Blick in einen Flügel
Bildrechte: C. Bechstein Archiv

Millioneninvestition Piano-Hersteller Bechstein will die Welt nach Seifhennersdorf holen

02. März 2021, 17:34 Uhr

In Seifhennersdorf investiert die Pianoforte-Manufaktur Bechstein einen zweistelligen Millionenbetrag in den Standort. So soll unter anderem in etwa drei Jahren ein riesiger Flügel aus Glas auf dem Dach eines Produktionsgebäudes, Kunden aus aller Welt in die Oberlausitz locken.

Richard Wagner, Claude Debussy, die US-amerikanische Jazz-Legende Chick Corea, aber auch Freddie Mercury von Queen spielten Bechstein. Die Pianos sind auch auf Platten und CDs von Elton John und Peter Gabriel zu hören. Gebaut werden die wertvollen Instrumente im letzten Winkel der Oberlausitz, in Seifhennersdorf, direkt an der böhmischen Grenze zu Tschechien. In der Pianoforte-Manufaktur am südlichen Ufer der Mandau werden bei der Herstellung von Pianos traditionelles Handwerk mit modernsten Technologien bis hin zum 3D-Druck verknüpft.

Corona bringt Projekt voran

In Seifhennersdorf hat Bechstein mit seinen 220 Mitarbeitern die Corona-Pandemie bislang gut überstanden. Während andere Betriebe in der Region in die Kurzarbeit wechseln mussten, lief die Produktion beim Piano-Hersteller bis heute nahezu ungebremst weiter. Nur die zeitweise geschlossenen Grenzen führten beim Produktionschef Matthias König zu Sorgenfalten. Lieferketten waren unterbrochen. Deshalb wurde in Seifhennersdorf ein geplantes Millionenprojekt vorgezogen. "Das Bauvorhaben einer neuen Lagerhalle ist durch Corona beschleunigt worden", sagt Matthias König. Schon in dieser Woche rollen die Bagger an.

Wir bauen ein neue Lagerhalle, damit wir auch in Krisenzeiten, wie beispielsweise jetzt, genug Material haben, damit die Manufaktur weiterarbeiten kann und die Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit wechseln müssen.

Matthias König Prokurist; Produktionsleiter

Auch die Produktion soll erweitert werden, weil der weltweite Absatz seit 2015 jährlich um fünf bis sieben Prozent steigt. Für die neue Lagerhalle mit mehr als 2.000 Stellplätzen für Europaletten in vier Etagen wurde der alte Sozialtrakt abgerissen. Bereits im September soll der Neubau fertiggestellt sein. Anschließend folgt ein neues Produktionsgebäude mit drei Etagen.

Weltweit einmalig: Ein begehbarer Flügel aus Glas

Die Seifhennersdorfer wollen Kunden aus aller Welt in die Oberlausitz locken. Dafür planen sie auf dem Dach eines Produktionsgebäudes einen Saal aus Glas zu bauen, der die Form eines riesigen Flügels hat. In diesem Saal sollen schon in drei Jahren die Instrumente präsentiert und vorgeführt werden. Für die selbstbewussten Klavierbauer liegt Seifhennersdorf nicht am Ende der Welt, ist auch nicht der letzte Zipfel in der Oberlausitz. "Die Kunden aus aller Welt sollen zum Anfang der Welt kommen und das ist in diesem Fall die Pianoforte-Manufaktur", meint Matthias König als Prokurist und verweist auf die Flugplätze in Berlin, Dresden und Prag, die in knapp drei Stunden erreichbar sind.

Unsere großen Flügel, unsere teuren Instrumente, werden ja tatsächlich als Einzelstücke ausgewählt. In dem geplanten Saal können wir sie ganz anders und in größerer Zahl präsentieren.

Matthias König Prokurist; Produktionsleiter

Die Klavierbauer wollen den internationalen Gästen zudem die Manufaktur als besonderes Erlebnis präsentieren, als Synthese zwischen Hightech und handwerklichem Können. Doch wie sollen die möglicherweise hochkarätigen Gäste untergebracht werden? Neben den Gruppenunterkünften im "Querxenland" gibt es nur noch einige Gasthäuser oder Pensionen in Seifhennersdorf. Doch Matthias König verweist auf die schöne Umgebung: "Wir sind hier in der Nähe vom Zittauer Gebirge und da gibt es tatsächlich ganz schöne und romantische Unterkünfte, die wollen wir natürlich beleben."

Internationaler Markt im Blick

Der Piano-Hersteller will weiter wachsen und zwar international. Das wird auch bei den 25 Lehrlingen sichtbar, die für Standorte in aller Welt ausgebildet werden. Immerhin liefert Bechstein seine Instrumente in mehr als 140 Länder.

Wir haben zurzeit hier Brasilianer, Spanier, einen Japaner und ganz viele musisch begabte Menschen aus Europa, die das Handwerk eines Instrumentenbauers erlernen und weitertragen wollen.

Matthias König Prokurist; Produktionsleiter

Für diese Berufseinsteiger ist Seifhennersdorf nicht das Ende sondern wahrscheinlich der Anfang der beruflichen Karriere und zehn neue werden noch in diesem Jahr ihre Ausbildung beginnen. Auch eine Konzertreihe soll in diesem Jahr wieder aufgenommen werden, die vor 2017 als eine Art "Mitarbeiterfest" gestartet war.

Kultur im Zelt am Anfang der Welt

Die Konzertreihe "Kultur im Zelt am Anfang der Welt" soll in diesem Jahr im September wieder aufgenommen werden. Im September 2020 waren alle Konzerte aufgrund von Corona ausgefallen.

Wir haben es geschafft, die gesamte Organisation samt Künstlern auf dieses Jahr zu übertragen. Wir freuen uns sehr und hoffen, dass im September unsere Zeltkonzerte wieder gut besucht sein dürfen, uns die Pandemie nicht aufhält und wir wunderschöne Stunden auf unserem Werksgelände feiern können.

Matthias König Prokurist; Produktionsleiter

Zuvor will der Piano-Hersteller aber noch in der benachbarten Musikschule Dreiländereck den neuen Konzertsaal Mitte Juni feierlich eröffnen. Bechstein hat geholfen, einen ehemaligen Einkaufsmarkt zu einer Musikschule samt Konzertsaal und Gästehaus umzubauen.

Quelle: MDR/uwa

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 26.02.2021 | 16:30 Uhr im Regionalreport aus dem Studio Bautzen

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