"Weihnachten im Jägerhof"Ausstellung in Dresden zeigt weihnachtliche Raritäten aus dem 19. Jahrhundert
Das Museum für Sächsische Volkskunst im Jägerhof Dresden gilt für viele als das "Weihnachtsmuseum" schlechthin. Dort werden das ganze Jahr über historische Nussknacker, Lichterengel, Porzellanpuppen und Holzpferdchen gezeigt. Jeden Winter sorgt außerdem eine neue Weihnachtsausstellung für Abwechslung. Die diesjährige Schau, die bis zum 7. Januar 2024 zu sehen ist, widmet sich einer wenig bekannten regionalen Kunstform der Weihnachtszeit: den Sebnitzer Schattenspielen.
- Die diesjährige Weihnachtsausstellung im Jägerhof in Dresden präsentiert einmalige Sebnitzer Schattenspiele.
- Dabei handelt es sich um eine wenig bekannte Form weihnachtlichen Kunsthandwerks.
- Alle Exponate stammen aus der Sammlung des Museums für sächsische Volkskunst Dresden.
Im Obergeschoss des Museums für sächsische Volkskunst herrscht anheimelndes Halbdunkel. Mehrere reich verzierte Türmchen hüllen sich darin ein. Dann beginnt sich eines davon zu drehen und erstrahlt von innen in warmem Licht. Orientalisch anmutende Muster zieren plötzlich den Raum. Und auf den papierbespannten Außenwänden des Turmes ziehen langsam die schwarzen Umrisse von Menschen und Tieren vorbei. Auftritt für eines von acht Sebnitzer Schattenspielen aus dem Jägerhof.
"Dieses herrliche Objekt konnte ich in den letzten Monaten restaurieren", schwärmt Christina Nehrkorn-Stege. "Und das war der Anlass, um in dieser kleinen Sonderschau mal alle acht erhaltenen Schattenspiele unserer Sammlung zu zeigen."
Schattenspiele zeigen Motive wie Knecht Ruprecht oder Liebespaar
Die Restauratorin klingt immer noch ganz verzückt, als sie sich mit der Reporterin ein Stückchen über die Absperrung beugt, um auf die schwarzen Papierfiguren zu zeigen, die erst kürzlich durch ihre Hände gegangen sind: "Diese Szene ist doch auch herrlich, der Nachtwächter mit seinem Hund jagt dieses Liebespaar weg", sagt Christina Nehrkorn-Stege.
Dem Scherenschnitt-Paar, das aussieht, als hätte es schon ein Tässchen Glühwein zu viel genossen, folgen Kinder und ein Hündchen, die vor Knecht Ruprecht knien. "Die haben Angst vorm Weihnachtsmann", meint Nehrkorn-Steglich trocken. Nach einer Mutter mit zwei Kindern folgt noch eine filigrane Storchenfamilie. Das sei alles sehr liebevoll ausgedacht, meint sie.
Ursprung der regional begrenzten Volkskunst nicht klar belegbar
Die Schattenspiele, allesamt Unikate, sind der Phantasie von Sebnitzer Handwerkern entsprungen. Warum diese besondere Form weihnachtlichen Kunsthandwerks ausgerechnet in Sebnitz – und nur dort – entstand, darüber kann man nur mutmaßen. Weihnachtskrippen, die von innen beleuchtet werden konnten, gab es in der Region schon länger.
Irgendwer muss dann auf die Idee gekommen sein, Scherenschnittfiguren auf dünne Holzreifen zu montieren und sie mit einer Mittelachse nebst Flügelrad zu verbinden, wie man es von einer klassischen Weihnachtspyramide kennt. Dann noch ein Gehäuse herum konstruiert, reichlich mit Schnitzwerk versehen – und fertig war das Schattenspiel. Anfang des 19. Jahrhunderts begann die Leidenschaft für diese Wunderwerke.
Christina Nehrkorn-Steglich erlebte beim Restaurieren auch Überraschungen. So seien kurzerhand die Materialien verwendet worden, die verfügbar waren, erzählt sie: "Verschiede Hölzer oder auch Papiere aus der Sebnitzer Papierfabrik, aber auch alte Rechnungsbücher, weil das Papier schön stabil war. Und dann wurde das schwarz bestrichen und zum Ausschneiden der Scherenschnitte benutzt." Beim Ausstanzen der filigranen Ornamente halfen die Werkzeuge aus der berühmten Sebnitzer Seidenblumenproduktion.
Dresdner Jägerhof zeigt märchenhafte Paläste in Puppengröße
Jedes Schattenspiel hat seinen eigenen Charakter. Manche sehen aus wie Paläste eines Sultans in Puppengröße, eins erinnert an eine chinesische Pagode. Ein anderes scheint sich sein Dach von der norwegischen Stabkirche Wang abgeguckt zu haben. Mal sind sie zum Aufhängen gedacht, mal stehen sie auf goldfarbenen Füßchen.
Diese bewegten Szenen, das ist eine Art frühes Kino.
Restauratorin Christina Nehrkorn-Stege über Sebnitzer Schattenspiele
Gemeinsam ist allen, dass auf den verschiedenen Etagen sowohl christliche als auch weltliche Motive in verschiedenen Techniken zu bewundern sind. "Es ist ein Zusammenspiel aus dieser Scherenschnittkunst, die natürlich handgemacht ist", erklärt die Restauratorin, "und diesen aus den Papierfabriken stammenden Luxuspapieren."
Sehenswerte Ausstellung im Museum für sächsische Volkskunst
Und so betrachtet eine mit feinem Pinsel gemalte Maria andächtig ihr Jesuskind, während zwei Etagen weiter unten pausbäckige Mädchen im Gründerzeit-Look neckisch von maschinell bedrucktem Transparentpapier blicken. Vor eine Lichtquelle gehalten, entfalten diese Bildchen eine brillante Farbwirkung. So lieferte – und liefert bis heute – jeder Streifen eine eigene Geschichte, kuscheliges Dämmerlicht inklusive.
"Diese bewegten Szenen, das ist eine Art frühes Kino", meint Christina Nehrkorn-Steglich und lacht. Und wie auf Kommando setzt sich das nächste Schattenspiel leise in Bewegung, um den Raum erneut mit märchenhaften Farben und Formen zu erfüllen.
Weitere Informationen zur Ausstellung
"Weihnachten im Jägerhof. Sebnitzer Schattenspiele"
Sonderausstellung bis 7. Januar 2024
Museum für Sächsische Volkskunst
Jägerhof
Köpckestraße 1, 01097 Dresden
Öffnungszeiten:
täglich 10–18 Uhr, Montag geschlossen
24. Dezember 2023 10–14 Uhr (Heiligabend)
25. Dezember 2023 10–18 Uhr (1. Weihnachtsfeiertag)
26. Dezember 2023 10–18 Uhr (2. Weihnachtsfeiertag)
31. Dezember 2023 10–16 Uhr (Silvester)
1. Januar 2024 12–18 Uhr (Neujahr)
Veranstaltungen (Auswahl):
23. Dezember:
11 Uhr: "Ein Duft von Knistertannen weht ..." – Weihnachtsbriefe berühmter Persönlichkeiten.
15 Uhr: Weihnachtsmusik mit dem Männerchor Dresden-Striesen
27., 28. und 29. Dezember:
10 Uhr: Die Weihnachtsgeschichte selber drucken mit einer Gutenberg-Presse der Sächsischen Hauptbibelgesellschaft
Redaktionelle Bearbeitung: vp
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 20. Dezember 2023 | 07:40 Uhr