Wie über die Elbe?Schulbusse, Krankenwagen, Züge: Brückensperrung hat drastische Folgen für Bad Schandau
Dass in Bad Schandau die Elbbrücke vorerst dicht bleibt, müssen die Anwohner, Geschäftsleute und Pendler erst einmal verdauen. Denn die alternativen Routen sind nicht nur Zeitfresser, sondern auch gefährlich. Die kurvenreichen Straßen sind teilweise sehr steil. Die Brückensperrung löst viele Sorgen aus. Was ist mit dem Rettungsdienst, mit dem Schulbus? Werden Kunden und Touristen wegbleiben?
Inhalt des Artikels:
Welche Folgen hat die Sperrung für den Verkehr?
Mit der gesperrten Elbbrücke in Bad Schandau müssen nun Anwohner und Touristen zeitraubende Umleitungsstrecken in Kauf nehmen. Selbst Fahrradfahrer oder Fußgänger dürfen die Brücke aus Sicherheitsgründen nicht betreten. Der regionale Busverkehr Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (RVSOE) stellt seine Fahrpläne um. Betroffen sind fünf Buslinien. Der Regionalverkehr hat je die Hälfte seines Busbestandes auf beide Elbseiten verteilt und bedient alle Linien - nur das Stück auf der Brücke fehlt.
Die Verkehrswege haben sich drastisch verändert.
Thomas Kunack | Bürgermeister von Bad Schandau
"Die Verkehrswege haben sich drastisch verändert", sagt Bürgermeister Thomas Kunack im Gespräch mit MDR SACHSEN. Bis in die Nacht hätten Mitarbeitende von Behörden rotiert, um etwa die Buspläne für den Schülerverkehr und die Fährverbindungen an die Situation anzupassen. Auch Pflegedienste habe man schnell informieren müssen.
Das Wirtschaftsministerium in Dresden sagte zu den bevorstehenden Wochen für die Anwohner: "Es werden anstrengende Wochen für die Leute vor Ort." Man gebe das Beste, um das Problem schnell zu beheben. Ob es eine schnelle Lösung gibt, werde man sehen. Sicherheit und Menschenleben würden vorgehen.
Was sagen Anwohner und Touristen?
Jürgen Büttner aus Bad Schandau besitzt die Niedermühle im Hirschgrund von Reinhardtsdorf-Schöna und kommt nun nicht mehr hinüber. "Um 1 Uhr nachts hat mich jemand angerufen, dass er nicht mehr über die Brücke fahren kann." Der Bekannte habe zur Arbeit von Ostrau nach Dresden-Niedersedlitz gewollt, erklärt Büttner.
Man darf nicht mal als Fußgänger die Brücke betreten. Das ist makaber.
Jürgen Büttner | aus Bad Schandau
Will Büttner nun zu seinem Grundstück, muss er erst in die entgegengesetzte Richtung fahren. Es geht über Hügel und durch den Wald der Sächsischen Schweiz von Porschdorf über Hohnstein und Lohmen nach Pirna. Dort kommt er über die Elbe und muss dann am anderen Ufer die Strecke wieder über Königstein zurückfahren. Alles in allem 50 Kilometer. Was Büttner nicht nachvollziehen kann, ist, dass die Brücke auch für Radfahrer und Fußgänger tabu ist. "Man darf nicht mal als Fußgänger die Brücke betreten. Das ist makaber."
Umwege über Pirna und Děčín
Jürgen und Ulrike Busch wurden als Urlauber von der Brückensperrung überrascht. Sie finden es einerseits gut, dass kein Risiko eingegangen werde. "Andererseits, für die Leute, die hier wohnen und die Urlauber, ist es unannehmlich", meint Jürgen Busch.
Wie arbeitet jetzt der Rettungsdienst?
Der Mann von Marion Gärtner arbeitet im Außendienst. Für die Eheleute sei die Sperrung eine Katastrophe. Denn die alternative Route auf der anderen Elbseite berge Risiken. "Sie ist nicht ganz ohne, sehr kurvenreich und sehr steil", sagt die Anwohnerin. "Problematisch sehe ich auch die Sache mit dem Rettungsdienst, der nicht über die Elbe kommt."
