Weidetierhalter fordern Regulierung der Wolfspopulation in Sachsen
Die Wiederansiedlung des Wolfes polarisiert. Naturschützer feiern die Rückkehr des Raubtieres als Erfolg. Tierzüchter sehen sich mit Problemen konfrontiert. Sie müssen besondere Schutzzäune für ihre Herden errichten und mit dem Gedanken leben, dass trotz allem ein Wolf unter den Nutztieren Schaden anrichten könnte.
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Verbände: Wolf bedroht Weidetierhaltung
Sachsens Weidetierhalter fordern eine generelle Regulierung des Wolfsbestandes im Freistaat. Sonst stünde durch die weitere Ausbreitung der Wölfe eine artgerechte Weidetierhaltung und die damit verbundene naturnahe Landschaftspflege mittelfristig vor dem Aus. So haben es unter anderem Vertreter des sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverbandes, des Rinderzuchtverbandes, des Landesbauernverbandes und des Landesjagdverbandes in einem gemeinsamen Brief formuliert, mit dem sie am Freitag an die Öffentlichkeit getreten sind.
40 Prozent der Flächen im Landkreis Bautzen sind landwirtschaftlich geprägt, wie Bautzens Landrat Michael Harig, einer der Unterzeichner des Briefes, betont. Die Weidetierhaltung sei hier ein lebendiges Element von Tradition aber auch Innovation, sagt Harig, der selbst Schafe hält. "Insofern macht es uns große Sorgen, dass viele Schafhalter aber auch Halter anderer Nutztiere aufgegeben haben, weil die Belastung durch die Wolfsübergriffe, die ja gerade hier in der Region außerordentlich vielzählig stattfinden, für die Menschen nicht mehr erträglich ist", so der CDU-Politiker.
Auch Regina Walther vom sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband sieht solche Folgen durch Wolfsrisse: "Wir haben im Vergleich von 2020 zu 2021 etwa 4.500 weniger Schafe. Man überlegt sich dreimal: Fange ich jetzt mit Schafen an oder hole ich mir einen Rasenmäher?
Es macht uns große Sorgen, dass viele Schafhalter aber auch Halter anderer Nutztiere aufgegeben haben.
Michael Harig | Landrat von Bautzen
29 Wolfsrudel in Sachsen
Seit den 1990er-Jahren wird die Wiederansiedlung des Wolfes in Deutschland unterstützt. In Sachsen leben nach Angaben des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie aktuell 29 Rudel, drei Paare und zwei Einzelgänger. Fast alle Wölfe, bis auf fünf Rudel, haben ihr Territorium in den Landkreisen Görlitz und Bautzen.
Übergriffe auf Weidetiere zurückgegangen
2012 ist der Wolf ins sächsische Jagdrecht aufgenommen worden, allerdings mit einer ganzjährigen Schonzeit. Nur verhaltensauffällige und sehr kranke Tiere dürfen geschossen werden. Alle anderen Tiere stehen unter strengem Naturschutz. Nach Statistiken des sächsischen Wolfsmonitorings sind die Übergriffe durch den Wolf auf Weidetiere in den vergangenen drei Jahren zurückgegangen. Man vermutet, dass hier die Schutzmaßnahmen wie elektrische Weidezäune ihre Wirkung zeigen.
Offener Brief geht an Staatskanzlei
Der offene Brief der Tierzuchtverbände, die auf eine Bestandsregulierung der Wölfe drängen, soll in den nächsten Tagen Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) zugestellt werden. Landrat Harig möchte nicht auf Konfrontation - Artenschutz gegen Nutztierhaltung - gehen. Er wolle eine vernünftige Balance, die seiner Meinung im Augenblick nicht gegeben ist. "Die grenzenlose Entwicklung der Population der Wölfe führt dazu, dass wir hier bald keine Weidetierhaltung haben", so der Oberlausitzer.
MDR (ma)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | Nachrichten | 20. Mai 2022 | 12:30 Uhr