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Ein "Stein im Brett" bekommen Leute, die für den Bau der Zukunftsstation Geld spenden. Rund 500.000 Euro muss der Verein als Eigenanteil für den Neubau aufbringen. Bernd Frommelt, Christian Hoffmann und Markus Barthen (von links) freuen sich auf die neuen Arbeitsbedingungen. Bildrechte: MDR/Martin Kliemank

Lernstätte zieht umStation für junge Forscher in Weißwasser - Abschied von den DDR-Baracken

27. April 2025, 09:00 Uhr

Die Station für Technik, Naturwissenschaften und Kunst in Weißwasser nimmt mit mehreren Veranstaltungen für junge Leute und frühere Wegbegleiter Avbschied von ihren Räumen. Ab Herbst sollen neue entstehen.

  • Mit einem bunten Programm aus Naturwissenschaft, Handwerk und Kunst begeistert die Station junge Menschen für Zukunftsthemen.
  • Ein Team aus sieben Hauptamtlichen und vielen Ehrenamtlichen gestaltet die Angebote - auch internationale Jugendbegegnungen.
  • Für ihre Bildungsarbeit bekommen die Organsiatoren bald bessere Bedingungen. Mehr als 4,8 Millionen Euro sollen in die "Zukunftsstation" investiert werden.

Auf dem Gelände der Station für Technik, Naturwissenschaften und Kunst in Weißwasser knistert ein Lagerfeuer. Die neun Jahre alte Frida sitzt an der Feuerstelle und dreht ein Stockbrot über den Flammen. Das Mädchen besucht eine Malwerkstatt, die in den Osterferien läuft. Weitere zehn Kinder machen mit. "Ich find’s toll, dass wir gerade auch die Wände bemalen können", erzählt Frida. Eine einmalige Sache – denn das Haus, in dem die Werkstatttage stattfinden, soll für einen Neubau abgerissen werden.

Ich find’s toll, dass wir gerade auch die Wände bemalen können.

Neunjährige Frida | Kursteilnehmerin

Obwohl das langgezogene Haupthaus noch den Charme der frühen DDR-Zeiten versprüht, kommt Frida gern in die Station am Stadtrand. Sie macht regelmäßig mit bei der AG Kunst. Auf dem Gelände umgeben von Wald herrsche eine besondere Atmosphäre, berichtet die Schülerin. Sie könne sich hier in vielen Dingen ausprobieren. "Hier ist immer viel los. Man lernt immer wieder neue Leute kennen", beschreibt Frida.

Abschied mit Wissenschaftsnacht, Technikcamp und Erzählcafé

Etwas abseits vom Feuer hat die Umweltpädagogin Carolin Stern ein Skelett eines Luchses aufgestellt. Die Mitarbeiterin des Wolfsbüros aus Rietschen informiert über die Wiederansiedlung der Raubkatze in Sachsen. Kinder können bei ihr außerdem Fledermaus-Masken basteln. Später wird Carolin Stern ein großes Netz aufspannen. Fängt sie ein paar Nachtjäger, sollen die Kinder sie streicheln können. Stern will Vorurteile über Fledermäuse abbauen und deutlich machen, wie nützlich die Insektenfresser sind. Dieses Angebot ist Teil der "Langen Nacht der kreativen Köpfe" – eine der Veranstaltungen, zu denen die Mitarbeiter der Station noch einmal in die alten Räume einladen.

"Wir bemerken, dass es ein Bedürfnis gibt, Abschied zu nehmen von den Räumen und von den vielen Relikten, die hier entstanden sind", sagt Stationsleiter Bernd Frommelt. So kämen in diesen Tagen viele Ältere, die eine Verbindung zur Station haben und noch etwas loswerden wollen. Sie bringen alte Zeitungsartikel und Fotos mit. Im langen Gang des Stationsgebäudes sind die Mitbringsel an einen Zeitstrahl geheftet. Der reicht zurück bis ins Jahr 1953.

Carolin Stern vom Wolfsbüro in Rietschen erklärt Kindern, welche Fledermausarten in der Lausitz vorkommen. Bildrechte: MDR/Martin Kliemank

Kindgerechte Vorlesungen zu Wahlen und Mikroben

Drinnen im kleinen Veranstaltungssaal der Station berichten Mitarbeiter des Deutschen Zentrums für Astrophysik (DZA) von Erkenntnissen aus der Astroforschung. Unter den Zuhörern ist Emil Barthen. Der 11-Jährige hat in der Station in Weißwasser schon Veranstaltungen der Kinderuniversität besucht. "Das war cool", sagt Emil. "Man müsste sonst bis nach Dresden fahren. Woanders gibt’s das hier ja nicht!" Er hat durch die Kinderuni mehr über die Bundestagswahlen und über Mikroben erfahren.

Kinder hätten in der Station die Möglichkeit, sich ganz praktisch mit naturwissenschaftlichen Fachrichtungen auseinanderzusetzen, lobt Fritz Brozio. Er hat selbst dazu beigetragen. Als Lehrer organisierte er zu DDR-Zeiten in der Station Biologie-Ferienlager. Heute sagt er: "Die Station ist für Weißwasser existenziell. Wir haben nichts anderes." An Interesse von Kindern und Jugendlichen an den Programmangeboten habe es nie gefehlt., "Wir mussten oft Schülern absagen, weil die Kapazität begrenzt ist", sagt er.

