Ärztemangel Ärzte aus dem Ausland warten mindestens ein Jahr auf Approbation
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23. September 2024, 12:59 Uhr
In der Region Zittau herrscht Ärztemangel. Hautärztin Rola Al Aseel aus Syrien kam vor anderthalb Jahren nach Deutschland. Sie fühlt sich in der Region wohl und hat schon in einer Praxis erste Patienten behandelt. Sie wartet jedoch auf ihre Approbation. Aber bis sie diese hat und selbständig arbeiten kann, kann es noch lange dauern. Damit geht es ihr wie vielen Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland.
- In Zittau und Umgebung stehen vier Hautarztpraxen leer, sagt Praxisinhaber Gottfried Hanzl.
- Rola Al Aseel aus Syrien hat zwar schon ihre Arbeitserlaubnis, darf jedoch nicht ohne Aufsicht praktizieren.
- Dafür benötigt sie ihre Approbation – ein Prozess der bestenfalls ein Jahr dauert.
Rola Al Aseel geht durch die vielen Räume der Arztpraxis von Dr. Hanzl bei Zittau – und alle freuen sich, sie mal wieder zu sehen. Im Frühjahr hat sie hier ein Praktikum gemacht, da war sie zwei Monate lang jeden Tag da. In einem ruhigen Behandlungszimmer berichtet sie, wie sie in Ostsachsen gelandet ist.
Vor etwa 16 Monaten sei sie aus Syrien nach Deutschland gekommen. "Ich habe für sechs Monate bei einer deutschen Familie hier in der Nähe von Ebersbach gelebt. Deswegen ist diese Umgebung nicht neu für mich", erzählt Rola Al Aseel.
Die Sprache war da noch eher neu, aber auch wenn es manchmal hakt, hat die Hautärztin aus Homs in Zentralsyrien einen guten Draht zu den Patientinnen und Patienten. Manche seien sogar extra in die Praxis gekommen, wenn sie wussten, dass Rola Al Aseel an dem Tag da ist, berichtet sie.
Und weil sie hier so gut reingekommen sei, könne sie sich auch vorstellen zu bleiben. "Ich mag meinen Beruf und ich will diesen Beruf hier in dieser Umgebung ausüben. Die Leute, ich hab's gesagt, sind sehr freundlich", sagt Rola Al Aseel.
In Zittau werden Hautärzte dringend benötigt
Dringend nötig wäre es, denn in der Umgebung stünden gerade vier Hautarztpraxen leer, berichtet Praxisinhaber Gottfried Hanzl, der zwei Türen weiter sitzt, im Gespräch mit einem Kollegen aus Tschechien. Fachkräfte aus dem Ausland werden gebraucht und auch Hautärztin Rola Al Aseel ist eigentlich ein Segen für die Region, aber: "Jetzt habe ich praktisch das Riesenproblem, dass Rola eine anerkannte Fachärztin ist für Hautkrankheiten, wir in Zittau ganz dringend jemanden brauchen, und die Behörden aber in der Bürokratie das nicht einsehen, dass man hier etwas Gas geben muss."
Ärztinnen und Ärzte brauchen als erstes eine Berufserlaubnis, um in Deutschland unter Aufsicht arbeiten zu dürfen. Die hat Rola Al Aseel seit Mitte Juli. Jetzt wartet sie auf die Approbation, für die die Landesdirektion alle ihre Unterlagen prüft. Erst wenn sie diese habe, beschäftige sich jemand in Deutschland mit relevanten Fragen, sagt Gottfried Hanzl. "Was ist das für eine Hautärztin, was hat sie für eine Ausbildung, wo schicken wir sie hin, braucht sie noch eine Zusatzausbildung, und das dauert mir alles zu lang", beschwert sich Hanzl.
Approbation dauert im besten Fall mindestens ein Jahr
Bei der Berufserlaubnis sind es im Schnitt nur 13 Tage vom Antrag bis zur Erteilung, teilt die Landesdirektion Sachsen auf Nachfrage mit – vorausgesetzt, die Ärztin aus dem Ausland hat alle Unterlagen eingereicht und die Fachsprachenprüfung bestanden. Aber dann: "Ein Approbationsverfahren kann vom Zeitpunkt des Antragseingangs bis zur Approbationserteilung im günstigsten Fall – das bedeutet, bei Gleichwertigkeit der Ausbildung – zwischen einem und zwei Jahren dauern."
Wird die Ausbildung im Ausland als nicht gleichwertig angesehen, müssen Prüfungen nach deutschem Standard abgelegt werden, das dauere zweieinhalb Jahre aufwärts. Diese Gutachten sind komplexe Verfahren, schreibt die Landesdirektion – und derzeit seien 938 Anträge von Ärztinnen und Ärzten aus Drittstaaten in Arbeit, die seit Anfang 2023 eingegangen sind. Plus einzelne laufende Verfahren aus den Vorjahren.
Und irgendwo in diesem Stapel befindet sich auch der Antrag von Rola Al Aseel, die versucht, die Zeit anders zu überbrücken. Sie erzählt: "Wenn man arbeitet und mit vielen Leuten spricht, kann man schnell Deutsch lernen. Aber wenn ich zu Hause vier oder drei Monate sitze, und mit niemandem spreche, ist das schwer." Sie habe auch versucht, einen Minijob zu haben, und am Ende habe sie einen Minijob bekommen, das helfe ihr sehr.
Und zwar in einer Bäckerei. Immerhin ein bisschen Kontakt mit Menschen und der deutschen Sprache. Bis sie wieder als Hautärztin arbeiten kann, muss sie abwarten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 23. September 2024 | 06:51 Uhr
Sergej vor 5 Wochen
Jedes Land, in föderalen Staaten wie Deutschland jedes Bundesland, hat Zulassungs-Regularien, die bisweilen mit der eigene Erwartungshaltung kollidieren können. Es ist ok, sich selbst zu fragen: Kann ich das akzeptieren, gefährdet es meine Motivation, reicht die psychische und ökonomische Kraft?! Im konkreten Fall des Einzelschicksals: Zittau ist geografisch perfekt um zu entdecken, dass auch in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien oder dem tschechischen Kreis Liberec ein Bedarf an Dermatologen besteht - und Menschen auch dort nett sind. Der Artikel berichtet (leider) wenig über die Biografie der kritisierenden Person. Fachkollegen haben sich während ihrer Wartezeit auf Zulassung selbständig gemacht und z.B. als Fachberater für Kosmetikstudios oderexterne (reisende!) Referenten für auf Dermatologie spezialisierte Reha-Kliniken gearbeitet. Das brachte Kontakte, Netzwerke und Sprachkenntnisse. "Abzuwarten" ist natürlich bequemer.
Denkschnecke vor 5 Wochen
Doch, man muss über die Gründe diskutieren, warum wie z.B. in meinem Umfeld junge Ärztinnen aus der Türkei, die hier ihr Studium hervorragend absolviert haben, ihre Berufslaufbahn lieber in Hamburg beginnen. Wahlergebnisse wie zuletzt überzeugen sie nicht, hier zu bleiben.
kleinerfrontkaempfer vor 5 Wochen
Von Interesse ist im Zusammenhang mit ausländischen Fachkräften wieviele deutsche Fachkräfte jährlich ausgebildet werden und dann (dauerhaft) abwandern.
Über die Gründe bracht man gar nicht diskutieren. Die seit langem herrschenden Krisen und Probleme sind ja hinlänglich bekannt.