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Bei einem Intensivkurs mit japanischen Choreografinnen lernen ältere Menschen aus Chemnitz gemeinsam eine Choreografie. Bildrechte: MDR/Anett Linke

KulturhauptstadtTanzen beginnt im Kopf: Japanische Gastchoreografen beim Bewegungsworkshop für Senioren

14. September 2024, 11:30 Uhr

Beim Bewegungsworkshop "Tanzende Nachbarn" der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 treffen sich seit Mai wöchentlich ältere Menschen, um gemeinsam die Welt des Tanzens zu erkunden. Außerdem erarbeiten die Senioren in mehreren Intensiv-Workshops mit japanischen Choreografinnen eine Tanz-Show.

Der Regen, der auf die frisch sanierte Hartmannfabrik in Chemnitz prasselt, kann die gute Laune im Inneren nicht trüben. Mehr als 30 ältere Menschen haben sich versammelt, um gemeinsam mit japanischen Choreografinnen an einer Tanzperformance zu arbeiten. Unter ihnen ist auch der 87 Jahre alte Gerd Schumann. "Ich nenne es immer liebevoll Tanzkompanie", sagt er lachend. Der Witwer hat keine Kinder und auch sonst keine Angehörigen mehr. Auch im Freundeskreis gibt es immer mehr Todesfälle, erzählt er. Deswegen freue er sich über die netten Leute und die schöne Ablenkung im Tanzkurs.

Seit Mai ist er bereits jede Woche beim Projekt "Tanzende Nachbarn" dabei. "Ich habe immer gelesen, dass es viele Angebote für junge Leute gibt", erzählt Schumann. "Und auf einmal stand in der Zeitung was über ein Tanzprojekt für Menschen 60 plus. Da habe ich mich direkt angesprochen gefühlt." Außerdem habe sein Arzt dem herzkranken Rentner zur Bewegung geraten. "Er hat gesagt: 'Kleben sie bloß nicht am Fernsehsessel fest.'"

Tanz hilft Körper und Geist gesund zu halten

Ältere Menschen zum Tanzen bringen ist etwas, dass Nami Kaigaishi und Sonoko Hashimoto seit einigen Jahren in ihrer Heimat Japan tun. Der Unterschied zwischen den älteren Menschen in Japan und Deutschland sei dabei gar nicht so groß. "Vielleicht sind die Muskeln hier etwas härter und die Menschen etwas größer", sagen sie. "Die Älteren können mit Tanz ihre eigene Geschichte ausdrücken." Das falle Jüngeren deutlich schwerer. Außerdem helfe Tanz dabei, Kopf und Körper gesund zu halten.

Nami Kaigaishi (re.) und Sonoko Hashimoto (li.) vertreten die japanische Choreografin Yoko Ando bei dem fünftägigen Intensivworkshop. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Die beiden sind positiv überrascht, wie offen die Chemnitzerinnen und Chemnitzer auf sie zugegangen sind. "Am Anfang waren sie etwas zurückhaltend, aber nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte", sagt Hashimoto. Sie hat bereits vor einigen Jahren in Deutschland gelebt und spricht daher gut Deutsch. Sie übersetzt im Zweifelsfall für Kaigaishi, die mit den Teilnehmenden auf Englisch kommuniziert.

Die Älteren können mit Tanz ihre eigene Geschichte ausdrücken.

Nami Kaigaishi und Sonoko Hashimoto | Choreografinnen

Spaß und Energie

Sabine Strauchmann wollte eigentlich aus Prinzip kein Englisch sprechen. Doch am letzten Tag des Intensivworkshops zählt sie instinktiv mit Kaigaishi auf Englisch mit. Insgesamt gefalle ihr die Ausrichtung des wöchentlichen Tanzkurses aber besser, sagt sie. "Da geht es eher in Richtung Ballett und das liegt mir mehr", erzählt die 70-Jährige. Trotzdem mache der Kurs viel Spaß. Nur das Aufwärmen zu Beginn dauere ihr zu lang. "Das mag ich gerade gern", mischt sich Monika Bulla-Müller ins Gespräch ein. "Dieses Bewusstsein sich langsam mit den Knochen zu bewegen, war für mich ganz neu und gibt mir sehr viel Energie."

Sabine Strauchmann (li.) und Monika Bulla-Müller (re.) macht der Tanzkurs viel Spaß. Sie hoffen darauf, dass er auch nach dem Kulturhauptstadtjahr 2025 weiter angeboten wird. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Lange Warteliste für Tanzworkshop

Organisiert wird das Projekt von Alexandra Takats und Michal Sandor im Rahmen des Generationenprogramms der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025. "Wir haben festgestellt, dass die älteren Menschen viele Ideen für die Kulturhauptstadt haben, aber erwarten, dass diese dann jemand für sie umsetzt", erzählt Takas. Deswegen haben sie insgesamt drei Tanzgruppen organisiert, in denen aktuell rund 90 Seniorinnen und Senioren aktiv sind. Und der Erfolg gibt ihnen Recht: Inzwischen gibt es laut Takats eine lange Warteliste.

Michal Sandor und Alexandra Takats von der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 GmbH haben sich das Projekt "Tanzende Nachbarn" ausgedacht. Während Sandor für die inhaltliche Ausrichtung verantwortlich ist, kümmert sich Takats um alles Organisatorische. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Organisator: Kurs hilft gegen Einsamkeit

"Chemnitz ist eine sehr alte Stadt", sagt Sandor. "Die Älteren fühlen sich durch den Tanzworkshop wertgeschätzt und wahrgenommen." Dazu trage neben einem Ort und Zeit auch bei, dass die Kurse ausschließlich von Profitänzern und Choreografen gegeben werden. Die Teilnehmer brauchen allerdings keine Vorkenntnisse. "Für die meisten ist dieser zeitgenössische Tanz auch eine ganz neue Erfahrung", so Sandor. Der wöchentliche Kurs bringe Menschen zusammen und helfe neben gesundheitlichen und kreativen Aspekten auch gegen Einsamkeit.

Die Choreografie, die die Teilnehmenden beim Intensivworkshop lernen und im wöchtenlichen Kurs weiter festigen, soll dann bei der Eröffnungsveranstaltung der Kulturhauptstadt Anfang kommenden Jahres aufgeführt werden. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Tanzen beginnt im Kopf

Der fünftägige Intensivworkshop mit den japanischen Gastchoreografinnen verlangt Gerd Schumann einiges ab. "Das Tanzen geht nicht mit den Füßen los, sondern im Kopf", sagt er. Das habe er im Workshop gelernt. "Und so eine Choreografie ist auch ganz was Anderes als Gesellschaftstanz." Der Höhepunkt des Tanzkurses soll dann ein Auftritt beim Eröffnungsprogramm der Kulturhauptstadt am 18. Januar 2025 sein.

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MDR (ali)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 09. September 2024 | 10:30 Uhr