Ausstellung in DresdenFrauen in der Kunst: Albertinum holt Schätze von Künstlerinnen aus dem Depot
Das Albertinum Dresden präsentiert in der Ausstellung "Moderne Frauen" bis zum 9. März 2025 Werke wichtiger Künstlerinnen aus der Zeit um 1900. Die Gemälde, Grafiken und Skulpturen befanden sich bislang im Depot der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Viele der Künstlerinnen werden erstmals ausgestellt und nun den Werken männlicher Zeitgenossen gegenübergestellt. Jedoch besteht noch viel Nachholbedarf in Bezug auf die Kunst von Frauen im Museum, findet die Museumsdirektorin.
- In den Beständen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden stammen 10 Prozent der Werke von Frauen.
- Im Albertinum Dresden werden "Moderne Frauen" aus dem Depot nun in einer Ausstellung präsentiert.
- Zu den heute noch bekannten Künstlerinnen zählt die Dresdner Malerin Paula Modersohn-Becker.
Das Albertinum Dresden rückt in einer neuen Ausstellung unter dem Titel "Moderne Frauen" Künstlerinnen aus der Zeit um 1900 in den Fokus. Wie das Museum mitteilte, werden bis März 2025 zwanzig Werke des Fin de Siècle gezeigt, die im Rahmen von Forschungen in den Beständen der Staatlichen Kunstsammlungen wiederentdeckt worden sind.
Es geht in der Ausstellung darum, Künstlerinnen zu zeigen, die aufbrechen wollen.
Kurator Andreas Dehmer über "Moderne Frauen"
Kurator Andreas Dehmer erklärte bei MDR KULTUR, dass man bei der Suche nach Werken weiblicher Künstlerinnen in den Depots vor allem im Bereich der Grafik fündig geworden sei, weniger bei Gemälden und Plastiken.
Kaum Malerinnen in Dresdner Kunstsammlungen
Museumsdirektorin Hilke Wagner ergänzte, dass man für die Ausstellung durch Leihgaben aus dem Kupferstichkabinett unterstützt worden sei, da es im Albertinum keine Gemälde von Künstlerinnen aus dem 19. Jahrhundert gebe. Sie beklage diese Bestandssituation in puncto Künstlerinnen. Es sei ein "unhaltbarer Zustand", dass Werke von Frauen nur 10 Prozent des Gesamtbestands ausmachten. Daran wolle man nun ansetzen, sagte die Direktorin MDR KULTUR.
Selbstbewusste Dresdner Künstlerinnen um 1900
Als eine der Entdeckungen der neuen Kabinettschau im Albertinum gilt Hildegard von Mach, Gründungsmitglied der "Gruppe Dresdner Künstlerinnen". Von ihr wird ein Plakat aus dem Jahr 1907 ausgestellt, auf dem eine Frau oben ohne auf einem Buch knieend für "Carl Tittmanns Buchhandlung" in Dresden wirbt.
Machs Plakat zeigt laut Kurator Andreas Dehmer eine selbstbewusste Frau, "die weiß, wer sie ist und weiß, wo sie hin will. Darum geht es auch in der Ausstellung: Künstlerinnen zu zeigen, die aufbrechen wollen."
Kunst, Grafik und Design des Fin de Siècle
In den zwei Ausstellungsräumen, einer als grafisches Kabinett inszeniert, lernt das Publikum auch den originellen Zeichenstil der deutsch-ungarischen Grafikerin Mathilde Ade kennen, die um 1900 für humoristische Zeitschriften die "Erziehung des Kindes zu Kunst" oder auch die Frau inmitten ihrer "modernen" Jugendstil-Küche ironisch aufs Korn nahm.
Auch eine religiös-dramatische Szene um die Jungfrau Maria mit Feder und Pinsel von Cornelia Paczka-Wagner zeigt die Schau, der bereits zur Jahrhundertwende eine Kritikerin "die langsame Erkenntnis der suchenden, eingeengten Frauenseele" bescheinigte. Paczka-Wagner war Kollegin und Modell von Max Klinger, ihr Bildaufbau orientiert sich an seinen Großformaten.
Ausstellung im Albertinum lädt zu Entdeckungen ein
Eine rothaarig-blauäugige "Waldhexe" der westpreußischen Malerin Julie Wolfthorn aus Thorn, ermordet 1944 in Theresienstadt, gehört zu den unbekannteren Bildern der Schau, ebenso wie eine Plastik, die Lilli Wislicenus-Finzelberg um 1900 angefertigt hat. Ihre Bronzeskulptur stellt den Mythos von Europa auf dem Stier dar.
Anders als sonst werde die Protagonistin hier aber nicht zwangsläufig als Zeus' Opfer interpretiert, erklärte Kurator Dehmer: "Wer die Oberhand behalten wird, ist durchaus offen." Die Plastik sei extra für die Ausstellung restauriert worden und werde vermutlich nicht ins Depot zurückkehren.
Dresdnerin Paula Modersohn-Becker als Highlight
Im Zentrum des Gemälde-Saals – der auch Frauen-Darstellungen von Böcklin und Zwintscher im Kontrast zeigt – steht die allseits bekannte Paula Modersohn-Becker, gebürtige Dresdnerin, mit dem nicht unbekannten Bild "Selbstbildnis als stehender Akt" von 1906.
Aus Sicht von Kurator Andreas Dehmer ist das grob gezeichnete Werk ein "radikaler Schnitt von den damaligen Traditionen." Modersohn-Becker hätte viel genauer zeichnen können, habe das aber in diesem Fall nicht gewollt: "Sie wollte eine Ansage machen: Hier, das ist meine Malerei, ich gehe meinen eigenen Weg."
Wie die Schau belegen kann, waren die Künstlerinnen des Jugendstils Künstlerinnen im Aufbruch. Die künstlerisch stärksten Protagonistinnen wie Paula Modersohn-Becker oder auch die ebenfalls präsente Emilie Mediz-Pelikan sind längst Teil des Kunstkanons. Ihre Werke und die ihrer Zeitgenossinnen lassen sich im Albertinum nun in neuem Licht entdecken.
Weitere Informationen zur Ausstellung
"Moderne Frauen / Women's Art Rising. Künstlerinnen des Fin de Siècle"
Vom 12. November 2024 bis 9. März 2025
Adresse:
Albertinum
Tzschirnerplatz 2, 01067 Dresden
Öffnungszeiten:
täglich 10–18 Uhr, Montag geschlossen
Veranstaltungen:
16. November 2024, 19 Uhr: Vortrag über Julie Wolfthorn's "Waldhexe"
4. Dezember 2024, 16 Uhr: Vortrag über Künstlerinnen und ihre Netzwerke um 1900
12. Februar 2025: Grabskulpturen von Bildhauerinnen auf dem Johannisfriedhof Dresden
Quellen: MDR KULTUR, Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Redaktionelle Bearbeitung: vp
Mehr Kunst in Dresden
Weitere Kulturmeldungen aus Sachsen
- Europäische Kulturhauptstadt: So startet Chemnitz ins Jahr 2025 mit Audio
- Sachsen: Steht das Theater Plauen-Zwickau vor dem Aus? mit Audio
- Leipziger Theater spielt inklusives Stück für Sehende und Nicht-Sehende mit Audio
- Chemnitz: Neues Museum für Künstler Schmidt-Rottluff eröffnet 2025 mit Video
- Bundesverdienstkreuz für Liedermacher Gerhard Schöne mit Video
Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 13. November 2024 | 07:40 Uhr