Aufgerebt Am Boselberg in Sörnewitz kommen junge Weinstöcke in die Erde
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Der Frühling lässt gerade das Meißner Spaargebirge ergrünen. Überall blühen kultivierte und wilde Obstbäume. Auf dem Sörnewitzer Boselberg sind zwei junge Winzer zu Gange und kommen dabei ins Schwitzen. Sie pflanzen neue Reben und das ist dort in der Steillage echte Handarbeit. Dann kann man auch ruhig mal mit anpacken.

Franz Ahnert setzt den Spaten an und gräbt ein Pflanzloch nach dem anderen. "Der Boden ist hier unten lehmig bis sandig, zum Glück wenig Steine", sagt der studierte Önologe. Ahnert, Jahrgang 1991, ist seit vergangenem Herbst im Weingut "Drei Herren" in Radebeul für den Keller und die Weinberge verantwortlich. "Ich lerne die Weinberge gerade selbst noch kennen", sagt er. Nun erweitert das Weingut am Sörnewitzer Boselberg eine frühere Brachfläche, die zuvor gerodet wurde.
Neue Sorten benötigen weniger Pflanzenschutz
"Etwa 400 junge Reben der Sorte Cabernet Cortis kommen hier in den Boden", sagt Ahnert. Es ist eine pilzwiderstandsfähige Neuzüchtung, die weniger Pflanzenschutz benötigt. Ahnert will daraus Rotwein für die Basislinie des Weinguts keltern. Zum ersten Mal kann das in drei Jahren passieren. Solange brauchen die Jungreben, bevor sie erstmals wirtschaftlich relevanten Ertrag bringen. "Wenn alles gut geht", sagt Ahnert, und verweist auf die Wetterkapriolen der vergangenen Jahre.
Weingut "Drei Herren" Das Weingut "Drei Herren" in Radebeul wurde auf dem Areal des ehemaligen Guts Hermannsberg 2004 neu gegründet. Es bewirtschaftet eine Fläche von 5,5 Hektar mit Steillagen in Radebeul und Sörnewitz. Bekannt ist das Weingut des Kunstprofessors Reiner Beck für seinen Wein- und Kunstwanderweg, der in Radebul zu einer steinernen Schnecke führt, die als Aussichtspunkt erklommen werden kann.
Im Steilhang dominiert die Handarbeit
Beim Pflanzen wird Franz Ahnert von Wenzel Ebermann unterstützt. Der 19-Jährige ist Winzerazubi im dritten Lehrjahr und an die Arbeit in der Steillage gewöhnt. Der Hang habe hier eine Neigung von bis zu 40 Grad an den steilsten Stellen, sagt Ebermann. "Hier kommt man nur mit der Raupe hoch." Oder aber zu Fuß. Die beiden Winzer sollten sich also gut überlegen, was sie für ihre Arbeit brauchen, um unnötige Kraxelei zu ersparen.
Auszeilen, graben, wässern - so geht das Aufreben
"Vor dem Pflanzen wird ausgezeilt", erklärt Franz Ahnert. Mit Maßband und Zollstock werden Reihen und Pflanzlöcher ausgemessen. Letztere werden mit einem Pflanzstab aus Metall markiert, an dem später die Reben angebunden werden. Danach müssen die Winzer mit Spaten die Pflanzlöcher setzen, die Reben bis kurz unter der Veredelungsstelle einsetzen und mit Wasser ordentliche einschwemmen. Die Reben stehen im Abstand von 1,50 Meter bei einer Gassenbreite von zwei Metern.
Kaum Steine in sandigem Boden
Hier unten gehe das recht schnell, meint Ahnert. "Kannst ja auch mal paar Löcher graben, wenn du Lust hast", sagt er. Also her mit einem Spaten. Es ist nicht das erste Mal, dass ich beim Rebenpflanzen helfe. Aber hier macht das richtig Spaß, denn der Spaten gleitet in den sandigen Boden wie in Butter. Kaum Steine oder Wurzel, die ausgebuddelt werden müssen. Nur das Stehen im Steilhang merkt man irgendwann im in den Oberschenkeln und Waden, wenn man hauptberuflich vor dem Rechner herumsitzt.
Im oberen Berg ist Boden steiniger
Die beiden Winzer sind mit ihrem Tagwerk und auch mit meiner kurzen Hilfe zufrieden. In den nächsten Tagen müssen sie noch weiter pflanzen, unter anderem oben im Berg Fehlstellen im Riesling ausgleichen. Die Trauben von diesen Reben werden für Weine in der Spitze des Sortiments ausgebaut und benötigen besondere Aufmerksamkeit.
Dort mache das Nachpflanzen mehr Mühe, weil der Boden karg und steinig ist, erklärt Ahnert. Von oben allerdings entschädigt die Aussicht über das Elbtal bis zu den Bergen der Sächsischen Schweiz. Eigentlich möchte man hier lieber bei einem Gläschen Wein die Seele baumeln lassen. Dafür haben Winzer aber wenig Zeit in ihrem Alltag.
Rebfläche in Sachsen wächst langsam wieder an
Im Anbaugebiet Sachsen steht aktuell auf 527 Hektar Wein, 17 Hektar davon sind Junganlagen und noch nicht im Ertrag. Die Rebfläche wächst seit Jahren kontinuierlich, wie aus Daten des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie hervorgeht. Die geschätzt 5.000 Hektar vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) dürften allerdings nicht mehr angestrebt werden. Damals gab es die größte Ausdehnung des Weinbaus in Sachsen.
Diese Rebsorten dominieren in Sachsen Wichtigste Rebsorten in Sachsen sind laut Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Riesling, Müller-Thurgau, Weißburgunder und Grauburgunder. Eine markante Zunahme verzeichnet das Landesamt bei der Rebsorte Bacchus. Sachsen bleibt auch in Zeiten des Klimawandels ein Weißweinland: Auf 82 Prozent der sächsischen Weinberge und Flachlagen werden Weißweinsorten kultiviert. Unter den 18 Prozent Rotwein dominieren die Rebsorten Dornfelder, Regent und Spätburgunder. Insgesamt seien in Sachsen 71 unterschiedliche Rebsorten registriert, so das Landesam. Zum Anbaugebiet Sachsen gehören auch entfernte Rebflächen in Jessen an der Elster (Sachsen-Anhalt), in Schlieben (Brandenburg) sowie der Klosterberg St. Marienthal bei Görlitz.
Immer weniger Kleinwinzer in Sachsen
Seit einiger Zeit geht die Zahl der Weinbauern in Sachsen zurück. 1.513 Winzer sind aktuell in der Rebkartei eingetragen. Vor 14 Jahren waren es noch fast 3.700. Die weit überwiegende Mehrheit - nämlich 1.433 - bewirtschaftet Klein- und Kleinstflächen. Sie liefern ihre Keltertrauben an die Genossenschaft, an Weingüter oder probieren sich in der heimischen Garage selbst in der Weinbereitung aus. Viele alte Winzer mit Rebflächen aus der DDR-Zeit haben in den zurückliegenden Jahren aber ihr beschwerliches Hobby aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe im Anbaugebiet Sachsen liegt bei 37. Insgesamt 43 Winzer oder Landwirtschaftsbetriebe betreiben Weinbau im Nebenerwerb.
MDR (lam)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus Dresden | 29. April 2022 | 17:30 Uhr