Disko-Musik & Böller-Geräusche Wie der Tierpark Görlitz seine Tiere auf den Silvesterlärm vorbereitet

30. Dezember 2022, 16:00 Uhr

Im Naturschutz-Tierpark Görlitz-Zgorzelec laufen seit Tagen die Vorbereitungen, um die Tiere auf den Lärm in der Silvesternacht vorzubereiten. Die schreckhaften Riesenkängurus werden beispielsweise mit lautstarker Diskomusik und Böller-Geräuschen beschallt.

In der Zwitscher-Stube im Görlitzer Naturschutz-Tierpark herrscht reges Treiben. Die Papageien und Sittiche schwatzen wild durcheinander. Alle scheinen etwas wichtiges "twittern" zu müssen. Doch morgen in der letzten Nacht des Jahres, wenn in den benachbarten Straßenzügen Böller krachen und Silvesterraketen in den Himmel zischen, könnte in der "Twitter"-Stube das blanke Chaos ausbrechen.

Panik in der "Twitter"-Stube

Die Vögel können die Geräusche nicht zuordnen und werden deshalb panisch. "Die Tiere wollen flüchten", erklärt die Kuratorin des Görlitzer Zoos Catrin Hammer. "Deshalb werden wir die ganze Nacht das Licht in der Twitterstube anlassen. So können die Vögel wenigsten sehen, wohin sie fliegen."

Sorgenfalten hat Catrin Hammer auch, wenn sie an ihre Salvadori-Weißohrsittiche denkt. Neun Exemplare der seltenen Papageienart hat der Görlitzer Tierpark erhalten, damit er sich an einem internationalen Aufzuchtprogramm beteiligen kann. Von den kleinen Papageien leben nur noch 250 bis 300 Tiere in freier Wildbahn in Südamerika. Um den wertvollen Neuzugang vor Verletzungen zu schützen, müssen die Sittiche ab heute in die Quarantänestation.

Hier sind sie geschützt vor zu viel Lärm und vor allem auch vor Lichtblitzen, die sie irritieren, erklärt die Kuratorin während sie das Fenster mit einer dicken Decke abdeckt: "Und wir werden, weil ja die Knallerei trotzdem zu hören ist, auch hier die Lichter anlassen bis es wieder ruhig ist."

Feiern mit der "Höckerbande"

"Trampeltiere, die sind ja so gemütlich und wahrscheinlich bringt sie ja auch deshalb nichts aus der Ruhe", glauben wahrscheinlich viele Tierparkbesucher. Doch weit gefehlt. Gerade seine Trampeltiere bereiten dem Tierparkchef Sven Hammer Kopfzerbrechen. Deshalb hat er sich vorgenommen, die Silvesternacht zusammen mit der "Höckerbande" zu feiern.

"Wir haben ja drei junge Kamelhengste dieses Jahr, die noch nie Silvester erlebt haben und deshalb sind wir total gespannt, was passieren wird in der Silvesternacht, wenn die ersten Böller losgehen, sagt Sven Hammer.

Werden die jungen Kamelhengste durchdrehen, durch die Gegend rennen und sich vielleicht in den Zäunen verhängen oder sonstige Verrücktheiten machen. Das ist meine größte Sorge dieses Jahr.

Sven Hammer Görlitzer Tierparkchef

Krach, Böller und Musik vom USB-Stick

Lärm schallt aus dem Stall der Kängurus. Die Bässe dröhnen, harter Beat ist zu hören. Trotzdem verhalten sich die Grauen Riesen ruhig, nur die Ohren wechseln immer wieder die Richtung. "Wochenlanges Training," grinst zufrieden Sven Hammer. Er ist stolz, die Riesenkängurus in Görlitz zeigen zu können.

Diese Tiere sind Fluchttiere. Wenn sie erschrecken, springen die Tiere los. Aus dem Stand bis zu zehn Meter weit. Gerade Böller können diese Reaktion auslösen. Da könnten die Kängurus mit voller Wucht gegen Scheiben oder Wände springen. Lebensgefährliche Verletzungen sind dann nicht ausgeschlossen. "Um das zu verhindern, werden unsere Tiere akustisch abgelenkt. Das heißt, wir trainieren sie jetzt schon mit dem Sound der Böller," erklärt der Chef des Görlitzer Tierparks während er den USB-Stick nach dem nächsten Musikprogramm durchforstet.

Wir hatten aber schon in der Vergangenheit auch Situationen, dass die Mütter ihre Jungtiere aus dem Beutel geworfen haben aufgrund der Böller. Und dann mussten wir natürlich unser Bestes tun, dass die Mütter ihre Jungtiere im Beutel wieder annehmen.

Sven Hammer Görlitzer Tierparkchef

Im Görlitzer Naturschutztierpark hoffen alle, dass das Geräuschtraining hilft. Zudem wird es auch in der Silvesternacht lauten Beat im Stall geben. Um die Geräusche von außen zu dämmen und zugleich die Verletzungsgefahr für die Tiere zu verringern, wird auch der Känguru-Stall mit zusätzlichen Decken gesichert.

Höhlen im Feld helfen gegen Silvesterlärm

Nur ein paar Känguru-Sprünge weiter, äugt ein prachtvoller Steinbock über das Tierparkgelände. Erst im Sommer waren einige Tiere aus der Görlitzer Herde in den Alpen wieder ausgewildert worden. Die Steinböcke werden wahrscheinlich problemlos den Jahreswechsel überstehen.

"Unsere Steinböcke sind natürlich auch in der Silvesternacht ganz besonders aufmerksam. Aber in ihrem großzügigen Gehege kennen sie jede Felshöhle, wo sie sich verstecken können", sagt der Tierparkchef. Sven Hammer hofft, dass er mit seinen Tieren gut in das neue Jahr kommt. Nicht nur er, sondern auch einige Pfleger bleiben in der letzten Nacht bei ihren Tieren. Andere laufen Streife, damit verirrte Feuerwerkskörper nicht Brände auslösen. Am Neujahrsmorgen müssen zunächst die Gehege und Freiflächen abgesucht werden, damit die tierischen Bewohner keine "Fremdkörper aufnehmen". Und dann haben Tiere ähnliche Beschwerden, wie Menschen nach einem üppigen Silvesterschmaus: Verdauungsprobleme!

MDR/uwa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten Studio Bautzen | 30. Dezember 2022 | 07:30 Uhr

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