Astro-Fotografie Amateur-Astronom aus dem Erzgebirge macht kosmische Entdeckung

21. Januar 2023, 17:03 Uhr

Es begann mit Neugierde, einem Teleskop, einer kleinen privaten Sternwarte im erzgebirgischen Bärenstein. Das Ergebnis: die Entdeckung eines kosmischen Nebelbogens, eine Veröffentlichung auf der Webseite der Nasa und Aufmerksamkeit von Astronomen auf der ganzen Welt. Wie Marcel Drechsler und sein Team versteckte Elemente am Himmel entdecken und sichtbar machen.

Wer mit einem guten Teleskop in den Himmel blickt, wird dort mit etwas Glück einen Nebel finden, der unter anderem nach Marcel Drechsler aus Annaberg-Buchholz benannt ist. Auch die NASA ist an dem Nebel, den der Erzgebirger mit seinem internationalen Team nahe der Andromeda-Galaxie entdeckt hat, interessiert. Am 17. Januar teilte die US-Raumfahrtbehörde ein Bild der Entdeckung auf ihrer Internetseite.

Das Erstaunliche daran: Der Nebel liegt in direkter Nachbarschaft der bekannten Andromeda-Galaxie. Trotz riesiger Ausmaße blieb er dort bislang unentdeckt. "Die Größe des türkisen, bogenförmigen Nebels kann man sich ungefähr so vorstellen, indem man in Gedanken den Vollmond vier Mal nebeneinander legt. Das sind die Ausmaße, die unsere Entdeckung ungefähr hat. Das würde bedeuten, dass es sich bei dem Bogen um die größte kosmische Struktur im nahen Universum handelt", sagt Marcel Drechsler.

Teamarbeit: zwölf Menschen aus der ganzen Welt machten mit

Wie Marcel Drechsler berichtet, waren zwölf Menschen an der Entdeckung beteiligt. "Allein für das Foto waren drei Leute zuständig. Sie sind mehr als 2.000 Kilometer durch Frankreich gefahren, um eine passende Stelle bei perfektem Wetter für das Bild zu finden“, erzählt der Amateur-Astronom. Zudem seien vier Wissenschaftler mit der Aufarbeitung der Entdeckung befasst, sie arbeiten unter anderem an Universitäten in Innsbruck und Hongkong. So entstand neben dem Foto auch eine wissenschaftliche Arbeit, die mit der Entdeckung publiziert wurde. "Da ich den Bogen entdeckt habe, war es meine Aufgabe, das Team zusammenzuhalten und zu koordinieren", sagt Marcel Drechsler. Da sei vor allem per Mail und über Videokonferenzen gelaufen. Doch wie kam der Erzgebirger überhaupt zu dieser Entdeckung?

Die Mini-Sternwarte von Bärenstein

Der Blick in die Sterne hat Marcel Drechsler von Kindheit an fasziniert. Als Erwachsener stellte er sein Hobby auf einen festen Sockel und baute sich selbst in Bärenstein eine kleine Sternwarte. Der kleine Raum lässt sich nach oben hin öffnen. Das Teleskop im Raum gewährt Marcel Drechsler vor allem in klaren Nächten detaillierte Blicke in den Kosmos. Vor einigen Jahren reichte ihm das pure Schauen nicht mehr, sein Entdeckerdrang war geweckt.

Er machte sich auf die Suche nach Neuem, nach einzigartigen Fotografien. Vor einigen Jahren sorgte er etwa mit einem Bild der "Säulen der Schöpfung" für internationale Aufmerksamkeit, die NASA teilte es und Marcel Drechsler kam unter die Top Drei beim internationalen Wettbewerb "Astrophotographer of the year" des Royal National Museum in Greenwich in Großbritannien.

Mit seinem Bekanntheitsgrad wuchsen jedoch die Aufgaben des Amateur-Astronomen und auch sein Team.

Im Tandem mit Astronom aus Frankreich

Seit 2019 arbeitet Marcel Drechsler mit Xavier Strottner zusammen, einem Amateur-Astronomen aus Frankreich. "Auf unsere Namen fallen mittlerweile über 300 Entdeckungen", sagt Drechsler. An der neuen Entdeckung sei zudem der Astro-Fotograf Yann Sainty beteiligt gewesen, mit dem Drechsler und Strottner ab und an zusammenarbeiten.

Team um Marcel Drechsler verfügt mittlerweile über einen Katalog mit allen Entdeckungen. Das spricht sich herum, wie er mit Stolz erzählt: "Astro-Fotografen aus aller Welt fragen uns an, ob sie die ersten sein dürfen, die Bilder davon machen können." Marcel Drechsler bespricht sich dann mit seinem Team. Gibt es grünes Licht, geben sie die Koordinaten an die Fotografen weiter. Zudem werden sie zunehmend für Vorträge weltweit angefragt, etwa in Ägypten und Brasilien.

Auf unsere Namen fallen mittlerweile über 300 Entdeckungen.

Marcel Drechsler Amateur-Astronom

Geld bekommen sie für ihre Forschungsarbeit nicht. Im Gegenteil: "Wir mieten oft große Teleskope auf dem ganzen Globus an, etwa in Chile. Auch das Prüfen der wissenschaftlichen Arbeiten kostet Geld", so Drechsler. Man finanziere dies durch Spenden, durch den Verkauf eines Kalenders mit Fotografien und alles weitere, zahle das Team aus eigener Tasche. Es lohnt sich. Das zeigt sich für Marcel Drechsler auch an seiner neuesten Entdeckung.

Technischer Trick führt zum Erfolg

Dass der riesige Nebel in direkter Nachbarschaft der Andromeda-Galaxie erst jetzt sichtbar wurde, liegt laut Drechsler auch an einem technischen Trick: "Nach unserer letzten kosmischen Entdeckung brauchte unser Team eine Verschnaufpause. Wir haben gedacht, ein schönes Foto der Andromeda-Galaxie könnte nicht schaden. Wir wollten die Galaxie allerdings nicht konventionell aufnehmen und haben einen speziellen Lichtfilter für unsere Kamera am Teleskop benutzt. Im Nachhinein die beste Idee. Denn der Filter hat zum allerersten Mal diese unbekannte Struktur gezeigt."

Wie er erklärt, sind Lichtfilter ein wichtiger Punkt seiner Arbeit. Denn bunt werden die Bilder erst am Computer. "Die Farben sind natürlich alle echt da, wir nehmen aber jeden Farbkanal einzeln auf und fügen das dann am Rechner zusammen", sagt er.

Wir wollten die Galaxie allerdings nicht konventionell aufnehmen und haben einen speziellen Lichtfilter für unsere Kamera am Teleskop benutzt. Im Nachhinein die beste Idee. Denn der Filter hat zum allerersten Mal diese unbekannte Struktur gezeigt.

Marcel Drechsler Amateur-Astronom

Die neueste Entdeckung von ihm und seinem Team sorgt für Furore, die wissenschaftliche Aufbereitung des Plasmabogens wurde schon in mehreren Fachmagazinen veröffentlicht. Auch die Universität Innsbruck publizierte einen Artikel zur Entdeckung.

Marcel Drechsler möchte das Bild nun im Wettbewerb "Astrophotographer of the year" einreichen. Zeitgleich plant er mit seinem Team schon neue Expeditionen ins All. Ein Ziel: Er will das berühmte Hubble-Teleskop nutzen. Die Anträge sind schon gestellt.

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MDR (sho, Jacqueline Hene)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 19. Januar 2023 | 13:30 Uhr

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