"Kein Schlussstrich!" Theaterleute arbeiten NSU-Komplex und Neonazi-Terror auf
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"Kein Schlussstrich!": Das ist Ansage und Programm zugleich für 15 Theater in ganz Deutschland. Sie befassen sich vom 21. Oktober bis zum 7. November mit dem Terror des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) und planen unter anderem Theateraufführungen, Konzerte, Diskussionen, Ausstellungen, Workshops und weitere Veranstaltungen. Auch die Theater in Chemnitz und Zwickau sind dabei.

Die Theater Chemnitz beteiligen sich am bundesweiten Theaterprojekt "Kein Schlussstrich!" zur Aufarbeitung des NSU-Komplexes mit drei Theaterinszenierungen und einem umfassenden Rahmenprogramm. Dabei sollen die Opfer der Neonazis und ihre Lebenswelten im Mittelpunkt stehen.
Das Figurentheater geht dabei neue Wege und bringt ab dem 6. November neben Puppen auch Darstellerinnen auf die Bühne. "Es ist ein Stück von, mit und über ehemalige Vertragsarbeiterinnen", sagt Gundula Hoffmann, Direktorin des Figurentheaters Chemnitz. Rund eineinhalb Jahre lang habe man sich gemeinsam mit dem Verein ASA-FF mit der Geschichte der Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter in der Region auseinandergesetzt. Aus einer intensiven Recherche und vielen Interviews entstand das Stück "So glücklich, dass du Angst bekommst".
Uns war es wichtig, dass das Stück nicht nur aus unserer weißen Perspektive entsteht, sondern dass auch Menschen, die nach Deutschland kamen, involviert sind.
Drei der ehemaligen Vertragsarbeiterinnen aus Vietnam stehen gemeinsam mit Puppen, die nach Fotos ihrer Jugend gestaltet sind, und den Puppenspielerinnen auf der Bühne. Das Stück wird zweisprachig in Deutsch und Vietnamnesisch aufgeführt, wobei die jeweils andere Sprache untertitelt wird.
App zur Vertragsarbeit in Chemnitz soll entstehen
"Auf der Bühne werden drei Geschichten erzählt, aber es gibt noch viel mehr zu erzählen", sagt Frauke Wetzel, Programmleiterin von "neue unentd_ckte narrative" (Schreibweise laut Verein) des ASA-FF. "Wir wollen diese über den Bühnenraum hinaus erzählen." Dazu soll in den nächsten Monaten eine App entstehen, die Geschichten der Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter aufgreift und gleichzeitig spielerisch Wissen über die Vertragsarbeit vermittelt.
Ausstellung im Theaterfoyer
Eine Wanderausstellung mit dem Titel "Offener Prozess" ist seit 29. September in der Neuen Sächsischen Galerie in Chemnitz zu sehen. Eine "Satellitenausstellung" wird ab dem 21. Oktober mit acht Ausstellungsstücken seinen Platz im Foyer des Chemnitzer Schauspielhauses finden. "Damit werden andere Zuschauer geradezu über die Ausstellung und das Thema stolpern", erwartet René Schmidt, Dramaturg am Schauspielhaus Chemnitz.
Forderung nach Gedenkort in Chemnitz
Teil des Rahmenprogramms ist am 7. November eine Diskussionsrunde, bei der über einen NSU-Gedenkort in Chemnitz debattiert werden soll. Chemnitz sei neben Köln die einzige Stadt mit direktem NSU-Bezug, die noch keinen Gedenkort für die Opfer habe. Sowohl der Verein ASA-FF als auch Hoffmann und Schmidt sprachen sich für einen solchen Ort aus. "Wir haben die Chance aus den bisherigen Erfahrungen der anderen Gedenkorte zu lernen", sagt Hannah Zimmermann vom ASA-FF. "Wir können die Angehörigen von Anfang an in den Prozess mit einbeziehen." Einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung des NSU-Komplex soll aber weder der Gedenkort noch das Theaterprojekt sein.
Quelle: MDR/al
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 14. Oktober 2021 | 16:30 Uhr