Finanziert aus DDR-Parteivermögen Rückkehr mit Elektroantrieb: Chemnitz bekommt neuen Bücherbus

15. Oktober 2022, 18:31 Uhr

Die Enttäuschung war groß, als der Chemnitzer Bücherbus Stillgelegt wurde. Der Grund: das Gefährt war hoffnungslos überaltert. Im kommenden Jahr soll die Stadt nun eine neue, modern ausgestattete Fahrbibliothek bekommen, entschied der Stadtrat. Die Spezialanfertigung mit Rollstuhllift soll rund 422.000 Euro kosten, sie soll umweltfreundlich, modern und flexibel sein.

  • Bücherbus ersetzt geschlossene Stadtteilbibliotheken.
  • Neues Modell bekommt Extras und ein teures inklusives Angebot.
  • Lara das Lastenrad wird zusätzlich bei Veranstaltungen eingesetzt.

Wenn der bunte Chemnitzer Bücherbus anrollte, an Wendeschleifen, vor Schulen und Pflegeheimen hielt, warteten Kinder und Erwachsene oft schon voller Erwartungen. "Wir haben kein sehr großes Bibliotheksnetz, da gibt es viele weiße Flecken in Chemnitz", sagt Uwe Hastreiter von der Chemnitzer Stadtbibliothek. Daher sei die Devise seines Hauses: wenn die Menschen in Chemnitz nicht in die Bücherei kommen können, so muss die Bibliothek eben zu ihnen fahren und Medien zum Ausleihen, Medienpädagogische Angebote und Beratungen ins Wohnumfeld liefern.

In den 1990er-Jahren wurde der erste Bus angeschafft. Schon damals kam er aus zweiter Hand, wurde von der Chemnitzer Partnerstadt Düsseldorf zur Verfügung gestellt. Die mobile Bibliothek sollte damals vor allem Stadtteilbibliotheken ersetzen, die in diesem Zuge geschlossen wurden. "Es war ein Angebot für Leute, die keine Bibliothek mehr vor der Nase haben und nicht eigenständig mobil sind", erklärt Uwe Hastreiter.

Es war ein Angebot für Leute, die keine Bibliothek mehr vor der Nase haben und nicht eigenständig mobil sind.

Uwe Hastreiter Mitarbeiter Stadtbibliothek Chemnitz

Etwa ein Dutzend Stationen habe der Bus regelmäßig bedient. Außerdem war er immer wieder Kern von Sonderveranstaltungen, wie Picknicken und Lesungen.

25 Jahre Dienst waren genug

Doch der Bus kam in die Jahre. Mit den häufier auftretenden Reparaturen wurden auch die Ausfälle mehr. Bis er 2020 stillgelegt wurde – zum Ärger vieler Chemnitzerinnen und Chemnitzer, die nun weitere Wege auf sich nehmen mussten, um sich mit Medien zu versorgen.

"Mehr als 25 Jahre ist der Bus in Chemnitz gefahren", erinnert sich Hastreiter. Dann war Schluss. Immer wieder wurde ein Ersatz diskutiert, Geld dafür gab es jedoch keines.

In seiner jüngsten Sitzung beschloss der Chemnitzer Stadtrat, dass es im kommenden Jahr ein neues Fahrzeug geben soll. Geld dafür, soll aus sogenannten PMO-Mitteln fließen.

Was sind PMO-Mittel? PMO-Mittel stammen aus Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR, die nach der Wiedervereinigung durch die Treuhandanstalt verwaltet wurden. Das verfügbare Vermögen wird auf Basis der Einwohnerzahl zum 31. Dezember 1991 auf die ostdeutschen Bundesländer verteilt. Der Freistaat Sachsen erhält so knapp 30 Prozent der Mittel. Im Einigungsvertrag ist zur Mittelverwendung festgelegt, dass die ostdeutschen Länder das Geld für Maßnahmen der wirtschaftlichen Umstrukturierung oder für investive oder investitionsfördernde Maßnahmen im sozialen und kulturellen Bereich einsetzen müssen. Quelle: Pressestelle der Stadt Chemnitz

Das neue Modell fährt mit Strom

Die neue mobile Bibliothek soll nicht nur möglichst lange halten, wie Uwe Hastreiter erklärt, sondern auch modern, zeitgemäß und vor allem umweltfreundlich sein. Dafür haben er und sein Team Messen besucht und sich auch die mobilen Bibliotheken anderer Städte angeschaut.

Entschieden haben sie sich für ein Fahrwerk mit Kofferaufbau – in der Handhabung flexibel, eine Sonderanfertigung. "Die Kosten für den Elektro-Bücherbus belaufen sich auf rund 422.000 Euro, darin enthalten sind die Kosten für einen Rollstuhllift in Höhe von 25.000 Euro", heißt es aus der städtischen Pressestelle.

Der Stellplatz für den Bücherbus, einschließlich Ladesäule, wird sich im Depot im Vita-Center befinden, dort, wo auch der alte Bücherbus in Ruhezeiten stand. An diesem Standort befindet sich auch eine Stadtteilbibliothek. Für die Außengestaltung des Bücherbusses ist nach Angaben der Stadt ein Ideenwettbewerb geplant.

Lastenrad Lara vom Lückenfüller zum Botschafter

Um auch ohne Bus ein mobiles Bibliotheksprogramm anbieten zu können, nahm die Chemnitzer Stadtbibliothek in diesem Jahr ein Lastenrad in Betrieb. Das bunt gestaltete Gefährt bekam den Namen Lara. "Das Rad ist flexibel und kann überall dabei sein", erklärt Uwe Hastreiter.

Eingesetzt wird es vor allem bei Veranstaltungen, auf Festivals wie dem Kosmos Chemnitz und überall dort, wo sich in der Stadt Leben abspielt. Das Lastenrad soll nun, wo eine neue mobile Bibliothek in Aussicht ist jedoch nicht ersetzt werden, sondern aus Zusatzangebot bestehen bleiben.

MDR (sho)

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