Hirschfelde und Boxberg Sondersitzung: Kreistag Görlitz lehnt Stopp geplanter Flüchtlingsunterkünfte ab

18. April 2023, 21:00 Uhr

Wie weiter bei der Unterbringung von Flüchtlingen im Landkreis Görlitz? Um diese Frage ging es am Dienstagabend bei der Sondersitzung des Kreistages. Die AfD wollte die Unterbringung von Flüchtlingen im Landkreis komplett stoppen, die anderen Kreistagsfraktionen forderten mehr Unterstützung vom Bund - vor allem finanziell.

In einer Sondersitzung wegen geplanter Asylunterkünfte in Hirschfelde und Boxberg hat der Kreistag in Görlitz am Dienstagabend einen Antrag der AfD mehrheitlich abgelehnt. Dem Antrag zufolge sollte der Kreistag feststellen, dass beide Standorte "völlig ungeeignet" für die Unterbringung von Flüchtlingen seien und im Landkreis Görlitz auch keine Möglichkeit für andere neue Standorte vorhanden sei.

Der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla, der Mitglied im Görlitzer Kreistag ist, sieht "den sozialen Frieden in der Region" in Gefahr. In seiner Rede im Kreistag sagte er: "Wir wollen keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen" und erhielt dafür lautstarken Beifall aus dem Publikum.

Gegen den Antrag der AfD-Fraktion, die im Kreistag die meisten Sitze hat, stimmten 38 Kreisräte. 24 votierten mit Ja, 5 enthielten sich.

Unterbringung für maximal zwei Jahre

Damit bleibt es bei den Plänen des Landkreises, in Boxberg und Hirschfelde Gemeinschaftsunterkünfte einzurichten. Außerdem sei eine Asylunterkunft in Görlitz geplant, erklärte der Erste Beigeordnete des Landkreises Thomas Gampe. Es werde angestrebt, die Standorte in Boxberg und im Zittauer Ortsteil Hirschfelde nicht dauerhaft zu nutzen, sondern maximal für etwa zwei Jahre. Außerdem werde man versuchen, dort Familien unterzubringen.

Landrat Meyer: Bund muss Kosten komplett übernehmen

Der Görlitzer Landrat Stephan Meyer (CDU) appellierte an die Bundesregierung und den Freistaat Sachsen, geeignete Immobilien für Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Der Landkreis lehne es ab, Asylsuchende in Kultureinrichtungen, Turnhallen oder Bildungsstätten unterzubringen.

Schließlich forderte Meyer, dass der Bund die Kosten der Flüchtlingsunterbringung übernimmt und die entsprechenden Voraussetzungen schafft, "um Ausreisepflichtige zügig in die Heimatländer zurückzuführen". All das steht auch in der Beschlussvorlage der Landkreisverwaltung, für die mehrheitlich mit Ja gestimmt wurde. (39 Stimmen)

In der Vorlage heißt es weiter, die aktuelle politische Lage habe die Situation im Landkreis Görlitz "drastisch verschärft". Die Anzahl der Asylsuchenden nehme dramatisch zu.

SPD und Grüne: Familien aufs Land und Alleinreisende in Städte

Die Görlitzer Kreistagsfraktion von Bündnisgrünen, SPD und Wählergemeinschaft für Kinder, Jugend und Familie brachte auf der Sondersitzung ebenfalls einen eigenen Antrag ein. Darin heißt es, dass im ländlichen Raum vor allem Familien sowie Frauen mit Kindern unterkommen sollten. Alleinreisende Geflüchtete seien hingegen in städtisch geprägten zentralen Unterkunftsorten unterzubringen.

Der Landkreis solle den Verpflichtungen zur Unterbringung von Geflüchteten in dem "gesetzlich aufgetragenen Umfang nachkommen", aber die Bundesregierung dazu auffordern, "die Gesamtkosten für Unterbringung, Betreuung und Vorhaltung weiterer Unterkünfte zu erstatten. Zurzeit müssen die Landkreise einen Teil der Kosten selbst tragen. Auch diese Beschlussvorlage wurde mehrheitlich befürwortet. (37 Stimmen) Beide Anträge sollen nun im Gesundheits- und Sozialausschuss des Kreistags weiterbearbeitet werden.

Bürgerfragerunde in aufgeheizter Atmosphäre

Genau 100 Besucher waren zur Debatte in der Aula des Beruflichen Schulzentrums zugelassen. Wegen der teilweise aufgeheizten Atmosphäre wies Landrat Meyer mehrfach darauf hin, Beifalls- und Unmutsbekundungen zu unterlassen. Er werde notfalls vom Hausrecht Gebrauch machen. Einen detaillierten Bericht zur Bürgerfragestunde finden Sie am Mittwoch auf der Internetseite von MDR SACHSEN.

Nachdem die Pläne des Landkreises Görlitz für die beiden neuen Asylbewerberheime bekannt geworden waren, hatte es massive Proteste gegeben - vor allem in Hirschfelde und Zittau.

Einen detaillierten Bericht zur Bürgerfragestunde finden Sie hier.

MDR (ali/vis/cnj)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 18. April 2023 | 10:30 Uhr

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