Halsbrecherische Manöver Auf alten Holzbrettern den Hang runter: Beim Nostalgie-Skirennen am Fichtelberg

Holprige Holzbretter, historische Hüte und kuriose Klamotten - das alles gab es am Samstag am Fichtelberg zu sehen. Auf dem Haupthang fährt schon seit einigen Tage keiner mehr Ski. Für das Nostalgie-Skirennen wurden die letzten Schneereste zusammengekratzt.

Menschen posieren für ein Gruppenfoto
Katrin Nestler und ihre Gruppe erregen bei ihrer Ankunft beim 7. Nostalgie-Skirennen in Oberwiesenthal große Aufmerksamkeit. Bildrechte: Erik Hoffmann

Am Fichtelberg ist mehr grün als weiß zu sehen. Das Thermometer zeigt Plusgrade und der Skihang wurde bereits vor einigen Tagen offiziell geschlossen. Trotzdem soll das Nostalgie-Skirennen stattfinden. Am Abend vor dem Rennen wurden alle Schneereste zusammengekratzt, um zumindest eine 300 Meter lange Strecke zu präparieren. Diese ist damit zwar rund 100 Meter kürzer als im Vorjahr, aber alle Anwesenden sind sichtlich froh, dass das Rennen stattfinden kann.

Bereits um 11 Uhr haben sich viele Menschen in historischer Kleidung, die oft an die 1920er-Jahre erinnert, am Fuß des Skihangs versammelt. An dem Rennen teilnehmen darf nur, wer Holz-Ski mit oder ohne Stahlkanten und mit originaler Seilzug- oder Lederriemenbindung dabei hat. Außerdem sind Schnürschuhe Pflicht. Moderne Ski und Skistiefel sind an diesem Tag tabu. Insgesamt 69 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Region, aber auch aus Berlin, Frankfurt/Oder und aus der Nähe von München sind dabei.

Skiläufer
Michael Süß von der Vereinigten Skischule Oberwiesenthal hatte vor neun Jahren die Idee zu dem Nostalgie-Event. Bildrechte: Erik Hoffmann

Erstes Nostalgierennen vor neun Jahren

Ausgedacht hat sich das Ganze Michael Süß von der Vereinigten Skischule Oberwiesenthal vor neun Jahren. "Wir hatten damals Jubiläen der Skischule und der Schwebebahn und haben gedacht, dass dazu ein historisches Nostalgierennen passt", erzählt er. "Außerdem gibt es in Oberwiesenthal seit vielen Jahren eine Gruppe, die sich mit alten Skitraditionen beschäftigt."

Natürlich hat sich auch Süß dem Motto entsprechend herausgeputzt. Seinen Anzug hat er aus seinem mittlerweile sehr großen Fundus geholt. "Beim ersten Rennen musste ich noch suchen, aber dann hat es sich herumgesprochen und viele bieten mir seitdem alte Dinge von ihrem Dachboden an", erzählt er. Aus seiner großen Sammlung verleiht er auch Sachen und Ausrüstung an das Team seiner Skischule. Viele von ihnen sind beim Rennen dabei.

Skiläuferin
Katrin Nestler nimmt zum zweiten Mal an der Veranstaltung teil und ist sichtlich stolz auf ihr Outfit. Bildrechte: Erik Hoffmann

Mit Hut und Rock auf der Skipiste

Katrin Nestler und ihre Mitstreiter sind ein echter Hingucker. Sie sind mit einem alten VW Bully angereist und posieren davor für Erinnerungsfotos. Sie ist zum zweiten Mal beim Nostalgie-Rennen dabei. Sichtlich stolz präsentiert sie ihr Outfit, das sie von Verwandten und Freunden bekommen hat. "Im Erzgebirge findet man überraschend viel auf Dachböden", erzählt sie lachend. Ihr erklärtes Ziel ist es, in diesem Jahr schneller als im letzten den Hang herunterzusausen. "Ich habe extra schon einmal vorher am Hang geübt", verrät sie.

"Man hat einfach nicht den gleichen Halt wie auf modernen Ski", sagt Nestler. Trotzdem traut sie sich mit schickem Hut statt Helm und mit langem Rock statt Skihose auf die Piste. "Ich fahre ja sonst auch Ski und mir geht es nicht ums Gewinnen", sagt sie. "Es geht nur um den Gaudi." Die Männer ihrer Gruppe seien da ehrgeiziger. Sie sei eher vorsichtig und selbst so bleibe ein gewisses Restrisiko.

