Bitte nicht rauchen! Hanf als Feldpflanze mit Wachstumspotenzial in der Lausitz
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20. September 2024, 16:56 Uhr
Bei Cannabis denkt man zuerst an die Droge. Aber Hanf kann mehr. In Zittau haben die Unternehmen Sachsen-Textil und Hanffaser Lausitz zu einer internationalen Nutzhanfkonferenz eingeladen. Diese nahm wissenschaftlich das Potenzial von Hanf unter die Lupe. Bei den deutschen und tschechischen Gästen rauchten da allenfalls die Köpfe.
Als Baustoff, Dämmstoff, in der Kleidung, in Papier und Verpackungen lassen sich ihre Fasern verarbeiten. Die Hanfpflanze birgt ein großes Potenzial, ist Laura Demling von dem noch jungen Zittauer Unternehmen Hanffaser Lausitz (Hafa) überzeugt. "Die Faser ist ein hochwertiges Gut, das leider in Vergessenheit geraten ist. Sie ist unglaublich stabil", erklärt die 30-Jährige.
Hanf im großen Maßstab auf Feldern in der Region anzubauen, ist die Zukunftsvision von Hanffaser Lausitz. Und nein, diese Pflanzen haben nicht den nötigen THC-Gehalt, dass es sich lohnt, einen Joint daraus zu drehen. "Nutzhanf kann man sicherlich auch rauchen, es hat aber keinen Effekt", sagt Laura Demling.
Nutzhanf kann man sicherlich auch rauchen, es hat aber keinen Effekt.
Hype um die Cannabispflanze
Von der Oberlausitz kennt man aus der Textilgeschichte der Weberei den Anbau von Leinen. Warum muss es jetzt Hanf sein? Ist das eine Modeerscheinung? "Ja und nein", sagt Hannes Ostermaier von der Hafa. Hanf erlebe gerade einen Hype als Genussmittel und medizinische Pflanze. Die Industrie profitiere davon, dass dadurch die Berührungsängste mit Hanf bei den Bauern zurückgehen.
Hafa Lausitz (zum Aufklappen)
* Hanffaser Lausitz UG mit Sitz in Zittau gibt es seit knapp zwei Jahren.
* Erklärtes Ziel des Kleinunternehmens ist es, eine Fabrik zur Verarbeitung von Industriehanf in der Lausitz zu errichten.
* In dieser Woche hatte die Hafa zur gegenseitigen Vernetzung zur Nutzhanfkonferenz nach Zittau eingeladen.
Aber die Verwendung von Hanf sei nicht neu, es gehöre in der Historie zu den ältesten Nutzpflanzen. "Denn Hanf ist die Pflanze, die die meiste Biomasse produziert. Beim Wachstum kommt da auch Bambus nicht mit", so Ostermaier. "Wenn man Masse braucht und Fasern, dann kommt man an Hanf nicht vorbei."
Wenn man Masse braucht und Fasern, dann kommt man an Hanf nicht vorbei.
Ziel der Hafa Lausitz ist die Rückkehr in eine Kreislaufwirtschaft mit nachwachsenden Rohstoffen - weg von schwer recycelbaren Kunststoffen. "Alles was aus Plastik, Holz und Papier ist, könnte man mit Hanffasern wunderbar herstellen", ist Ostermaier überzeugt. Das wäre dann auch kompostierbar und kein Sondermüll. Hanf werde laut Ostermaier in der Industrie bereits viel verwendet. Einer der größten Abnehmer seien Automobilwerke, die Hanffasern für die Innenverkleidung der Fahrzeuge verwenden. Auch die Papierindustrie habe einen riesigen Bedarf.
Fasern auch für Banknoten geeignet
Das bestätigt David Simon von der Papierfabrik Louisenthal in Königstein, der bei der Nutzhanfkonferenz in Zittau vorbeigeschaut hat. Hanf spiele in seinem Unternehmen, das Sicherheitspapiere für Ausweise und Banknoten herstellt, eine wachsende Rolle. "Wir haben zunehmend Nachfragen von Kunden, weg von Nadelhölzern auf alternative Zellstoffe umzusteigen. Und da ist für uns Hanf tatsächlich die vielversprechendste Faser", so Simon. Bisher importiere man das Material mangels lokaler Rohstoffquellen. "Wir treffen auf die Hürde, dass es hier vor Ort keinen Verarbeiter gibt, der im ein- bis zweistelligen Tonnenbereich Hanf zu Zellstoff bleicht."
Hanf nur auf Versuchsfeldern
Der Anbau von Hanf als Nutzpflanze steckt in der Oberlausitz in den Kinderschuhen. Die Hochschule Zittau/Görlitz und das angegliederte Naturfaserforschungszentrum LANDER3 befassen sich aus wissenschaftlicher Sicht mit Anwendungen von Hanffasern. Hanf wächst bisher nur auf Versuchsfeldern. Erzeuger gibt es in der Region noch nicht.
Es ist nötig, dezentrale Verarbeitungsstätten aufzubauen.
"Bei der Biomassenutzung - für die sich auch Hanf eignet - ist es nötig, dezentrale Verarbeitungsstätten aufzubauen, um dann Produkte zu schaffen", stellt Jens Weber von LANDER3 fest. Also müsse erst einmal investiert werden, um verarbeiteten Hanf anbieten zu können. Denn wenn die Industrie eine Nachfrage hat, dann handle es sich in der Regel um Mengen, die man nur bedienen könne, wenn man vorher eine Verarbeitungsstätte aufgebaut hat. Jemand müsse den ersten Schritt machen, damit die Produktion in Gang komme, betont er.
LANDER3 (zum Ausklappen)
* Das Projekt forscht in Zittau seit acht Jahren zur Anwendung von Naturfasern.
* Die Forscher konzentrieren sich auf die Material- und Technologieentwicklung rund um naturfaserverstärkte Kunststoffe.
MDR (ama)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 18. September 2024 | 10:30 Uhr