Seniorin telefoniert mit ihrend Händen und Fingern und ihrem Telefon.
Menschen im Vogtland bekommen derzeit Anrufe von Anbietern, die mit günstigen Abschlägen locken - doch Vorsicht, dahinter könnten sich Mogelpackungen verbergen. Bildrechte: IMAGO/Eibner

Unlauterer Wettbewerb Vogtländer bekommen dubiose Angebote für Energieverträge

18. Oktober 2022, 19:46 Uhr

Mit geringen Abschlagszahlungen versuchen Anbieter von Strom und Gas derzeit Menschen aus dem Vogtland in neue Verträge zu locken. Laut der Verbraucherzentrale Sachsen erweisen diese sich beim genauen Hinschauen als Mogelpackungen. Misstrauen und Vorsicht sind angebracht.

  • Neue Verträge verursachen oft ein Vielfaches der bisherigen Kosten pro Energieeinheit.
  • Polizei sieht sich nicht zuständig, da sich die Anrufer innerhalb des Gesetzes bewegen.
  • Verbraucherzentrale rät zu Vorsicht im Umgang mit Daten wie Zählerständen und Kundennummern.
  • Die Anrufe sind vermutlich keine Einzelfälle, sondern eine Masche, die Schule machen könnte.

Steigende Strom- und Gaspreise bringen gerade viele Haushalte ins Schwitzen, vor allem stark erhöhte Abschlagszahlungen gehen merklich ins Geld. Verständlich, dass sich die Verbraucher ins Sachsen offen für Alternativen zeigen. Die haben es aber in sich, wie sieben Fälle im Vogtland zeigen. Heike Teubner von der Verbraucherzentrale im vogtländischen Auerbach erzählt, dass sich in den vergangenen Wochen gleich mehrere Menschen an ihre Einrichtung gewandt haben.

Unseriöse Telefonmasche

Sie alle erhielten überraschende Anrufe, bei denen Personen am Telefon nach ihren aktuellen Abschlägen für Strom und Gas fragten. "Die Leute geben den Abschlag an, der vor allem beim Gas derzeit sehr hoch ist. Und der überraschende Anrufer sagt dann: Bei uns zahlen sie bloß 60 oder 80 Euro. Die Freude bei dem Angerufenen ist dann groß, denn es gibt hier ja teilweise Abschläge schon zwischen 800 bis 1500 Euro im Monat“, sagt Heike Teubner.

Aus ihrer Erfahrung lassen sich die Angerufenen dann ein Angebot schicken. Wenn dieses eintrifft, kommt das böse Erwachen. Denn die Abschläge sind zwar wie versprochen gering, nicht aber der tatsächliche Gas- oder Strompreis. "Ein Betroffener hat bisher 28 Cent gezahlt, das Angebot kam pro Kilowattstunde Strom sage und schreibe auf 1,32 Euro", sagt Heike Teubner. Im beschriebenen Fall sei der Betroffene gleich in die Verbraucherzentrale gekommen, gemeinsam wurde der Vertrag widerrufen.

Rückkehr in alte Verträge oft nicht möglich

Vorbei war die Geschichte damit jedoch nicht. Der Betroffene hatte dem Anrufer nämlich seinen Zählerstand am Telefon genannt und dieser meldete ihn mit der Information beim bisherigen Stromanbieter ab. Als der Betroffene nun seinen alten, kostengünstigeren Vertrag zu den damaligen Konditionen wieder aufnehmen wollte, lehnte der Anbieter ab.

Wir raten auf jeden Fall dazu, keine Vertragsinterna herauszugeben, keine Zählernummer, keine Kundennummer meines bisherigen Anbieters.

Heike Teubner Verbraucherzentrale Auerbach

Die Verbraucherzentrale Auerbach hat nun ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle Energie eingeleitet, das Ende des Prozesses steht noch aus. Um derlei künftig zu vermeiden, hat Heike Teubner einen Rat für Verbraucher: "Wir raten auf jeden Fall dazu, keine Vertragsinterna herauszugeben, keine Zählernummer, keine Kundennummer meines bisherigen Anbieters. Aus dem Grund, weil der Wechsel des Energie-Anbieters sehr einfach geht, nämlich mit der Kenntnis dieser beiden oder eines dieser Daten."

Masche oder Betrug? Polizei nicht zuständig

Als Betrugsmasche möchte die Expertin die Manöver der Anrufer nicht bezeichnen. “Man kann es durchaus als unlauteren Wettbewerb einordnen, als untergeschobenen Vertrag. Das trifft die Sache vielleicht am besten“, sagt sie.

Schließlich erfahren Kunden am Telefon nur unzureichend, wer ihre tatsächlichen Vertragspartner sind und auch die Preisauskunft ist nicht eindeutig. Auch sei schwierig, dass die Altverträge der Kunden ohne deren Wissen gekündigt und statt der vereinbarten Angebote gleich Willkommensschreiben geschickt werden.

Man kann es durchaus als unlauteren Wettbewerb einordnen, als untergeschobenen Vertrag. Das trifft die Sache vielleicht am besten.

Heike Teubner Leiterin Verbraucherzentrale Auerbach

Übrigens: Selbst wenn ein Vertrag per Telefon abgeschlossen wurde, gibt es eine Rückzugsmöglichkeit. “Der Kunde hat auch für solche Telefonverträge 14 Tage Widerrufsrecht“, so Teubner.

Der Polizeidirektion Zwickau war die Masche noch nicht bekannt, es habe dahingehend auch keine Anzeigen gegeben, heißt es auf Anfrage von MDR SACHSEN. Für Heike Teubner ist der Umstand nicht verwunderlich. "Die Polizei kümmert sich um Straftaten. Für eine Straftat reicht es hier sicher nicht aus. Wir sind aber mehr vor Ort, um die Verbraucher zu sensibilisieren, ihre Kritikfähigkeit zu stärken“, sagt sie.

Wie Verbraucher auf solche Anrufe reagieren können

"Die Preise sind derzeit ganz einfach hoch und hier so ein Schnäppchen zu schlagen, das ist ganz einfach unglaubwürdig“, sagt Heike Teubner – daher rät sie allen Verbrauchenden zu mehr Achtsamkeit im Umgang mit Anrufen. Lieber sollen sie schriftliche Angebote einfordern.

Die Leiterin der Auerbacher Verbraucherzentrale glaubt, dass die Vorkommnisse im Vogtland durchaus Schule machen könnten. "Diese Masche verbreitet sich jetzt tatsächlich. Wahrscheinlich werden die anderen Anbietern nun aufmerksam und wollen natürlich von dem teuren Kuchen, den wir derzeit im Energiebereich haben, partizipieren“, sagt sie.

Unwahrscheinlich also, dass die Masche nur bei den Menschen im Vogtland angewendet wird, vielmehr sollte überregionale Wachsamkeit bestehen. Auch die Verbraucherzentrale in Sachsen-Anhalt warnt vor ähnlichen Fällen.

MDR (sho)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport Chemnitz | 18. Oktober 2022 | 08:30 Uhr

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