InsolvenzNach 160 Jahren: Letzter Tag im Krankenhaus Reichenbach
Am Freitag im vogtländischen Reichenbach das Krankenhaus geschlossen worden. Damit fallen nicht nur 320 Jobs weg, es gibt auch Sorge um die künftige medizinische Grundversorgung in der Region. Bei den Betroffenen bleibt das Gefühl von Frust, Angst und Ohnmacht.
- Die Einwohner Reichenbachs sind fassungslos über die Klinikschließung am Ort.
- Der Oberbürgermeister ist der Ansicht, dass die medizinische Versorgung nicht in private Hand gehört.
- Bisher gibt es laut Landtagsabgeordnetem Stefan Hösl (CDU) keine gesetzliche Fördergrundlage für derartige Fälle.
Viele Einwohner aus dem vogtländischen Reichenbach können es nicht fassen, dass am Freitag die Lichter im Krankenhaus Reichenbach endgültig ausgegangen sind. Bei einer Umfrage zur Klinikschließung stieß MDR SACHSEN auf ernste Mienen, Kopfschütteln und Resignation. Die Reaktionen reichten von "Ein ganz trauriger Tag!", über "…ich kann es nicht begreifen…", bis zu "…Sauerei! Für andere haben sie das Geld, aber für so etwas haben sie keins…".
Klinikpersonal schweigt
Vom Klinikpersonal war am Freitag keine Aussage zur endgültigen Schließung zu bekommen. Doch bei einer Mahnwache am Krankenhaus im Februar zeichnete die langjährige Ärztin Jana Liskowski für diesen Fall ein düsteres Bild. "Weil es auch unsere Eltern, Schwiegereltern und unsere Kinder sind, die vielleicht irgendwann einmal krank werden oder einen Unfall haben. Und dann wird eben kein Notarzt sofort zur Stelle sein." Sie hoffe, dass in Reichenbach die Gesundheitsversorgung in irgendeiner Form erhalten bleibe. "Das ist es, was die Bürger brauchen."
Dann wird eben kein Notarzt sofort zur Stelle sein.
Jana Liskowski | Ärztin
OB Kürzinger: Gesundheitswesen gehört in die öffentliche Hand
Ein Konzept für ein ambulantes Gesundheitszentrum in kommunaler Trägerschaft gibt es inzwischen – Stadt und Landkreis wollen sich dafür zusammentun, brauchen aber Hilfe, sagt Reichenbachs Oberbürgermeister Raphael Kürzinger (CDU). "Aus meiner Sicht gehört das Gesundheitswesen in die öffentliche Hand. Das Gesundheitszentrum auf den Weg zu bringen kann nur funktionieren, wenn wir die Finanzierung durch den Freistaat gewährleitet bekommen Bisher gibt es dafür keine Zusage."
Aus meiner Sicht gehört das Gesundheitswesen in die öffentliche Hand.
Raphael Kürzinger | Oberbürgermeister Reichenbach
Fehlende gesetzliche Grundlage für Klinik-Förderung
Es fehle unter anderem die gesetzliche Grundlage für eine Förderung, erklärt der Reichenbacher CDU-Landtagsabgeordnete Stefan Hösl. Er sieht deshalb auch andere in der Pflicht. "Der Freistaat ist verpflichtet, verantwortungsvoll mit Steuergeldern umzugehen." Trotzdem müsse gehandelt werden. Zum Beispiel solle die gesundheitliche ärztliche Versorgung in Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung liegen.
Der Linken-Politiker Henry Ruß, der ab Mai das Oberbürgermeisteramt in Reichenbach innehat, mahnt, dass den Reichenbachern die Zeit davonlaufe. "Wenn man ohne Geld vom Land das Ganze stemmen muss, macht es das natürlich schwieriger." Er werde dann nach der Tippel-Tappel-Tour vorgehen und viele Gespräche führen. "Ich will aber dazu keine Versprechungen machen", sagt er abschließend.
Ein Krankenhaus wird es in Zukunft in Reichenbach nicht mehr geben. Der einzige Lichtblick aus der Sicht der Reichenbacher ist im Moment, dass das Medizinische Versorgungszentrum am Klinik-Standort vorerst geöffnet bleibt.
MDR (tfr/bsc)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 31. März 2023 | 16:30 Uhr