Teilnehmer der Konferenz posieren für ein Foto.
Natascha González und Sanjay Fernandes sind aus Kolumbien gekommen, um die Erfahrungen aus ihrem Projekt "Sole Colombia" mit den Teilnehmern der Konferenz zu teilen. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Kulturhauptstadt Friedenskonferenz: Die Welt zu Gast in Chemnitz

05. November 2022, 16:54 Uhr

Chemnitz ist seit Freitag Austragungsort der Friedenskonferenz "Build Peace". Damit findet die Tagung erstmals in Deutschland statt. 300 Gäste aus mehr als 40 Ländern nehmen teil. Sie wollen über die Herausforderungen diskutieren, die das digitale Zeitalter für den Frieden mit sich bringt.

Sanjay Fernandes und Natascha González stammen aus Kolumbien und sind für die internationale Friedenskonferenz "Build Peace" nach Chemnitz gereist. Es ist ihr erster Besuch in der Stadt und in Deutschland überhaupt. "Ich wollte unbedingt als erstes nach meiner Ankunft das Karl-Marx-Monument sehen", erzählt Fernandes. Er habe davon gehört, dass es sehr beeindruckend sein soll. Doch als er abends ankommt, findet er nur Dunkelheit. "Ich habe darüber gelesen, dass es eine Energiekrise gibt, aber ich habe erst in diesem Moment realisiert, was es bedeutet", sagt er. Denn seit einigen Wochen werden in deutschen Städten Sehenswürdigkeiten nachts nicht mehr beleuchtet.

"Ich habe immer gedacht, Deutschland hat alles erreicht"

González findet es vor allem interessant, ihre Vorstellung von Deutschland mit der Wirklichkeit abzugleichen. "Ich habe immer gedacht, dass Deutschland alles erreicht hat und es hier so viel gibt", erzählt sie. "Doch nun sehe ich, dass es auch hier noch viele Probleme zu lösen gibt." Und diese Probleme zeigen auch, was die beiden unterschiedlichen Länder Kolumbien und Deutschland gemeinsam haben: "Populismus, Desinformation und Gewalt gibt es überall und es ist toll auf so einer Konferenz gemeinsam nach Lösungen zu suchen", so González.

Demonstranten unter den Karl Marx Kopf in Chemnitz 4 min
Bildrechte: Imago-Stock

Austausch und internationale Kontakte knüpfen

Die Dinge zu suchen, die Menschen trotz unterschiedlicher Herkunft und kulturellem Hintergrund vereint, scheint das Motto der Konferenz zu sein. Melissa Hoffmann, Jan De Groot und Julia Gränitz sind ehrenamtliche Helfer. Ihre Aufgaben reichen von der Betreuung der internationalen Gäste über Übersetzungsdienste bis hin zur Betreuung des zentralen Informationsstandes. "Der Austausch mit Menschen, die man sonst wahrscheinlich nie treffen würde, bringt viele neue Ideen", sagt De Groot.

"Die Außensicht der Gäste auf die Stadt ist sehr spannend", ergänzt Hoffmann. Insgesamt sei es eine sehr offene Atmosphäre. "Viele haben auch eine sehr lange Anreise und man merkt die Motivation zum Austausch", sagt Gränitz. Alle sind sich einig, dass die Kontakte, die sie auf der Konferenz knüpfen, auch zukünftig viele Gespräche ermöglichen werden.

Teilnehmer der Konferenz posieren für ein Foto.
Jan De Groot, Melissa Hoffmann und Julia Gränitz (v.l.) helfen auf der internationalen Friedenskonferenz freiwillig mit. Neben der Arbeit bleibt auch viel Zeit für interessante Gespräche mit den Gästen. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Chemnitz als erste deutsche Stadt Austragungsort der Friedenskonferenz

Dass Chemnitz die erste deutsche Stadt ist, wo diese internationale Konferenz stattfindet, ist kein Zufall: Die Organisation "Build Up" würde immer an schwierige Orte gehen, erzählt Frauke Wetzel vom ASA-FF, einem zivilgesellschaftlichen Verein in Chemnitz. Zuvor hätte die Konferenz schon in Belfast oder San Diego, an der mexikanischen Grenze stattgefunden. Sie lobt die unglaubliche Energie und Stimmung, die herrscht. "Diese Energie in der Stadt zu sehen, ist ganz toll", so Wetzel. "Und das Gesehen werden, auch international, tut der Stadt sehr gut."

Wer Chemnitz international im Internet sucht, findet laut Wetzel meist Berichte, die eher angstbesetzt sind. Die Ereignisse von 2018, mit gewaltsamen Demonstrationen und Übergriffen nach dem Tod von Daniel H., haben Chemnitz international bekannt gemacht. "Das schreckt unsere internationalen Gäste aber zum Glück nicht ab", so Wetzel. "Die Nachrichten zeigen immer nur einen kleinen Teil der Wirklichkeit", sagt Fernandes. "Wann war denn Kolumbien international in den Schlagzeilen? Eigentlich nur mit negativen Dingen wie Drogen und Gewalt." Er glaubt aber, dass sowohl seine Heimat als auch Chemnitz viel mehr zu bieten haben.

Teilnehmer der Konferenz posieren für ein Foto.
Frauke Wetzel vom Verein ASA-FF hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Friedenskonferenz in Chemnitz stattfinden konnte. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Konferenz als Probelauf für die Kulturhauptstadt

Am Beispiel der Konferenz könne man viel für das Kulturhauptstadtjahr 2025 lernen, ist sich Wetzel sicher. "Logistisch und auch visatechnisch ist es eine große Herausforderung gewesen", erzählt sie. "Es ist ein Testlauf, was an Internationalität in Chemnitz funktioniert und was noch nicht."

MDR (ali)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 04. November 2022 | 12:30 Uhr

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