Landratswahl Sachsen Zehn Stimmen machen Landratsposten in Zwickau aus

04. Juli 2022, 18:27 Uhr

Jede Stimme zählt, darauf wird vor Wahlen oft hingewiesen. Wie entscheidend jeder einzelne Gang ins Wahllokal sein kann, zeigte sich im Landkreis Zwickau bei der Landratswahl. Die Kandidatin Dorothee Obst und ihren Kontrahenten Carsten Michaelis trennen nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen schließlich exakt zehn Stimmen.

Beinahe hätte das Los entschieden

"Was für ein Wahlabend! Danke!" schrieb Carsten Michaelis am Sonntagabend erleichtert auf Instagram. Er blicke mit "großer Dankbarkeit und großer Demut" auf das Ergebnis. "Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind enorm. Gemeinsam werde ich mit allen Akteuren für einen modernen Landkreis arbeiten und dabei stets das Ohr nah an den Menschen vor Ort haben." Der CDU-Politiker hat die Landratswahl im Kreis Zwickau für sich entschieden. Dabei ist beim Blick auf das Balkendiagramm zwischen Michaelis und seiner stärksten Konkurrentin Dorothee Obst kein Unterschied zu erkennen. Beide Kandidaten erzielten 35,9 Prozent der Wählerstimmen.

Erst die zweite Stelle hinter dem Komma stellte den Gewinner heraus: Carsten Michaelis liegt laut vorläufigem Endergebnis mit 0,2 Prozentpunkten und gerade einmal zehn Stimmen vor Dorothee Obst von den Freien Wählern. Für Michaelis stimmten 26.679 Wahlbrechtigte, für Obst 26.669. Bei gleicher Stimmenzahl hätte das Los entschieden. Neben Obst und Michaelis hatten sich noch drei weitere Kandidaten aufstellen lassen, die weit weniger Stimmen erhielten. Andreas Gerold von der AfD erzielte 19,1 Prozent der Stimmen, Jens Jaruschka von der SPD 7,2 Prozent und Jens Haustein (Die Basis) erlangte 1,8 Prozent. Der bisherige Landrat Christoph Scheurer (CDU) war aus Altersgründen nicht erneut angetreten. Mit 31 Jahren im Amt ist er der dienstälteste Landrat Sachsens.

Obst: Endgültiges Ergebnis abwarten

Doch der Wahlkrimi ist noch nicht vorbei. Das Ergebnis sei vorläufig, betonte eine Sprecherin des Landratsamtes am Montag. Zunächst würden nun die Wahlniederschriften von der Kommunalaufsicht geprüft, bevor im Laufe der Woche der Kreiswahlausschuss zusammentrete, um das endgültige Ergebnis festzustellen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sich bei der Wahlprüfung noch Stimmänderungen ergäben - etwa dass ungültige Stimmen doch gewertet werden, hieß es.

Aus dem Sieger könnte also noch eine Siegerin werden. Dorothee Obst will zunächst die Feststellung des Wahlergebnisses am Mittwoch abwarten, wie sie auf Anfrage MDR SACHSEN mitteilte. "Ich freue mich aber dennoch sehr, dass wir so gut abgeschnitten haben", erklärt die Zweiplatzierte. Unregelmäßigkeiten bei der Wahl sehe sie nicht.

Carsten Michaelis

Carsten Michaelis war zehn Jahre lang hauptamtlicher Bürgermeister in Jahnsdorf. Seit 2016 ist er Beigeordneter im Landkreis Zwickau und Vize-Landrat. Der Jurist wurde 1973 in Halle geboren und lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Zwickau. Er ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Rettungszweckverbandes Südwestsachsen. Der CDU-Kreisverband hatte ihn mit 99,02 Prozent zum Landratskandidaten gekürt.

Dorothee Obst

Dorothee Obst ist die einzige Frau unter den Bewerbern für die Landratswahl in Zwickau. Die 51-Jährige hat als Bürgermeisterin in Kirchberg viel bewegt, die Stadt zu einer familiengerechten Kommune gemacht. Dorothee Obst bekleidet viele Ehrenämter, unter anderem ist sie Trainerin von zwei Kindertanzgruppen. Die studierte Betriebswirtin sitzt außerdem in zahlreichen Aufsichtsräten. Sie wurde 1970 in Zwickau geboren, ist verheiratet und hat eine Tochter.

Einen Wechsel ins Landratsamt etwa als Beigeordnete schloss Obst aus. "Ich bleibe Bürgermeisterin, das bin ich mit Leib und Seele." Aus ihrer Sicht sei die geringe Wahlbeteiligung das Zünglein an der Waage gewesen. Nach dem knappen Rennen seien jedoch die Freien Wähler gestärkt für die kommenden Kommunalwahlen, betonte Obst.

Ich bleibe Bürgermeisterin, das bin ich mit Leib und Seele.

Dorothee Obst Landratskandidatin und Bürgermeisterin von Kirchberg

Sachsenweit niedrige Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung im Landkreis Zwickau war mit 28,9 Prozent sachsenweit am geringsten. Die meisten Menschen gingen im Landkreis Görlitz wählen und auch hier war Wahlbeteiligung mit 39,8 Prozent schwach. Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht eine gewisse Ermüdungserscheinung bei den Wählern. "Dann kommt natürlich hinzu, dass das Wetter sehr schön war, sodass manche vielleicht geglaubt haben, dass es auf sie nicht mehr ankommt", so Vorländer. "Aber es ist ja auf jeden angekommen, wie man beispielsweise im Landkreis Zwickau sieht."

Die noch niedrigere Wahlbeteiligung als im ersten Wahlgang mit insgesamt unter 40 Prozent ist erschreckend und ein Stich ins Herz der Demokratie.

Marie Müser Landesvorsitzende der Grünen

Die sächsischen Grünen nannten die Wahlbeteiligung mit insgesamt unter 40 Prozent erschreckend und einen Stich ins Herz der Demokratie. "Denn klar ist: Kommunalpolitik ist die Keimzelle unserer Demokratie", sagte die Landesvorsitzende Marie Müser am Montag in Dresden. Für die frisch gewählten Landräte ebenso wie alle Demokraten bestehe der zentrale Auftrag darin, die Bürgerschaft in die tägliche Politik besser einzubeziehen und mehr Lust aufs Mitmachen zu wecken.

MDR (ma)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 04. Juli 2022 | 07:30 Uhr

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