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SchneebergBrandbrief an Wirtschaftsminister Habeck löst heftige Reaktionen aus

23. August 2022, 11:31 Uhr

Die Diskussion um die Energiepolitik der Bundesregierung im Zeichen der Energiekrise reißt nicht ab. Immer mehr Kommunen wenden sich an Wirtschaftsminister Habeck und fordern eine Änderung der Maßnahmen, um Bürger und Unternehmen zu entlasten. In Schneeberg unterstützen alle Stadträte einen solchen Brandbrief, auch die der Linken und die der AfD. Das sorgt für Empörung. Der Bürgermeister weist die Kritik zurück.

Der Brief von Schneebergs Bürgermeister Ingo Seifert (Freie Wähler) an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sorgt seit seiner Veröffentlichung am Freitag für Wirbel. Das Schreiben mit dem Titel "Höchste Zeit für einen Kurswechsel", in dem die derzeitige Energiepolitik kritisiert wird, steht bei der Diskussion im Netz weniger im Mittelpunkt als die Liste der Unterzeichner. Alle im Schneeberger Stadtrat vertretenen Fraktionen unterstützen den Brief. Dazu kommen die jeweils zwei fraktionslosen Mitglieder der Partei Die Linke und der AfD.

Zusammensetzung des Schneeberger StadtratesIm Stadtrat von Schneeberg sind neben dem Bürgermeister 21 Stadträtinnen und Stadträte tätig. Es gibt vier Fraktionen: die CDU-Fraktion mit acht Sitzen, die Fraktionen "Aktiv für Schneeberg", "Freie Wählervereinigung / Bürgerinitiative Kommunalabgaben Schneeberg" und die Fraktion "Frei und unabhängig" mit jeweils drei Sitzen. Die Linke und die AfD sind mit jeweils zwei Abgeordneten ohne Fraktionsstatus im Stadtrat von Schneeberg vertreten.

Unterschiedliche Reaktion in den sozialen Medien

Der Brief löste zahlreiche Reaktionen in den sozialen Medien aus. So lobte etwa der AfD-Landtagsabgeordneter Thomas Thumm auf Twitter den "beispiellosen Schulterschluss aus dem Erzgebirge für alle Bürger und Unternehmer". Es sei absurd, dass linke Politiker und Journalisten außerhalb des Erzgebirges auf Bürgermeister Seifert und andere Unterzeichner schimpfen, weil auch die AfD unterschrieben hat und nicht ausgegrenzt wurde, heißt es weiter.

Der sächsische Landesverband der Partei Die Linke distanziert sich dagegen von der Mitunterzeichnung. Bei Twitter heißt es: "Dass der Bürgermeister eine Partei der extremen Rechten als gleichberechtigte Mitunterzeichner anfragt bzw. aufführt, finden wir falsch." In einem Statement auf der Seite der sächsischen Linken heißt es dazu, es habe keine Kooperation oder ein gemeinsames oder gar abgestimmtes Agieren mit der extremen Rechten gegeben. Die Fraktion habe die an sie gerichtete Anfrage des Bürgermeisters mit "Ja" beantwortet.

Andere Reaktionen reichen von "Schneeberg, wir sind stolz auf euch!" oder "In Schneeberg geht es noch um die Sache." bis hin zu "Wenn es Schneeberg zu zweifelhaftem 'Ruhm' schafft, dann leider immer mit solchen Themen" oder "Schneeberg: Hochburg der 'Freien Sachsen', die sollen erst einmal Demokratie lernen, bevor sie solche Brandbriefe schreiben".

Bürgermeister Seifert verteidigt gemeinsamen Brief aller Stadträte

Auf Anfrage von MDR SACHSEN rechtfertigte Schneebergs Bürgermeister Ingo Seifert die Unterstützung aller Ratsmitglieder für das Schreiben. Im Stadtrat werde der überwiegende Teil der Beschlüsse einstimmig gefasst. "Genauso muss man auch diesen Brief betrachten. Er ist inhaltlich abgestimmt und es gibt eine einheitliche Meinung dazu", so Seifert.

Die Stadträte hätten von Einwohnern und Unternehmen ein Stimmungsbild übermittelt bekommen, dass man in keine gute Zukunft laufe, sagte Seifert. "Das war für uns Anlass, den offenen Brief zu schreiben und zu fordern, die derzeitige Energiepolitik zu überdenken."

Das war für uns Anlass, den offenen Brief zu schreiben und zu fordern, die derzeitige Energiepolitik zu überdenken.

Ingo Seifert | Bürgermeister von Schneeberg

Seifert sagte, der Brief solle inhaltlich wahrgenommen werden. "Wer darüber politisch diskutieren möchte, der soll das gern tun." Er habe diese Diskussion nicht begonnen, so Seifert.

Konkrete Lösungsvorschläge, um die Krise zu bewältigen, habe er nicht. "Wenn ich das Allheilmittel dafür wüsste, dann hätte ich es in dem Brief formuliert. Wir haben gesagt: 'Wenn Embargos so ins Leere laufen, dass am Ende die Leidtragenden die Privathaushalte und die kleinen Unternehmen sind, dann sollte man diese Embargos überdenken.'"

MDR (tfr)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | RADIOREPORT | 22. August 2022 | 18:03 Uhr