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Das idyllische Seifhennersdorf liegt direkt an der Grenze zu Tschechien. Das Sicherheits- und Lebensgefühl der Seifhennersdorfer wurde jetzt analysiert. Bildrechte: MDR

SicherheitsanalyseSeifhennersdorf: Nur 28 Prozent mit Polizeiarbeit zufrieden

28. September 2022, 17:27 Uhr

Diebstähle und Einbrüche in Seifhennersdorf - nahezu täglich finden sich dazu Einträge in den Polizeiberichten. Auch deshalb hat Seifhennersdorf an einer von Freistaat bezahlten "Analyse zur objektiven Lage sowie zum Sicherheits- und Zufriedenheitsgefühl" im Rahmen der Aktion "Allianz sichere sächsische Kommunen" teilgenommen. Am Dienstag wurden die Ergebnisse im Karlihaus in Seifhennersdorf vorgestellt.

Diebstähle und Einbrüche nerven seit Jahren die Seifhennersdorfer: "Also wir haben mehrmalig im Jahr nächtlichen Besuch, was sehr unerfreulich ist. Immer wird versucht etwas zur stehlen", schimpft ein Mann am Dienstagabend im Karlihaus. "Das ist jetzt der dritte große Einbruch", meint ein anderer. "Sämtliche Kabel haben Sie mir geklaut", erzählt ein älterer Herr, der gerade sein Umgebindehaus saniert. Sein Nachbar ergänzt: "Das ist schlimm, ja ganz schlimm."

Alles keine Einzelfälle. Einem Unternehmer wurden sein Oldtimer, ein Fahrzeuganhänger und fünf Fahrräder gestohlen. Zudem wurde zwei Mal in sein Auto eingebrochen.


Trotzdem blieb es am Dienstagabend im Karli, wie die Seifhennersdorfer ihr Kulturhaus nennen, sehr ruhig. Bürgermeisterin Karin Berndt hatte mit mehr Emotionen, kontroversen Diskussionen und vor allen aber mit etwa 800 interessierten Bürgern gerechnet. Nur wenige, meist Ältere, sind gekommen, um die Ergebnisse der Analyse zum Sicherheits- und Lebensgefühl in ihrer Stadt zu hören.

1.000 Haushalte wurden angeschrieben - 300 haben mitgemacht

Im Mai vor einem Jahr war Seifhennersdorf als eine von 100 Städten in die "Allianz sichere sächsische Kommunen" aufgenommen worden und der Freistaat übernahm damit die Kosten für eine Analyse zum Sicherheitsgefühl und zur Lebensqualität. Für das Projekt wurden in Seifhennersdorf 1.000 Haushalte befragt und etwa jeder Dritte hat geantwortet. "Der Rücklauf der Fragebögen lag bei 29,5 Prozent und das ist sachsenweit ein guter Wert", sagt Projektleiter Jörg Feldmann vom NKMG-Institut.

Also wir haben festgestellt, dass sich eine Vielzahl von Bürgern insbesondere nachts in der eigenen Wohngegend unsicher fühlen. Vor allem betrifft das Frauen und ältere Menschen.

Jörg Feldmann | Projektleiter

Die Hälfte ist unzufrieden mit der Stadtverwaltung

Viele haben Angst, Opfer von Einbrüchen oder Diebstählen zu werden und das wird in der Befragung deutlich sichtbar. Wahrscheinlich sind deshalb auch nur 28 Prozent mit der Arbeit der Polizei zufrieden und fast jeder Zweite (47,7%) bemängelt die Arbeit der Stadtverwaltung.

Zur Arbeit der Polizei werden mehrere Beispiele in der Diskussion genannt. So will ein Seifhennersdorfer bei einer Schlägerei die Polizei gerufen per Telefon haben: "90 Minuten später kamen Beamte aus Görlitz, da waren die Schläger bereits über alle Berge, nur das Opfer war noch am Tatort." Ein anderer erzählte, als er einen mutmaßlichen Einbruch gemeldet hatte, sagte der Polizist angeblich am Telefon: "Wen soll ich ihnen schicken, ich hab keinen."

