Ein Weihnachtsbaum mit braunen Nadeln, dahinter feiern Gäste
In Burgstädt gehen die Uhren anders. Hier weihnachtet es auf besondere Weise schon 100 Tage vor dem Fest. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Tradition In Burgstädt weihnachtet es bei sommerlichen 24 Grad

16. September 2023, 18:53 Uhr

Burgstädt ist in Sachen Weihnachten ein Ort der Superlative. Während selbst im Weihnachtsland Erzgebirge noch kurzärmlig gegrillt wird, hat in dem Ort nördlich von Chemnitz schon der erste Weihnachtsmarkt Deutschlands seine Tore geöffnet. Bei gefühlten 30 Grad im Schatten feiern die Burgstädter das Weihnachtsfest schon einmal vor.

Seit fünf Jahren gibt es den "vorverlegten" Weihnachtsmarkt in Burgstädt. Veranstalter ist Jürgen Hoffmann. Der Apotheker nennt für seinen als "Satire" bezeichneten Markt zwei durchaus ernsthafte Gründe.

"Einerseits sind wir ja schon spät dran. Im Supermarkt gibt es schon seit Wochen Stollen und Lebkuchen." Insofern sei sein Markt eine Reaktion auf den Konsum-Wahnsinn. "Anderseits reagieren wir auch auf den Klimawandel." Er stellt sich neben seinen komplett braun benadelten Weihnachtsbaum. "Bald wird es zu Weihnachten auch so warm sein wie heute."

Jürgen Hoffmann vor einem geschmückten Weihnactsbaum mit braunen Nadeln
Second Hand: Der Weihnachtsbaum von Jürgen Hoffmann hat die einjährige Lagerung in der Garage schadlos überstanden. Respekt! Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Doch Ernst beiseite. Am Sonnabend folgt eine Unterhaltungseinlage der nächsten. Beim Stollenanschnitt wird eine "Stollen-Majestät" gewählt. Kurz zuvor - der wahre Erzgebirge möge es verzeihen - wird die "Bieramide" angeschoben.

Ein Mann schiebt in einem Bierzelt eine große Pyramiede mit Bierflaschen (Bieramiede) an.
"Bieramiden"-Anschieben auf Burgstädter Art. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Aus der Schnapsidee wird eine "Bieramide"

Der Erbauer der "Bieramide" ist beim diesjährigen Anschieben selbstverständlich dabei. "Wir haben mit Jürgen Hoffmann in einer lockeren Runde zusammengesessen und überlegt, was wir noch so machen können zu unserem Weihnachtsmarkt", erzählt Udo Schaupner.

Udo Schauppner neben der von ihm gebauten "Bieramiede", einer Pyramiede mit Bierflaschen
Udo Schauppner hat beim Bau der "Bieramide besonders auf die Proportionen zwischen den Pyramidenflügeln und dem Unterbau geachtet. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Dann sei die Idee der "Bieramide" aufgekommen und er habe gesagt, dass er sie bauen würde. "Ich habe so etwas noch nie gemacht." Als ihm im Baumarkt beim Materialkauf gesagt wurde, dass das nichts werden würde, habe das seinen Ehrgeiz erst recht geweckt. "Dann habe ich die Stichsäge genommen und die Konstruktion gebaut. Und wie man sieht: Sie dreht sich."

Glühwein im Sonnenschein genießen

Während die Gäste sommerlich gekleidet Stollen probieren oder sich einen Glühwein gönnen, fällt eine Händlerin auf, die nicht nur ihren Stand, sondern auch sich selbst weihnachtlich geschmückt hat. Heidi Möbius vom gleichnamigen Korbparadies sagt lachend: "Wir sind schon seit dem ersten Weihnachtsmarkt vor fünf Jahren hier dabei."

Heidi Möbius vom Korbparadies Möbius mit einem Weihnachtsschmuck auf dem Kopf
Der Weihnachtsschmuck von Heidi Möbius ist extra für den verfrühten Weihnachtsmarkt entstanden. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Ihre Familie sei sowieso "weihnachtsverrückt". "Viele Weihnachtssachen werden bei uns sowieso nicht weggeräumt, der Weihnachtsstern hängt bei uns übers Jahr." Da sei ein spätsommerlicher Weihnachtsmarkt genau die richtige Sache.

Blick in einen Innenhof mit vielen Verkaufsständen und Besuchern
Bei diesem Weihnachtsmarkt gibt es alles: Stollen, Glühwein, Weihnachtsschmuck. Nur den Schnee muss sich der phantasiebegabte Besucher selbst vorstellen. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Auch die Gäste sind ein bisschen weihnachtsverrückt und loben Hoffmann für sein - im wahrsten Sinn des Wortes ungewöhnliches - Engagement. Eine Besucherin erzählt, dass sie von sich behaupten könne, während der Corona-Zeit auf dem einzigen Weihnachtsmarkt der Region gewesen zu sein, der geöffnet hatte. Verrückte Ideen zahlen sich eben manchmal aus.

Und nun noch die bitter-süße Wahrheit am Schluss: In 100 Tagen ist Weihnachten!

Ein Weihnachtsmann winkt in die Kamera.
Der Weihnachtsmann darf natürlich auf keinem Weihnachtsmarkt fehlen. Selbst schuld, wer keinen Sommermantel hat... Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

MDR (tfr)

Mehr aus Chemnitz und Stollberg

Mehr aus Sachsen

Kultur

Kunstinstallationen, darunter Monitore und eine DDR-Fahne mit herausgeschnittenem Emblem
Bildrechte: Marcel Odenbach, Schenkung Sammlung Hoffmann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Courtesy Marcel Odenbach & Galerie Gisela Capitain, Köln; Georg Herold, Schenkung Sammlung Hoffmann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, VG Bild-Kunst, Bonn 2023; Janet Grau, Kunstfonds, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Förderankauf der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, 2005, VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Oliver Killig