondern diskriminieren in vielfacher Hinsicht große Teile der Gesellschaft, etwa im Bild der Frauen, im Verständnis von Familie und auch gegenüber den queeren Mitmenschen sowie der LGBT-Gemeinde."

Wernersbach sei im Bereich Tholey "vorläufig jede Art der pastoralen Tätigkeit" untersagt. Der Abt habe dies dem Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt mitgeteilt und ihn um Stellungnahme gebeten.

Bischof lädt zum Gespräch

Bischof Ipolt äußerte sich am Dienstagnachmittag auf Anfrage des MDR. Schriftlich ließ er mitteilen, dass die Kritik an der Predigt "zunächst vor Ort besprochen und geklärt werden" sollte. Er habe den Pater außerdem "noch in dieser Woche zu einem klärenden Gespräch eingeladen". Ipolt fügte hinzu: "Außerdem hat es bisher keine Beschwerden über seine Tätigkeit in unserem Bistum gegeben; er wurde von den Menschen immer als guter Seelsorger bezeichnet."

Das Bistum Görlitz, zu dem Wittichenau gehört, verweist auch auf eine Online-Petition, die von Gemeindemitgliedern vor Ort direkt nach Heiligabend gestartet wurde. Diese solle Grundlage der Diskussion in der Gemeinde sein. Darin werden die Äußerungen Wernersbachs als frauenfeindlich und homophob sowie als ausgrenzend und vollkommen unchristlich bezeichnet. Die Petition wurde 534 Mal unterzeichnet und bereits Silvester geschlossen, also vor der Empörungswelle in den sozialen Netzwerken. Seit Mittwochmorgen ist die Petition online nicht mehr abrufbar.

Unterschriftenliste von Petition soll Pfarramt übergeben werden

Mit-Initiatorin Theresia Kliemank sagte dem MDR am Dienstag, dass sie die Unterschriftenliste mit einigen persönlichen Worten in den kommenden Tagen dem Pfarramt übergeben wolle. Hiernach werde man sehen, ob es noch zu einer Reaktion oder weiteren persönlichen Gesprächen komme. Von der großen Aufmerksamkeit für die Predigt und die Petition zeigte sie sich überrascht. "Da ist ja jetzt auch viel verallgemeinernde Kritik an Priestern und der Katholischen Kirche dabei. Das war überhaupt nicht unser Anliegen", sagte Kliemank. In der Sache stehe sie aber zur Kritik.

Pater Wernersbach selbst reagierte am Dienstag telefonisch nur kurz angebunden: "Ich möchte kein weiteres Öl ins Feuer gießen und mich daher im Moment nicht äußern", sagte der 1955 geborene Geistliche. Er wolle warten, "bis sich die Wogen geglättet" hätten.

mit Material der KNA

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 03. Januar 2023 | 19:00 Uhr

56 Kommentare

Frau K. am 05.01.2023

@Hobby
In der Regel haben sie für die Männer funktioniert. Kommt immer auf den Standort an, von dem eine Sache betrachtet wird und nicht dieser Standort ist meist nicht allumfassend.

Frau K. am 05.01.2023

Ja, frauenfeindliche Kirchenoberhäupter gibt es eben immer noch, ganz zu schweigen von dem Hass auf die LGBTQ-Gemeinde.
Gut, dass der Widerstand von den Gemeindegliedern selbst kam.

Maria A. am 05.01.2023

Hat er explizit geäußert, dass er Alleinerziehende verachtet? Es ging ihm an Heiligabend eigentlich bloß um die Familie an sich wegen der biblischen Geschichte. Sicher gibt es immer mehr sogen. "Regenbogenfamilien". Und niemand wird denen absprechen, nicht genau so wie "Normalfamilien" für die Kinder zu sorgen. Manche eventuell sogar besser, da gut betucht. Doch niemand kann biologische Gesetze außer Kraft setzen. Weder Schwule, noch Lesben, kommen auf natürlichem Weg zum Kindersegen. Schlichte Gemüter nennen sowas eben immer noch unnatürlich. Das muss man hinnehmen. Wenn man selbst tolerant ist und nicht nur so tut, hat man eben auch mal was hinunter zu schlucken.

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