Problematisch sehe ich die Sache mit dem Rettungsdienst, der nicht über die Elbe kommt.
Marion Gärtner | aus Bad Schandau
Für diese Fälle hatte die Feuerwehr des Ortes kurz vor der Sperrung reagiert: Ein Rettungswagen sei extra auf der anderen Flussseite für Einsatzfahrten geparkt worden. Nun stehen auf beiden Elbseiten Rettungswagen für Notfälle bereit.
Wie verkehrt die Fähre über die Elbe?
Die Fährverbindung in Bad Schandau wird nun viertelstündlich bedient. Dafür habe man ein zweites Boot eingesetzt, sagt der Fährmann Steffen Weidemann. Durch die Brückensperrung ist auch die Verbindung zwischen der Stadt Bad Schandau und dem Bahnhof gekappt. Reisende werden deshalb gebeten, die Fähre zu nutzen. Die Fähren sind aktuell täglich von 4:30 Uhr bis 22:30 Uhr unterwegs.
Problematisch bleibt die Lage für Reisende eines Nachtzuges, der später als 22:30 Uhr eintrifft. Für den gibt es noch keine Lösung, hieß es.
Schiffsverkehr eingestellt
Nach der Sperrung der Elbe-Brücke in Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz ist der Schiffsverkehr in dem Bereich untersagt. Das teilten die Behörden mit.
Wer bezahlt den Aufwand für Busse und Bahnen?
Der Regionalverkehr hat nach eigenen Angaben doppelte Kosten, sagte ein Vertreter des Regionalverkehrs. Es stelle sich die Frage, wer diese Kosten bezahlen werde. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge als Aufgabenträger könne das nicht. Schließlich handele es sich um die Bundesstraße (B172).
Was passiert mit der Brücke?
Die Brücke bleibt nach Angaben des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr mindestens bis Jahresende gesperrt. Es bestehen Zweifel an ihrer Tragfähigkeit. In der Unterkonstruktion wurden bei einer Kontrolle im September Risse entdeckt.
Die Brücke komplett zu sperren, war notwendig - auch für die Rettungskräfte und den Fuß- und Radverkehr.
Stephan Berger | Abteilungsleiter Mobilität im sächsischen Verkehrsministerium
"Die Brücke komplett zu sperren, war notwendig - auch für die Rettungskräfte und den Fuß- und Radverkehr", sagt der Abteilungsleiter Mobilität im sächsischen Verkehrsministerium, Stephan Berger, bei einem Ortstermin am Donnerstag. Es bestehe akuter Handlungsbedarf. So habe man im tragenden und unter Druck stehenden Unterspannband des Bauwerkes sowohl Längsrisse mit Ausspülungen als auch Querrisse entdeckt.
Kritische Stellen werden angebohrt
In den nächsten Tagen soll die Brücke angebohrt werden: Sie wird an den kritischen Stellen geöffnet und Materialproben sollen zu näheren Untersuchungen ins Labor gehen. Es würden anstrengende Wochen für die Anwohner, so Berger. Aber man versuche, das Problem schnell zu beheben.
Der Bauingenieur Steffen Marx von der TU Dresden sieht Parallelen zur Carolabrücke in Dresden. Die in gleicher Bauweise und von demselben Ingenieurbüro errichtete Brücke in Bad Schandau weise ähnliche Schadensbilder auf. Marx zufolge müssten ähnlich alte Brücken aus Spannbeton ständig überwacht werden. So könne man durch Spannungskorrosion verursachte Risse mit Schallsensoren messen. Dieses Verfahren sei jedoch teuer und wurde "deshalb nicht so allgemein üblich eingebaut wie wir uns das heute rückwirkend wünschen würden".
Bei der Bauwerksprüfung in Bad Schandau, die unmittelbar nach dem Einsturz der Carolabrücke durchgeführt worden ist, sind ähnliche Schadensbilder gefunden worden.
Steffen Marx | Professor Institut für Massivbau TU Dresden
19 weitere Brücke in Sachsen mit vergleichbarer Konstruktion wie die teileingestürzte Carolabrücke und die gesperrte Brücke in Bad Schandau werden aktuell noch auf ihre Standfestigkeit untersucht.
MDR (kk)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 07. November 2024 | 11:30 Uhr
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