WeißwasserNach Feuer im Volkshaus: Eltern der Brandstifter droht Klage
Die Menschen in Weißwasser haben viele Jahre auf eine Wiederbelebung des Volkshauses in Weißwasser gehofft. Doch vor drei Jahren entstand ein verheerender Brandschaden, nachdem Jugendliche im großen Saal gezündelt hatten. Immer noch läuft der Streit um die Frage, wer für den Schaden aufkommen soll. Inzwischen fasst eine Interessengemeinschaft wieder etwas Mut.
- Nach dem Feuer im Volkshaus sollen die Brandstifter und deren Eltern zur Kasse gebeten werden.
- In geheimer Sitzung hat sich der Stadtrat zum Streit mit der Versicherung beraten.
- Mit einigen Klicks geht es auf eine Zeitreise durch das aktuell abgesperrte Gebäude.
Nach dem verheerenden Großbrand im Volkshaus von Weißwasser könnte auf die Brandstifter ein weiterer Prozess zukommen. Die Stadt als Eigentümer des stark beschädigten Kulturhauses erwägt, den Klageweg zu gehen, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben. "Wir werden als Stadt zivilrechtlich gegen die verurteilten Täter und gegebenenfalls ihre gesetzlichen Vertreter vorgehen. Dafür wird gutachterlich ermittelt, welchen Wert das Volkshaus hatte, bevor das Feuer gelegt wurde", sagt der Referent des Oberbürgermeisters, Wulf Stibenz, auf Anfrage von MDR SACHSEN.
Wir werden zivilrechtlich gegen die verurteilten Täter und gegebenenfalls ihre gesetzlichen Vertreter vorgehen.
Wulf Stibenz | Referent des Oberbürgermeisters von Weißwasser
Könnte Privathaftpflicht zahlen?
Als Kommune sei man zu diesem Schritt verpflichtet. Allein für den Feuerwehreinsatz und die Beräumung des Schutts sind laut Stibenz Kosten in Höhe von rund 580.000 Euro entstanden. Und da habe man den Wertverlust des Gebäudes durch den Brand noch nicht mit betrachtet. Die Stadt werde auf alle Fälle ihre Forderungen aufmachen, so der Referent des OBs. Wenn sich nachweisen lasse, dass die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind, sei es durchaus denkbar, dass hier die Privathaftpflicht für den Schaden aufkomme.
Die Anforderungen an die Aufsicht der Eltern nehmen mit dem Alter des Kindes ab.
Petra Engelke | Haftpflichtkasse
"Für Schäden, die der Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person vorsätzlich verursacht, besteht kein Versicherungsschutz", sagt dazu Petra Engelke von der Haftpflichtkasse auf Nachfrage von MDR SACHSEN. Allerdings könnte tatsächlich im Einzelfall eine Versicherung zahlen, wenn an die Eltern wegen ihrer Aufsichtspflichten eine Forderung gehen sollte. Hier besteht wiederum Versicherungsschutz. "Grundsätzlich kann man aber sagen, dass bei einem normalen Entwicklungsverlauf die Anforderungen an die Aufsicht mit dem Alter des Kindes abnehmen", so Engelke.
Sozialstunden in Brandruine nicht möglich
Drei Jugendliche im Alter von 15 und 18 Jahren hatten am 25. April 2021 im Saal des Kulturhauses Stühle und Planen angezündet. Um die 200 Feuerwehrleute waren stundenlang im Einsatz, um den Großbrand zu bekämpfen. Später mussten Teile das Saals abgerissen werden, da das ausgebrannte Mauerwerk auf die Straße zu stürzen drohte.
Die Jugendlichen hatten die Tat gestanden. Sie waren nach langer Prozessverzögerung im Mai dieses Jahres der Brandstiftung schuldig gesprochen worden. Die zu Sozialstunden Verurteilten hatten nun der Stadtverwaltung angeboten, diese direkt im Volkshaus abzuleisten. Das sei aus Gründen der Arbeitssicherheit nicht möglich, heißt es aus der Verwaltung. Man prüfe derzeit Einsätze in anderen Bereichen wie dem Wirtschaftshof oder dem Jahnbad.
Außergerichtliche Einigung mit Versicherung im Gespräch
Parallel läuft noch der Versicherungsstreit der Stadt Weißwasser mit der Ostdeutschen Kommunalversicherung. Letztere hatte sich geweigert, eine Entschädigung in Höhe von 1,6 Millionen Euro zu zahlen. Die Versicherung beruft sich dabei auf eine Klausel in den Zusatzvereinbarungen des Vertrags, wonach Gebäude nicht versicherbar sind, die zum Abbruch bestimmt oder sonst dauerhaft entwertet sind.
In einer nichtöffentlichen Sitzung hat der Stadtrat von Weißwasser jetzt die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung besprochen. Kommt diese nicht zustande, soll der Streit im Oktober am Oberlandesgericht verhandelt werden.
Freunde des Volkshauses wollen Gebäude retten
Für Bürgerinnen und Bürger, die sich vor dem Brand jahrelang für die Wiederbelebung des Volkshauses eingesetzt hatten, war der Brand ein harter Schlag. Der Verein "DENK MAL MIT LEBEN" befindet sich in der Auflösung. Weiter macht aber die Interessengemeinschaft "IG Freunde des Volkshauses".
Das im Bauhausstil erbaute Volkshaus sei ein Juwel der Architektur, findet Olaf Schober von der IG. Und es habe eine Besonderheit: "Die Fassade wurde entlang der Straße gebaut und hat dadurch eine leichte Krümmung."
Für Schober ist klar, dass es eine Zukunft für das zwischen 1928 und 1930 erbaute Volkshaus geben muss. Das täte auch der Stadt gut. Eine Idee ist, das Glasmuseum und das Standesamt ins Volkshaus zu verlagern. Es gebe mehr Platz und man könnte die Zugänge behindertengerecht gestalten. Hier hat man Mitstreiter - sowohl in der Verwaltung als auch im Glasmuseum gefunden. Allerdings gehe so eine Investition nicht ohne Fördermittel, betont Schober.
Aktuell ist das Volkshaus für die Öffentlichkeit abgesperrt, auch aus Gründen der Sicherheit. Wer Lust auf einen kleine Zeitreise hat, kann sich trotzdem im Gebäude detailliert umsehen. Mit viel Mühe ist ein digitaler Rundgang programmiert worden, wo es sich fast in jede Ecke schauen lässt.
Volkshaus Weißwasser* Das Volkshaus Weißwasser ist ein Bau der Moderne, entworfen vom Architekten Emil Lange.
* Das Gebäude entstand von 1928 bis 1930, initiiert von der Gewerkschaft und größtenteils mit Spenden finanziert.
* Es diente als zentrale Versammlungs-, Kultur-, Bildungs- und Sportstätte.
* Während der NS-Zeit erfolgte die Umbenennung in "Kulturhaus der Chemiearbeiter".
* In den Jahren 1955/56 wurde es umfassend umgebaut.
* Im Mai 2004 wurde das Volkshaus geschlossen.
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 01. Juli 2024 | 05:30 Uhr