Ein Sorgenkind ist der Vandalismus

Doch nicht nur Eigentumsdelikte beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl der Seifhennersdorfer. Auch Drogen, Vandalismus, Vermüllung und Graffitis sind offenbar ein Riesenproblem in der Grenzstadt zu Tschechien. "Das sind Ordnungswidrigkeiten und hier haben wir der Stadt nach der Analyse eine Handlungsempfehlung gegeben", sagt Projektleiter Jörg Feldmann.

Warum die Vermüllung oder der Vandalismus das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen? Das liegt einfach daran: Diese Probleme habe ich täglich vor Augen, wenn ich ein Spaziergang mache, wenn ich zur Arbeit gehe, wenn ich einkaufen gehe. Da sieht jeder, hier ist etwas nicht in Ordnung.

Jörg Feldmann | Projektleiter

Aus der Analyse haben die Macher keine Lösungen, sondern nur Handlungsempfehlungen für die Stadtverwaltung  abgeleitet.

Eine Handlungsempfehlung für Seifhennersdorf aus der Sicherheitsanalyse ist, den Bekanntheitsgrad des Bürgerpolizisten zu verbessern, zwei Drittel aller Seifhennersdorfer kennen diesen nicht. Der Polizist sollte deshalb mehr in der Öffentlichkeit präsent sein, meinen die Macher der Analyse. Eine weitere Handlungsempfehlung hat die Stadtverwaltung bereits umgesetzt: Die Schaffung eines kommunalen Präventionsrates. Dieser konnte schon mit ersten Ergebnissen punkten, beispielsweise beim Vandalismus: Arbeit statt Anzeige!

Arbeit statt Anzeige

Nachdem drei Jugendliche Blödsinn gemacht haben, sind sie von selbst zu uns gekommen, sagt Ordnungsamtsleiter Jens Hentschel-Thöricht als frischgebackener Koordinator des Präventionsrates.

Die Jugendlichen haben die Bushaltestellen in Seifhennersdorf richtig mit der Hand, mit Sandpapier abgeschliffen und dann wieder neu gestrichen. Das hat sich natürlich rumgesprochen. Meistens sind es Jugendliche, die Graffitis an die Wände sprühen. Aber seit ihre Altersgenossen die Bushäuschen gestrichen haben, blieben sie sauber.

Jens Hentschel-Thöricht | Stadtverwaltung

Viele Probleme weiter ungeklärt

Einige Hinweise aus der Analyse kann die Stadtverwaltung nicht umsetzen, denn sie ist in ihren finanziellen Möglichkeiten begrenzt. In anderen Bereichen ist das Rathaus nicht zuständig. Beispielsweise kann das Rathaus nicht für die immer wieder geforderte Polizeipräsenz in der Nacht sorgen. Auch Forderungen, die "blaue Trachtengruppe", wie die Sächsische Sicherheitswacht am Abend bezeichnet wurde, mit mehr Befugnissen auszustatten, ist für Seifhennersdorf unmöglich.


Nachdem die Ergebnisse der Analyse zur Sicherheit und zur Lebensqualität vorgestellt war, blieben trotzdem viele Fragen offen. "Wie in der Diskussion mehrfach angesprochen wurde. Die Polizei ist zwar da, aber oftmals zu spät, aufgrund von Personalmangel", bilanziert ein Seifhennersdorfer. Sein Nachbar ergänzt: "Wir gehen mit gespaltenen Eindrücken nach Hause, weil es uns nicht ganz so dargestellt wurde, wie es wirklich ist."

Für andere war es eine hochtheoretische Analyse gewesen, der der Bezug zur Praxis fehlte: "Es könnte vieles besser werden als es derzeit ist. Aber wie es funktionieren soll, weiß ja keiner!"

Bürgermeisterin Karin Berndt hat alle zur Mitarbeit aufgefordert, um die Lebensqualität in Seifhennersdorf zu verbessern. Bildrechte: MDR

Zum Abschluss hat die Seifhennersdorfer Bürgermeisterin Karin Berndt hat alle Anwesenden zur Mitarbeit aufgefordert, um das Sicherheitsgefühl und damit auch die Lebensqualität in Seifhennersdorf zu verbessern.

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport Studio Bautzen | 28. September 2022 | 14:30 Uhr