Osterreiter der Bautzener Prozession vor der Bautzener Stadtsilhouette
1.500 Osterreiter ziehen am Ostersonntag durch in mehreren Prozessionen durch die Lausitz. Bildrechte: IMAGO / Steffen Unger

Oberlausitz Osterreiter: Was es mit der Tradition auf sich hat und wo sie zu sehen sind

20. April 2025, 13:39 Uhr

Am Ostersonntag ziehen sorbische Reiter wieder durch die Lausitz, um die Auferstehung Christi zu verkünden. Der feierliche Umzug ist feste Tradition in der Region zwischen Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda und für viele der Höhepunkt des Osterfestes. Die Prozession lockt zahlreiche Besucher an. Feierlich gekleidet, mit Kruzifix und Kirchenfahnen in der Hand statten sich die Osterreiter katholischer Gemeinden gegenseitig einen Besuch ab. Etwa 1.500 Reiter werden erwartet.

Woher kommt das Osterreiten?

Das Osterreiten und Ostersingen gehen auf heidnische Rituale zurück. In vorchristlichen Zeiten zog man zu Fuß oder zu Pferd magische Kreise um die Felder, um die Saat vor Einwirkungen des Bösen zu schützen. Heute besuchen sich jeweils zwei Gemeinden, die Prozessionen treffen sich aber nicht – der Hinweg eines Umzugs ist der Rückweg des anderen. So ziehen beide Prozessionen zusammen einen Kreis und die Tradition lebt fort.

Der älteste Beleg für das Osterreiten stammt aus 1490 und beschreibt eine Strecke zwischen Hoyerswerda und Wittichenau. Während der Reformation wurden die Umzüge in protestantischen Gemeinden der Lausitzregion eingestellt. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts festigte sich das Osterreiten zu einer markanten Tradition. Die bäuerliche Bevölkerung konnte ihr religiöses und nationales Selbstbewusstsein präsentieren. Unter der NS-Diktatur wurden die Prozessionen von 1937 bis 1945 verboten. In der DDR konnten sie wieder stattfinden, hatten aber mit organisatorischen Hürden zu kämpfen, bis die Teilnehmerzahl ab 1990 wieder kontinuierlich zu steigen begann.

Welche Routen nehmen die Osterreiter?

Insgesamt finden sechs Osterritte in Sachsen statt, eine in Südbrandenburg. In der Regel stehen zwei Prozessionen in jeweiliger Partnerschaft. Nach altem Brauch dürfen sich die Prozessionen nicht begegnen.

Wittichenau-Ralbitz/Ralbitz-Wittichenau: Die größte Osterprozession beginnt bereits 09:15 Uhr. Ralbitz erwartet die Reiter aus Wittichenau um 12:15 Uhr, während die Ralbitzer Reiter zu dieser Zeit in Wittichenau eintreffen. Ca. 15 Uhr treten die Prozessionen den Heimweg an und kehren um 18 Uhr zurück.

Bautzen-Radibor: Die Prozession aus Bautzen ist allein unterwegs. 10:30 Uhr startet sie an der Bautzner Frauenkirche und trifft 12:15 Uhr in Radibor ein. 14:45 Uhr begeben sich die Reiter auf den Rückweg nach Bautzen, wo sie 16:30 Uhr am Dom St. Petri wieder ankommen.

Radibor-Storcha/Storcha-Radibor: 11:45 Uhr beginnt der Ausritt in Radibor und Strocha. 13:45 Uhr trifft die Prozession aus Radibor in Storcha ein und die Prozession aus Storcha in Radibor. Nach einer Mittagsrast begeben sich die Reiter 15:30 Uhr auf den Heimweg. 17:30 Uhr kehren sie in ihre jeweiligen Gemeinden zurück.

Nebelschütz-Ostro/Ostro-Nebelschütz: Um 12 Uhr machen sich beide Prozessionen auf den Weg und erreichen 14 Uhr ihr Ziel. Die Osterreiter aus Nebelschütz verweilen für eine Mittagsrast in Ostro und die Reiter aus Ostro in Nebelschütz, bis sie sich 15:30 Uhr auf den Heimweg begeben. 17:30 Uhr werden sie in ihren Heimatgemeinden zurückerwartet.

Crostwitz-Panschwitz/Panschwitz-Crostwitz: Die Reiter in Croswitz starten 12:15 Uhr und kommen 14:30 Uhr in Panschwitz an. 12:45 Uhr reitet die Prozession in Panschwitz aus. Sie wird 15 Uhr in Crostwitz erwartet. Ab 17 Uhr werden die Reiter wieder in ihren Heimatgemeinden erwartet.

