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Kritik an AbtreibungspolitikGörlitz lässt politische Kunstinstallation demontieren

28. September 2021, 13:06 Uhr

Das Objekt "Kulisse" sollte eigentlich die Filmstadt Görlitz in der Ausstellung "Görlitzer Art" in den Mittelpunkt rücken. Tatsächlich setzt es sich mit Abtreibung und der Politik im polnischen Nachbarland auseinander. Der Streit um die Installation wurde zuletzt vor Gericht beendet. Und damit auch der Verbleib der "Kulisse" in Görlitz.

In Görlitz wird an diesem Dienstag die umstrittene Installation "Kulisse" abgebaut Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen hatte vergangene Woche eine Beschwerde der Künstlerin Lisa Maria Baier gegen deren Entfernung in zweiter und damit letzter Instanz zurückgewiesen.

Unbequeme Botschaft nach Polen

Wochenlang hatte es Streit um die Installation aus Kinositzen vor der alten Stadthalle in Görlitz gegeben. Das Kunstwerk war ursprünglich im Rahmen der Ausstellung "Görlitzer Art" errichtet worden. Das Problem: Statt unverfänglich die Filmstadt Görlitz zu thematisieren, ging es bei der Botschaft vor den Kinositzen um Frauenrechte und die Abtreibungsdebatte in Polen. Auf einem Banner standen die drei polnischen Worte "aborcja bez granic", übersetzt "Abtreibung ohne Grenzen".

Die Stadt warf daraufhin Baier vor, sich nicht an den ausgewählten Entwurf gehalten zu haben. Sie kündigte den Vertrag mit Baier fristlos. Die Künstlerin wehrte sich juristisch und unterlag. Die Vertragskündigung sei auch unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit wirksam, die ausgeführte Installation entspreche nicht dem prämierten Entwurf, hieß es vom Oberverwaltungsgericht.

Baier: "Trauer, Enttäuschung und Wut"

Die gebürtige Görlitzerin Baier ist Alumni-Meisterschülerin der Hochschule für bildende Künste in Dresden und freischaffend. Sie betonte, dass sie die "Kulisse" nun unter Zwang entferne: "Es schwingt Traurigkeit mit, große Enttäuschung und in gewisser Form ist auch Wut da." Unterstützung beim Abbau bekommt Baier vom Kunsthaus Dresden, das die "Kulisse" zunächst einlagert. Es habe verschiedene Angebote an die Künstlerin gegeben, die Installation woanders aufzustellen, auch von polnischer Seite, sagte Robert Thiele vom Kunsthaus. Zunächst solle aber Baier Zeit für ihr weiteres Handeln gegeben werden.

Rückendeckung vom Kunsthaus Dresden

Das Kunsthaus Dresden setzt mit seiner Unterstützung bewusst ein Zeichen. Die Leiterin Christiane Mennicke-Schwarz hält die Entscheidung der Stadt Görlitz für "das falsche Signal". Es sei eine wichtige Auseinandersetzung gewesen, die Baier versucht habe, mit ihrer Installation zu führen, so Mennicke-Schwarz. Die Botschaft sei weder schockierend noch anstößig gewesen. Auch habe man von polnischer Seite, etwa in Zgorzelec, gar keine eindeutige Ablehnung beobachtet. "Politische Kunst gehört auch in Polen dazu." Mennicke-Schwarz kann das Beharren der Görlitzer Verwaltung auf die Demontage der "Kulisse" nicht nachvollziehen: "Außer aus Sorge um die generelle Unbequemlichkeit, die ein Kunstwerk auslöst."

Es wäre überraschend, wenn sich zeitgenössische Kunst nicht zu aktuellen Debatten und Diskursen, in denen wir uns befinden, äußert.

Christiane Mennicke-Schwarz | Leiterin vom Kunsthaus Dresden

Diese Positionierung einer anderen staatlichen Institution - das Kunsthaus gehört zu den städtischen Museen Dresdens - macht Baier Mut: Ihr Werk soll auf jeden Fall erhalten bleiben und auch nicht im Lager verstauben. "Mein Wunsch ist, dass es irgendwie doch noch einmal an der Grenze zu sehen ist."

Quelle: MDR/uw/ma/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 28. September 2021 | 12:30 Uhr