Eine Wissenschaftlerin nimmt eine Probe
Wie wird aus Forschung ein Produkt? Bildrechte: IMAGO/ITAR-TASS

Transfer-Forum Chemnitz Wissenschaftler suchen Wege, an ihrer Forschung zu verdienen

23. November 2022, 05:00 Uhr

Der Staat investiert Milliarden in die Wissenschaft und am Ende soll dabei etwas für die Allgemeinheit herauskommen. Aber wie wird aus genialer Forschung ein reales Produkt? Damit beschäftigt sich diese Woche das Transfer-Forum in Chemnitz.

Manchmal kann auch ein Haifisch ein Vorbild sein. Genauer gesagt: seine Haut. Sie ist perfekt angepasst, um durchs Meer zu gleiten. Solche perfekten Oberflächen will auch der Dresdner Tim Kunze schaffen. Der Physiker forscht schon lange an Lasern, die Oberflächen optimieren, sie glätten, wasserabweisend oder benetzbar machen. Vor zwei Jahren entschied Kunze, diese Laserforschung in ein Geschäftsmodell zu überführen.

Kunze gründete mit drei Partnern die Firma Fusion Bionic: "Weil wir der Überzeugung waren, dass wir damit viele Produkte und Prozesse revolutionieren können. Einer der Aufhänger war damals unsere Kooperation im Rahmen eines EU-Projektes mit Airbus." Man habe zeigen können, wie Eis durch die Laser-Technologie auf einem Flügelprofil weniger angehaftet habe, "dass das allein wieder abfällt und man viel weniger Energie braucht, um das zu enteisen".

Helmholtz-Zentrum will Forschung stärker in die Praxis bringen

Fusion Bionic ist ein Beispiel dafür, wie Forschung in die Praxis überführt wurde. Fachleute sprechen vom Forschungstransfer. Der gelinge in Sachsen gut, sagt Björn Wolf vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Zumindest, wenn man den Freistaat mit anderen Bundesländern vergleiche.

Im internationalen Maßstab sei aber noch Luft nach oben. "Wir investieren generell in Europa relativ viel Geld in Forschung, kreieren Patente". Trotzdem gelinge es nicht – wie den USA oder China – das Wissen stärker in Anwendung zu bringen. "Das ist ein generelles Problem, das wir in Europa haben, nicht nur in Sachsen."

Firma "FutureSax" unterstützt Forscherteams

Eine Ursache: Nicht jeder Wissenschaftler ist automatisch auch ein Geschäftsmann. Oft müssen Forscher mit Managern und Geldgebern zusammengebracht werden. In Sachsen unterstützt sie dabei die vom Wirtschaftsministerium getragene Firma FutureSax. Sie verantwortet auch die sogenannte Validierungsförderung. Diese sucht in der Wissenschaft nach Verwertungspotenzial.

Zuletzt habe man aus 142 Projektskizzen 28 für eine weitere Zusammenarbeit ausgewählt, erzählt Geschäftsführerin Marina Heimann: "Das Programm zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Forscherteams während der Förderphase ideell begleitet werden, nämlich durch FutureSax, also durch uns, damit man schneller in die Umsetzung kommt. Und ich darf an der Stelle verraten: Diese Validierungsförderung ist dem Wirtschaftsministerium ein ganz wichtiges Anliegen und ich bin sehr sicher, dass es hier auch eine Fortsetzung geben wird."

Langer Weg vom Patent zum Produkt

Doch nicht jedem reicht das. André Hofmann vertritt im Verband Biosaxony die Interessen der Biotechnologie. Er sagt, bis in dieser Branche aus einem Patent ein erprobtes Produkt geworden sei, vergingen Jahre. Doch für diesen langen Weg gebe es kaum maßgeschneiderte Unterstützung. Er wünsche sich da mehr zielgerichtete Programme des Freistaates. "Und da rede ich jetzt nicht nur über Geld, sondern über gezielte Unterstützungsprogramme, die helfen, bestimmte Abschnitte wie die grundlegende Finanzierung des Unternehmens, die Zertifizierung und Zulassung von Produkten oder die Erstattungsfähigkeit der Produkte im Gesundheitsmarkt zu begleiten." Da gebe es noch Defizite.

Tim Kunze hat den weiten Weg von der Forschung in die Praxis weitgehend hinter sich. Seine Laserfirma Fusion Bionic beschäftigt sieben Mitarbeiter und sucht gerade vier weitere. Sie sollen helfen, die Technologie zu vermarkten, die Oberflächen so wasserabweisend machen kann wie Lotusblätter – oder so geschmeidig und doch rau wie die Haut von einem Hai.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. November 2022 | 06:00 Uhr

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