Klimaprotest Verkehrsschilder abschrauben: Selbstjustiz auf der Autobahn bei Chemnitz?

26. August 2022, 09:50 Uhr

Auf der Internetplattform indymedia.org ist ein Video aufgetaucht, in dem zum Abbau und zur Beschädigung von Verkehrszeichen an der Autobahn aufgefordert wird. Damit wollen Klimaschützer den Verkehr ausbremsen. Einige der Aufnahmen sind an der A4 bei Chemnitz entstanden.

von MDR SACHSEN

Unbekannte Klimaschützer haben am Mittwoch auf der Internetplattform "indymedia.org" einen Videoclip veröffentlicht, der zum Abbau von Verkehrsschildern an der Autobahn aufruft. Das Material enthält Handlungsanweisungen, wie Verkehrsschilder entfernt werden können, die Tempolimits aufheben. Das Video mit dem Titel "Do it yourself Tempolimit" ist zumindest teilweise an der Autobahn 4 bei Chemnitz an der Anschlussstelle Chemnitz Glösa gedreht worden. Gezeigt werden auch Personen, die mit Werkzeug ein Schild abmontieren und beschädigen.

Klimaschützer wollen Tatsachen schaffen

Auf der Plattform plädieren die unbekannten Verfasser dafür, dass Klimagerechtigkeit erkämpft werden müsse. Sie werfen Politikerinnen und Politikern vor, mit Scheindebatten Veränderungen zu blockieren. Daher würden sie "...von unten aktiv und schaffen Tatsachen".

Weiterhin weisen sie darauf hin, dass das Video als Handlungsaufforderung und Anleitung zu verstehen sein soll. Nicht nur an Autobahnen könnten mit dem Abbau der Aufhebungsschilder vorhandene Geschwindigkeitsbeschränkungen verlängert werden. Auch in der Innenstadt würde es sich lohnen, "Tempo 30 mal etwas weiter laufen zu lassen". Mögliche Nachahmer sollten sich nicht erwischen lassen.

Polizeidirektion Chemnitz: Bisher keine Fälle bekannt

Auf MDR SACHSEN-Nachfrage bestätigte eine Sprecherin der Polizeidirektion Chemnitz, dass die Beamten das Video kennen. Allerdings gebe es keine Erkenntnisse über den oder die Urheber. Eine Überprüfung durch Beamte des Chemnitzer Autobahnpolizeireviers habe ergeben, dass im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion alle Schilder vorhanden seien.

Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Chemnitz könnte jedoch das Entfernen von Verkehrszeichen je nach Umständen des Einzelfalls den Straftatbestand eines Diebstahls oder einer Sachbeschädigung erfüllen. Außerdem würde dann möglicherweise wegen Amtsanmaßung oder wegen eines Urkundendeliktes ermittelt.

Chemnitzer Verkehrsanwalt: Kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Der Auffassung der Chemnitzer Polizei über die möglichen Straftatbestände schließt sich auch der Chemnitzer Verkehrsrechtler Franz Thomas Pfeifer an. Einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr sieht er aber nicht, wenn solche Schilder abmontiert werden, weil der gesamte Verkehr in diesem Falle langsamer fließen würde, als wenn das Schild die Beschränkung aufhebe und dadurch keine erhöhte Unfallgefahr bestünde.

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr kann nach Paragraf 315b des Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.