Mutmaßlich Brandstiftung Feuer im alten Bahnhof von Seifhennersdorf

01. Juni 2023, 15:00 Uhr

In Seifhennersdorf im Landkreis Görlitz ist am Mittwoch der Bahnhof bei einem Feuer ausgebrannt. Ein Drama für die Stadt, sagt Bürgermeisterin Karin Berndt. Nächste Woche soll nämlich die Bahnlinie ins nordböhmische Varnsdorf (Warnsdorf) wieder in Betrieb genommen werden. Sie war vor acht Jahren eingestellt worden.

Am alten Bahnhof in Seifhennersdorf im Landkreis Görlitz ist am Mittwoch kurz nach Mitternacht ein Feuer ausgebrochen. Wie die Polizei auf Nachfrage von MDR SACHSEN mitteilte, hatte eine Frau einen Feuerschein bemerkt und die Beamten informiert. Als die Polizei eintrafen, hätten die Flammen bereits aus dem mittleren Gebäude und dem Dach geschlagen. Das Gebäude brannte bis in die frühen Morgenstunden. Verletzt wurde nach bisherigen Angaben niemand.

Feuerwehrleute löschen das brennende Bahnhofsgebäude.
Feuerwehrleute löschen das brennende Bahnhofsgebäude in Seifhennersdorf. Bildrechte: xcitepress

Bereits am Mittwochvormittag begutachteten zwei Brandursachenermittler das Gebäude. Sie rückten aber bereits nach kurzer Zeit wieder ab. Den Angaben zufolge handelte es sich bei der Brandursache mutmaßlich um Brandstiftung im Mittelgebäude. Weitere Untersuchungen seien notwendig, um den Verdacht zu bestätigen. Dafür müsse aber die Brandstätte vollständig begehbar sein. Das war am Mittwoch noch nicht möglich.

Maroder Gebäudekomplex wurde zur Tragödie

Der Bahnhof in Seifhennersdorf war als einer der ersten Bahnhöfe in Sachsen 2013 von der Deutschen Bahn in einem Paket verkauft worden. Danach gab es mehrere Eigentümerwechsel. Jetzt soll der Gebäudekomplex einer Eigentümergemeinsachaft in Berlin-Charlottenhof gehören. Diese hätte den Bahnhof für gerade mal 13.500 Euro zu Spekulationszwecken erworben, wird in Seifhennersdorf gemunkelt. Doch seit dem Verkauf durch die Bahn war der Gebäudekomplex dem Verfall preisgegeben.

"Die Stadt Seifhennersdorf hatte aufgrund klammer Kasse kein Geld für einen Kauf", sagt Bürgermeisterin Karin Berndt. "Auch mehrere Ideen zur Nutzung sind im Sande verlaufen." Trotzdem bezeichnet die Seifhennersdorferin das Feuer als Tragödie und als herben Rückschlag für die Entwicklung der Stadt, denn in der kommenden Woche sollte hier gefeiert werden.

Signale stehen wieder auf "Grün"

Acht Jahre lang hatten Oberlausitzer für die Wiedereinrichtung der Bahnlinie Seifhennersdorf - Varnsdorf (Warnsdorf) gerungen. Ihr Traum war, den Bahnhof zu einer Drehscheibe im grenzüberschreitenden Bahnverkehr nach Tschechien zu machen, von dem die Züge nicht nur ins benachbarte Varnsdorf (Warnsdorf) sondern auch nach Rumburk (Rumburg) oder Liberec (Reichenberg) rollen. Doch die Strecke nach Varnsdorf (Warnsdorf) war am 13.März 2015 eingestellt worden. Danach hielt kein Zug mehr in Seifhennersdorf und der Traum löste sich in Luft auf.

Das idyllische Seifhennersdorf liegt direkt an der Grenze zu Tschechien. Seit der Wende hat es fast die Hälfte seiner Einwohner verloren.
Acht Jahre lang war Seifhennersdorf vom Bahnverkehr abgeschnitten. Nächste Woche soll die Stadt in der Oberlausitz wieder eingebunden werden. Doch am Mittwochmorgen brannte das Bahnhofsgebäude ab. (Archivbild) Bildrechte: MDR

Im Januar vor zwei Jahren gab es dann Versuchsfahrten auf der Strecke und die Freude in der Region war groß. Viele hofften, dass schon im gleichen Sommer die Zugverbindung wieder möglich ist. Doch 300 Meter Gleis auf tschechischem Boden sorgten für Probleme. Deshalb standen die Signale weiterhin auf "rot". Alle Beteiligen, wie Behörden, Eisenbahngesellschaften sowie kommunale Träger, schoben sich gegenseitig den "Schwarzen Peter" zu. Deshalb war es für Außenstehende überraschend, dass kurz vor Pfingsten das Signal auf "grün" wechselte.

300 Meter Gleis verursachen schon immer Probleme

Mit dem kleinen Fahrplanwechsel am 11.Juni 2023 soll die Wiederinbetriebnahme der Verbindung Seifhennersdorf - Varnsdorf (Warnsdorf) gefeiert werden. Damit halten nach acht Jahren Pause wieder Züge am Bahnhof Seifhennersdorf. Somit können Reisende auch von und nach Zittau bzw. ins nordböhmische Liberec (Reichenberg) fahren. Zehn sogenannte Zugpaare pro Tag werden dann aus Tschechien über den Stadtviadukt bis zum Bahnsteig in Seifhennersdorf rollen. Schon einmal in der Geschichte sorgte dieser 300 Meter lange Gleisabschnitt im heutigen Tschechien für Sorgenfalten in der Region.

Als die Königlich Sächsischen Staatsbahnen 1874 Seifhennersdorf an das Eisenbahnnetz anschlossen, fehlte die weitere Verbindung nach Warnsdorf. Sie konnte damals erst zwei Jahre später vollendet werden, weil es beim Kauf der benötigten 300 Meter langen Trasse im Nachbarland Schwierigkeiten gab.

Vom Bahnhof zum Abenteuerspielplatz

Kein Aushängeschild für Seifhennersdorf war der bereits vor dem Brand schwer beschädigte Bahnhof - zum Leidwesen der Bürgermeisterin Karin Berndt: "Es nimmt einen mit, wenn, man ohnmächtig jahrelang dem Niedergang des Gebäudes zusehen muss."

Bürgermeisterin Karin Berndt
Die Bürgermeisterin Karin Berndt ist schockiert. Sie bezeichnet das Feuer im Bahnhof als herben Rückschlag für die Stadtentwicklung. Bildrechte: MDR

Nach Aussagen von Anwohnern diente der Bahnhof zuletzt Kindern und Jugendlichen als illegaler Abenteuerspielplatz. "Hoffentlich war kein bekiffter Jugendlicher der Brandstifter", orakelt ein Anwohner. Die Polizei setzt nunmehr die Ermittlungen wegen mutmaßlicher Brandstiftung fort. Wie es mit dem Gebäudekomplex an den Gleisen in Seifhennersdorf weiter geht, ist derzeit noch unklar.

MDR (czw/ama/uwa)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 31. Mai 2023 | 05:30 Uhr

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