Eine jüngere und eine ältere Frau stehen in einer Scheuen vor einem Sack voller Wolle
Anna Pollmann (li.) und Annett Hertweck stehen vor einem Sack voller Wolle. Die Naturschutzstation wird den Rohstoff derzeit nicht los. Bildrechte: MDR/Jens Czerwinka

Landkreis Görlitz Naturschutzstation in Förstgen bleibt auf ihrer Wolle sitzen

20. Mai 2023, 13:17 Uhr

An der Naturschutzstation östliche Oberlausitz in Förstgen bei Niesky herrscht in diesen Tagen rege Betriebsamkeit. Mehr als 100 Moorschnuckenschafe werden in die Heide- und Teichlandschaft gebracht, um das Gras kurzzuhalten. Soweit so gut. Doch es gibt ein Problem - und diesmal ist es nicht der Wolf.

Die Tür der riesigen Scheune auf dem Gelände der Naturschutzstation Förstgen steht weit offen. Deshalb ist das Blöken der Schafe schon von Weitem zuhören. Im ersten Moment eine Idylle. Doch der Schein trügt. Es gebe nämlich ein Problem, sagt die Geschäftsführerin der Naturschutzstation, Annett Hertweck. "Wir haben zu viel Wolle. Die Lager quellen über. Und wir sind nicht die einzigen. Es betrifft viele Schäfer - fast alle. Der Rohstoff ist sehr hochwertig. Wir müssen jetzt wir eine gute Lösung finden, um ihn an den Mann zu bringen."

Wir haben zu viel Wolle. Die Lager quellen über. Und wir sind nicht die einzigen. Es betrifft viele Schäfer - fast alle.

Annett Herweck Geschäftsführerin der Naturschutzstation in Förstgen

Waschen der Wolle zu teuer

Mehr als zwei Tonnen Wolle aus den vergangenen zwei Jahren lagern in der zweiten Scheune der Naturschutzstation. Ordentlich verstaut in überdimensional großen, weißen Taschen und warten darauf, abgeholt zu werden. Doch warum will niemand das Produkt haben? Anna Pollmann ist derzeit Praktikantin in der Naturschutzstation und schreibt ihre Bachelor-Arbeit über die Vermarktung von Schafwolle.

Sie kennt die Antwort darauf. "Das Problem ist vor allem, dass es immer weniger Wäschereien für Schafwolle gibt, weil das Interesse nicht mehr so da ist. Es ist einfach teuer, Wolle zu waschen." Deswegen könne die Naturschutzstation das auch nicht selber bezahlen, sagt Pollmann.

Eine junge Frau sitzt, umgeben von Schafen, in einem Stall
Praktikantin Anna Pollmann beschäftigt sich in ihrer Bachelorarbeit mit der Vermarktung von Schafwolle. Bildrechte: MDR/Jens Czerwinka

Das Problem ist vor allem, dass es immer weniger Wäschereien für Schafwolle gibt, weil das Interesse nicht mehr so da ist. Es ist einfach teuer, Wolle zu waschen.

Anna Pollmann Praktikantin in der Naturschutzstation Förstgen

Produkte mit Schafwolle weniger gefragt

Darüber hinaus sei das Interesse an Produkten mit Schafwolle, wie Teppiche oder Decken, in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Eine Option wäre noch, ungewaschene Wolle als Düngepellets zu verarbeiten. "Für die Pellets wird die Wolle einfach nur zerkleinert, dann gepresst und während der Pressung auf 75 Grad erhitzt. Durch diese Maßnahme ist es dann erlaubt, Pellets in den Verkehr zu bringen", sagt Anna Pollmann.

Bauindustrie nimmt nur große Mengen Wolle

Doch da taucht das nächste Problem auf. Eine große Firma in Lauchhammer, die sonst Wolle gekauft hat, hat selbst ihre Lager voll. Bliebe noch die Möglichkeit, die Schafwolle als Dämmmaterial für die Bauindustrie zu verarbeiten. "Bei der Dämmung ist es so, dass die Industrie erst ab etwa zehn Tonnen Interesse hat. Kleinstmengen rechnen sich dort nicht", sagt Annett Hertweck.

Wolle darf nicht einfach auf den Müll

Und wer jetzt denkt, die Wolle könne auf den Müll geschmissen werden, der irrt ebenfalls. "Nein, auf den Müll darf sie nicht. Wir würden zwar Abnehmer für ungereinigte Wolle finden. Die Leuten würden die Wolle als Düngung verwenden oder sie im Garten zwischen die Kartoffeln legen. Aber unter dieser Maßgabe dürfen wir die Wolle nicht abgeben", sagt Hertweck.

Einen kleinen Lichtblick, die Wolle doch noch loszukriegen, gebe es dennoch. Möglicherweise nehme die Firma in Lauchhammer ihr die Wolle vielleicht schon im Sommer ab, wenn wieder Platz im Lager ist, berichtet die Geschäftsführerin.   

MDR (sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 19. Mai 2023 | 16:30 Uhr

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