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EnergieversorgungLeag verlangt geringere Vorgaben für Kraftwerksblöcke in Reserve

23. Juni 2022, 15:30 Uhr

Mit Blick auf die Energieversorgung im Winter gerät auch das Kohle-Kraftwerk Jänschwalde (Spree-Neiße) immer mehr ins Blickfeld. Der Energiekonzern Leag bereitet die Wiederinbetriebnahme zweier Kraftwerksblöcke in Jänschwalde vor. Damit die wieder Strom produzieren können, soll der Bund Vorschriften für den Schadstoffausstoß entschärfen.

Im Kraftwerk Jänschwalde werden zwei 500 Megawatt-Blöcke für die Wiederinbetriebnahme vorbereitet. Die Blöcke E und F seien im sogenannten Sicherheitsmodus, informierte das Bergbauunternehmen Leag. Die Blöcke sollten nur in Notfällen zum Einsatz kommen, hieß es. Jetzt werden Instandsetzungsarbeiten durchgeführt und neues Personal eingestellt, damit die Blöcke ab Oktober 2022 wieder Strom produzieren können. Es würden neben Kraftwerkern auch Bergarbeiter benötigt, sagt eine Unternehmenssprecherin. In Summe sollen 200 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag bekommen - teils unbefristet. Die Resonanz auf die Stellenausschreibungen sei gut. Die Hälfte der Stellen sei schon besetzt worden.

Forderung: Bund soll Leag von Vorgaben befreien

Eine andere Voraussetzung für die Inbetriebnahme sei, dass die Bundesregierung die Kraftwerksblöcke von Vorgaben aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz befreit, teilte das Energieunternehmen mit mit. Um die Emissionsgrenzwerte einhalten zu können, müssten die Blöcke mit Technik nachgerüstet werden. Wegen der langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren sei das in der noch zur Verfügung stehenden Zeit bis zu einem möglichen Dauerbetrieb aus Sicht des Energiekonzerns nicht umsetzbar.

Außerdem fordert der Energiekonzern per Gesetz festzulegen, dass seine Tagebaue weiter betrieben werden dürfen. Das Unternehmen verweist auf Bestimmungen, die es so schon für Öl- und Steinkohlekraftwerke in Reserve gibt. Hintergrund ist ein Klage der Deutschen Umwelthilfe und der Grünen Liga gegen den Weiterbetrieb des Tagebaus Jänschwalde. Die Umweltschutzverbände hatten eine drastische Wasserentnahme für den Tagebau kritisiert. Der Tagebau musste daraufhin gestoppt werden. Im Mai entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Eilverfahren, dass in Jänschwalde weiter Kohle gefördert werden darf. Das Hauptverfahren ist aber noch nicht abgeschlossen.

Umweltverband kritisiert: Leag will verfassungswidrige Prioritäten

Die Leag hätte nun gern, dass dem Tagebau gesetzlich Priorität eingeräumt wird. Klageverfahren hätten damit keine Chance mehr, die Kohleförderung aufzuhalten, erklärt eine Firmensprecherin. Der Bundesvorsitzende der Grünen Liga, René Schuster, hält das für verfassungswidrig. "Ein solches Gesetz hebelt den Rechtsstaat aus", sagt Schuster. Wie ein Tagebau betrieben werden darf, müsse durch Planungs- und Verwaltungsverfahren festgelegt werden.

Dass die Kraftwerksblöcke E und F in Jänschwalde ohne Nachrüstung von Filteranlagen wieder in Betrieb gehen könnten, bereitet Schuster "große Bauchschmerzen". Bislang gebe es die Ausnahmeregelung, dass die Kraftwerksblöcke an 1.500 Stunden im Jahr mehr Schadstoffe ausstoßen dürfen, als durch die Grenzwerte zugelassen. Ein schmutziger Dauerbetrieb wäre ein Novum, beklagt Schuster. Für den Vollbetrieb seien außerdem 13 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr nötig. "Es ist sehr fraglich, ob wir uns das beim Wassermangel in der Spree gerade leisten können", kritisiert er.

Wackelt das geplante Ende 2023?

Ursprünglich war festgelegt worden, dass die beiden Blöcke in Jänschwalde zum Herbst 2022 und 2023 endgültig stillgelegt werden. Vor dem Hintergrund der Energiekrise und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ändern sich aktuell die politischen Vorzeichen. Für die weiteren Kraftwerke in Schwarze Pumpe und Boxberg ergibt sich laut LEAG derzeit kein Handlungsbedarf.

Politischer Hintergrund der Maßnahmen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Deutschland weiter für ein mögliches Wegbrechen russischer Gaslieferungen wappnen und dafür die Zahl der Kohlekraftwerke in Reserve ausbauen. Stillgelegte Braunkohlekraftwerke sind in einer sogenannten Sicherheitsbereitschaft, damit sie bei Engpässen aushelfen können. Damit das schneller klappt, sollen sie in eine neue Versorgungsreserve überführt werden.

MDR (mk,kk)/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 23. Juni 2022 | 15:30 Uhr