Zwei Prozessionen haben zusätzliche Besonderheiten.

Ostritz-Kloster St. Marienthal: Die Osterreiter aus Ostritz bitten um gutes Wachstum der Saat auf den Feldern und werden daher "Ostersaatreiter" genannt. Der Ritt aus Ostritz beginnt 13 Uhr. Ziel ist der Klosterhof St. Marienthal, welcher 13:45 Uhr erreicht wird. 16 Uhr endet der Umzug wieder in Ostritz.

Zerkwitz-Ragow: Mit erst 25 Jahren ist der Osterritt in Zerkwitz in der Niederlausitz (Südbrandenburg) der jüngste. Um 9 Uhr bricht die Prozession in der Spreewaldgemeinde auf und erreicht 12:20 Uhr ihr Ziel in Ragow. 14:30 Uhr endet der Umzug mit der Rückkehr nach Zerkwitz. Während in allen anderen Orten nur Männer auf dem Pferd sitzen, können sich in Zerkwitz alle Personen beteiligen, unabhängig von Geschlecht und Konfession.

Die Osterprozessionen im Überblick
Strecke Hin Zurück
Zerkwitz-Ragow 09:00 - 12:20 Uhr Rückkehr in Zerkwitz 14:30 Uhr
Ralbitz-Wittichenau 09:15 - 12:15 Uhr 15:00 - 18:00 Uhr
Wittichenau-Ralbitz 09:20 - 12:00 Uhr 15:15 - 18:00 Uhr
Bautzen-Radibor 10:30 - 12:15 Uhr 14:45 - 16:30 Uhr
Radibor-Storcha 11:45 - 13:45 Uhr 15:30 - 17:30 Uhr
Storcha-Radibor 11:45 - 13:45 Uhr 15:30 - 17:30 Uhr
Nebelschütz-Ostro 12:00 - 14:00 Uhr 15:30 - 17:30 Uhr
Ostro-Nebelschütz 12:00 - 14:00 Uhr 15:30 - 17:00 Uhr
Crostwitz-Panschwitz 12:15 - 15:00 Uhr 15:00 - 17:30 Uhr
Panschwitz-Crostwitz 12:45 - 14:15 Uhr 14:30 - 17:00 Uhr
Ostersaatreiten:
Ostritz-Kloster St. Marienthal
13:00 - 13:45 Uhr Rückkehr in Ostritz 16 Uhr

Was tragen die Reiter und ihre Pferde?

Die Osterreiter sind festlich gekleidet mit schwarzem Zylinder, Gehrock und weißen Handschuhen. Sie führen Kirchenfahnen, das Kreuz und eine Statue des auferstandenen Jesus Christus mit sich.

Die Pferde sind mit Ostergeschirr, Satteldecken und einer bunten Schleife im Schweif geschmückt. Ist die Schleife schwarz, hat die Familie einen Trauerfall zu beklagen. Das Pferdegeschirr wird aufwendig mit Muscheln und Metall geschmückt und mit christlichen Symbolen wie dem Osterlamm oder einem Kreuz versehen. Das Zaumzeug ist häufig Familienbesitz.

Was singen die Osterreiter?

Während den Osterumzügen ertönen Kirchenlieder auf Sorbisch und Latein sowie Gebete, wie etwa das Rosenkranzgebet.

Warum reiten nur Männer mit?

Traditionell sind die Osterreiter Männer und Jungen ab 14 Jahren. Frauen beteiligen sich an der Vor- und Nachbereitung des Umzugs. Dass der Ausschluss von Frauen aus dem Osterritt für Spannungen und Generationskonflikte sorgt, erzählt Sophie Zieschs MDR-Dokumentation "Křižerki – Osterreiterinnen" auf. Wenn Frauen zu den ersten gehörten, die in der Bibel die Kunde von Jesus‘ Auferstehung verbreiteten, warum sei dieses Recht beim Osterritt ausschließlich Männern vorbehalten, fragt Johanna Ziesch im Film. Die Antwort ihres Vaters darauf: Es sei Tradition, dass alle ihren zugeschriebenen Aufgaben nachgingen. Einzig die Gemeinde in Zerkwitz in Brandenburg ist hier die Ausnahme: Dort beteiligen sich alle Personen, unabhängig von Geschlecht und Konfession, an der Prozession.

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. April 2025 | 19:00 Uhr

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