Energiekrise Nur wenige Eisbahnen öffnen im Erzgebirge und Vogtland

08. Oktober 2022, 08:20 Uhr

Im Erzgebirge ist es Tradition, dass man in Städten wie Annaberg-Buchholz oder Marienberg im Winter auf dem Markt Schlittschuhlaufen kann. Nach den coronabdingten Absagen in den vergangen beiden Jahren wird vielerorts auch in diesem Jahr das Eislaufvergnügen ausfallen. Die Energie für die Kühlung ist einfach zu teuer.

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In vielen Orten des Erzgebirges wird es in diesem Jahr kein Schlittschuhvergnügen für Kinder, Jugendliche und Familien geben. Grund sind die gestiegenen Energiepreise. Einige Organisatoren sind noch unsicher, ob sich das Freizeitvergnügen bezahlen lässt, andere haben schon vorgesorgt und Geld gesammelt.

Andreas Engert, der mit seinem Unternehmen Eisbahnen in Annaberg-Buchholz, Marienberg und Olbernhau betreibt, wird die Anlagen in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge nicht aufbauen. Nach den beiden Corona-Pausen 2020 und 2021 wären jetzt die Stromkosten einfach zu hoch. Auch die Sponsoren könnten ihren Beitrag nicht leisten, sagt Engert. "Da geht es einem nicht gut damit. Aber ich verstehe, dass so ein stromintensives Unternehmen wie wir unter diesen Umständen nicht arbeiten kann."

Stromkosten teilweise verzehnfacht

Unter den aktuellen Umständen hätten sich die Stromkosten für den Betrieb der Eisbahnen teilweise verzehnfacht, sagt Engert. "Die Stadt Annaberg-Buchholz hat die Stromkosten hochgerechnet. Statt bisher 20.000 Euro müssten nun 200.000 Euro bezahlt werden. Das lässt sich einfach nicht bezahlen." Engert wünscht sich mehr Unterstützung von der Politik. "Eine Strom- oder Gaspreisbremse würde solchen Unternehmen wie meinem natürlich enorm helfen."

Seine Mitarbeiter schickt Engert in die alten Bundesländer - zum Aufbauen von Eisbahnen. "Im Westen sieht das anders aus. Dort haben die Kommunen scheinbar noch das Geld dazu", sagt er. "Wir fahren zum Beispiel nach Düsseldorf und bauen dort Eisbahnen auf." Moralisch sei das für ihn schon verwerflich. Aber er sei froh, dass er für seine Leute Arbeit habe. Auf die Frage, was fehlen werde im Erzgebirge, hat Engert eine lakonische Antwort: "Es werden 580 Quadratmeter reinste Freude fehlen."

Es werden 580 Quadratmeter reinste Freude fehlen.

Andreas Engert Eisbahn-Betreiber aus Annaberg-Buchholz

Oberwiesenthal zwischen Hoffen und Bangen

In Oberwiesenthal ist sich René Lötzsch von der Fichtelbergschwebebahn, die auch die Eisbahn der Stadt betreibt, noch nicht sicher. Er würde die Bahn in diesem Jahr lieber nicht aufbauen, doch er verhandelt noch mit den Energieanbietern. "Die Eisbahn ist natürlich nur für die Touristen." Dort, wo Vereine und Sportgruppen mit ihrer Nachwuchsförderung im Hintergrund stünden, sehe er ein, dass derartige Anlagen betrieben werden. "Das sollte natürlich nicht heißen, dass wir den Gästen der Stadt nichts anbieten wollen. Wir müssen abwägen, was können wir uns dieses Jahr leisten und was nicht."

einsamer Eisläufer auf der Eisbahn
2019 sah das Bild in Oberwiesenthal trüb aus. Damals sorgten hohe Temperatren für ein Ausbleiben der Wintersportler. 2022 steht das Eisvergnügen noch in den Sternen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wir müssen abwägen, was können wir uns dieses Jahr leisten und was nicht.

René Lötzsch von der Fichtelbergschwebebahn

Sollte es einen akzeptablen Strompreis geben, würde Lötzsch vielleicht zwischen Weihnachten und Silvester die Eisbahn betreiben. Falls der Winter kalt genug werde, könne er sich auch vorstellen, eine Natureisbahn einzurichten.

Freiberg plant Eisvergnügen

In Freiberg wird die Eisbahn im Hof des Schlosses Freudenstein am 16. November eröffnet, sagt Annett Geppert. Sie ist für das Marketing der GSM Gastro-Service-Mittelsachsen GmbH zuständig, die jährlich die Freiberger Eisbahn betreibt. "Natürlich gehen auch an uns die gestiegenen Energiekosten nicht spurlos vorüber", sagte Geppert. "Wir mussten darauf reagieren."

Die Eisbahn werde deshalb nicht, wie ursprünglich geplant, bis zum 26. Februar 2023 in Betrieb bleiben, sondern nur bis zum 2. Januar. "Außerdem haben uns Partner und Sponsoren unter die Arme gegriffen, ohne die der Betrieb der Eisbahn gar nicht möglich wäre", ergänzt die Marketingchefin.

Oelsnitz im Vogtland

Die Stadtwerke Oelsnitz haben per Aufsichtsratsbeschluss die Eröffnung der Eisbahn im Oelsnitzer Freibad Elstergarten am 18. November 2022 festgelegt - unter Ausnutzung vieler Einsparmöglichkeiten. Die beginnen schon mit der Verkürzung der Öffnungszeiten und der Beleuchtung mit LED-Lampen, sagt der Technische Leiter Markus Hausmann. "Außerdem haben wir dort eine Photovoltaik-Anlage installiert, die den meisten Strom für die Eisbahn liefert."

Zudem sei man sich bei den Stadtwerken darüber einig, dass man nicht nur die Eisbahn für sich allein betrachten dürfe, sagt Hausmann. "Man muss das ganzheitlich betrachten. Sollten wir an dieser Stelle mehr Strom verbrauchen, so haben wir an anderen Stellen in unserem Netz dafür Strom gespart." Gleichzeitig erinnert Hausmann emotional daran, dass gerade Kinder schon wegen Corona sehr viele Einschränkungen gehabt hätten. "Das wollten wir nicht unter anderen Vorzeichen fortführen."

MDR (tfr/al)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem studio Chemnitz | 05. Oktober 2022 | 16:30 Uhr

4 Kommentare

ElBuffo am 09.10.2022

Ja, an der fehlenden Eisbahnen werden ganze Bevölkerungsschichten zu Grunde gehen. Mir ist gerade nicht klar, wie hier Tradition definiert wird. Daher mal die Frage, ob dort vor 50 Jahren auch schon mit enormen Energieaufwand Eisbahnen unterhalten wurden oder ob das damals traditionell das lokale Wetter übernommen hatte.

Haller am 08.10.2022

Würden Strom Generatoren durch Tretmühlen, wie es diese im Brixton Gefängnis geben, wäre die Energie zu 100% ökologisch und Klimaneutral sowie CO2frei produziert.

Moewe1 am 08.10.2022

Das Thema ist einen Beitrag nicht wert. Es wird nur vom eigentlichen Problem abgelenkt. Unsere Regierung bekommt die Wucherei am Energiemarkt nicht geregelt. Hier wird der Absturz ganzer Bevölkerungsschichten in die Armut aus ideologischen Gründen in Kauf genommen. Grüne , die Jahrzehnte die Bundeswehr abschaffen wollten, schreien jetzt nach Waffen und Krieg. Wo ist die grüne Basis? Alles Wahnsinn!

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