Zur "Langen Nacht der kreativen Köpfe" hat Dominik eine Fledermaus-Maske gebastelt. Bildrechte: MDR/Martin Kliemank

Station will Defizite der Schulbildung ausgleichen

Dabei wird die außerschulische Bildung zu handwerklichen und naturwissenschaftlichen Themen immer wichtiger, beobachtet Stationsleiter Bernd Frommelt. "Uns wird gespiegelt, von Schulen und Leuten, die mit Lehrausbildung oder Studium zu tun haben, dass in der schulischen Bildung gerade im MINT-Bereich ein Defizit entstanden ist." Die Station könne einen Beitrag leisten, junge Menschen für diese Themen zu begeistern.

Oft passiert das mit ganz praktischen Projekten. So schrauben ein paar Jungs in der Station derzeit an einer Seifenkiste und fahren damit zu Wettbewerben. Eine andere Gruppe baut Roboter. "Wenn hier jemand zehn Jahre Kunst oder Modellbau gemacht hat, muss er natürlich nicht Künstler oder Modellbauer werden. Aber er nimmt etwas mit fürs Leben", sagt Bernd Frommelt. Damit einen Beitrag zum Lebensweg oder zur Berufswahl geleistet zu haben, befriedige ihn.

Großes Team ehrenamtlicher Anleiterinnen und Betreuer

Sieben hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestalten das Programm in der Station, darunter Biologen, eine Kunstpädagogin, ein Sozialpädagoge. Stationsleiter Frommelt kommt aus der Lehrausbildung. Daneben unterstützen rund 20 Ehrenamtliche bei der Betreuung und Anleitung der Kinder und Jugendlichen. Viele haben als junge Menschen selbst Angebote in der Station genutzt. Wie die meisten Schulabsolventen sind sie danach für Ausbildung oder Beruf fortgegangen. Doch einige kämen wieder, nähmen sich als Studenten Zeit, um mal ein Camp mitzugestalten, berichtet Bernd Frommelt.

Jene Ferienlager machen inzwischen einen größeren Teil des Programms der Station aus. Das Freizeitverhalten habe sich geändert, schildert Bernd Frommelt. Das Gros der Kinder käme nun nicht mehr zu den Arbeitsgemeinschaften in der Woche, sondern zu Projekten und Angeboten in den Ferien oder zu Workshops an Wochenenden. Diese Angebote würden sehr gut angenommen und seien meist ausgebucht. So veranstaltet die Station - statt wie früher nur zwei, drei Ferienlager im Jahr - heute bis zu zehn, teils auch als internationale Jugendbegegnungen mit Gästen aus Polen, Frankreich und Marokko.

Millioneninvestition in die Zukunft der Station

Bald sollen sich die Bedingungen für die außerschulische Bildungsarbeit auf dem Gelände in Weißwasser verbessern. Für rund 4,9 Millionen Euro soll ein neues Stationsgebäude gebaut werden – finanziert aus dem Strukturwandel-Fonds. "Ich bin froh, dass was Neues kommt“, betont Bernd Frommelt. Er berichtet von den beengten Verhältnissen in der DDR-Baracke, von einem undichten Dach und unzähligen Reparaturen am Haupthaus.

"Wir wollen hier an Zukunftsthemen arbeiten: Zukunftstechnologien, Kreativität, Nachhaltigkeit", erklärt Frommelt. Ein Gebäude, das nicht mehr zeitgemäß ist, passe nicht dazu. Seit vier, fünf Jahren arbeitet der Verein hinter der Station nun schon an den Plänen für den Neubau. Studierende der Universität Cottbus haben an der Architektur gearbeitet, Jugendliche ihre Ideen eingebracht.

Bernd Frommelt erläutert einer Kollegin anhand von Modellen, wie die Baupläne für die Zukunftsstation entstanden. Bildrechte: MDR/Martin Kliemank

Ein Wunsch: Geräumigere Werkstatträume

"Wir haben darauf geachtet, dass wir Werkstätten bekommen, die nicht mehr so spezialisiert sind", sagt Bernd Frommelt. Denn bisher gebe es in der Station viele kleine Räume, etwa einen fürs Töpfern und den Modellbau, die nur ein-, zweimal die Woche genutzt werden. Im neuen Gebäude wird es flexibel nutzbare Werkstatt-Seminarräume geben – sogenannte "Workspaces". An die sollen Maschinenräume und Lager angeschlossen sein. Die neuen Räume böten dann die Möglichkeit, mit ganzen Schulklassen zu arbeiten. "Das können wir bisher nicht. Wir müssen immer kleine Gruppen bilden", verdeutlicht Bernd Frommelt den Unterschied.

Im Herbst ist der Abriss der Bestandsgebäude geplant. Mit 1,5 Jahren Bauzeit rechnet der Verein für seine "Zukunftsstation". Die Bildungsangebote sollen in dieser Zeit in den Bungalows und in Containern auf dem Gelände, aber auch in den Räumen von Partnern fortgesetzt werden. Es werde eine Herausforderung, das Programm aufrechtzuerhalten, erwartet Bernd Frommelt. Doch das Team der Station will es vermeiden, dass Angebote wegbrechen. "Wir haben in Corona-Zeiten erlebt, wie schwierig es ist, dann wieder neu anfangen zu müssen", sagt Frommelt.

Zum Gelände der Station gehören mehrere Bungalows mit Übernachtungsmöglichkeiten. Auch sie sollen durch moderne Neubauten ersetzt werden. Bildrechte: MDR/Martin Kliemank

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio in Bautzen | 25. April 2025 | 10:30 Uhr