Oberwiesenthal Impressionen vom 7. Nostalgie-Skirennen am Fichtelberg

Am Sonnabend hat in Oberwiesenthal ein Nostalgie-Skirennen stattgefunden. 69 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich dabei wagemutig mit alten Holzski den Fichtelberg hinuntergestürzt.

Skiläufer
Das Nostalgie-Skirennen am Fichtelberg fand in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Bildrechte: Erik Hoffmann
Skiläufer
Das Nostalgie-Skirennen am Fichtelberg fand in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Bildrechte: Erik Hoffmann
Menschen posieren für ein Gruppenfoto
69 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Umgebung aber auch aus Berlin, Frankfurt/Oder und aus der Nähe von München haben bei dem Spektakel mitgemacht. Bildrechte: Erik Hoffmann
Person im Schnee
Zwar gab es auf der 300 Meter langen Strecke einige Stürze, aber ernsthaft in Gefahr war dabei niemand. Bildrechte: Erik Hoffmann
Skiläufer
Die Ausrüstung und die Klamotten wurden oft geerbt oder auf Dachböden ausgegraben. Bildrechte: Erik Hoffmann
Ski
An dem Rennen teilnehmen darf nur, wer Holz-Ski mit oder ohne Stahlkanten und mit originaler Seilzug- oder Lederriemenbindung dabei hat. Außerdem sind Schnürschuhe Pflicht. Bildrechte: Erik Hoffmann
Skiläufer
Der 73 Jahre alte Stefan Groß hat es ohne Sturz ins Ziel geschafft. Bildrechte: Erik Hoffmann
Skiläufer im Schnee
Bei einigen Teilnehmern sah nicht nur das Rennen, sondern auch der Zieleinlauf spektakulär aus. Bildrechte: Erik Hoffmann
Person im Schnee
Für die Piste wurden die letzten Schneereste am Fichtelberg zusammengekratzt. Bildrechte: Erik Hoffmann
Skiläuferin
Bei der schnellen Abfahrt sind vor allem die Hüte der Damen in Gefahr. Bildrechte: Erik Hoffmann
Skiläuferin
Katrin Nestler hatte sich vorgenommen, schneller zu sein als im letzten Jahr. Das hat sie mit ihrem Lauf geschafft. Bildrechte: Erik Hoffmann
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100 Jahre alte Skier am Start

Risikofreudig ist auch der 73 Jahre alte Stefan Groß eingehen. Er ist von Anfang an jedes Jahr beim Rennen dabei und sehr stolz auf seine Holzskier. "Die sind geerbt und mindestens 100 Jahre alt", erzählt er. Das Einstellen der Lederbindung gehe inzwischen schnell. "Meine Schuhgröße bleibt ja gleich über die Jahre", lacht er. Die Strecke schätzt er als machbar aber schwer ein. "Ich mache aber mit, solange ich noch fit bin", so Groß. Das gehöre für ihn als Erzgebirger einfach dazu. Die Zeit beim Rennen sei ihm egal, solange er ohne Schaden unten ankommt.

Skiläufer
Stefan Groß fühlt sich mit 73 Jahren noch fit genug, um an dem Skirennen teilzunehmen. Bildrechte: Erik Hoffmann

Nix Skilift: Zu Fuß den Hang hinauf

Zuerst müssen aber alle Skifahrer zu Fuß den Hang durch Matsch und Schneereste hinauf. Der Skilift fährt nicht mehr und die Piste ist nur am unteren Teil des Hanges. Die Rennstrecke ist auch kürzer und schmaler als sonst. Für mehr hat der Schnee nicht gereicht. Da heißt es Daumen drücken, dass niemand über die Kurven hinausschießt.

Doch alle Fahrer erweisen sich als alte Hasen und auch wenn es einige Stürze gibt, hat sich am Ende niemand verletzt. Die Zuschauer bejubeln laut jeden Zieleinlauf. Und auch Katrin Nestler und Stefan Groß laufen sichtlich stolz, ohne Sturz und mit viel Spaß ins Ziel.

MDR (ali)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 24. März 2023 | 17:30 Uhr

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