Hintergrund Wie berechnet Dresden seine CO₂-Bilanz?

09. November 2022, 06:30 Uhr

Anlässlich der Weltklimakonferenz wird in diesen Tagen viel über die Reduzierung von Treibhausgasen wie CO₂ gesprochen. Doch wie wird eigentlich gemessen, wie viel Kohlenstoffdioxid beispielsweise eine Stadt ausstößt? MDR SACHSEN-Reporterin Daniela Kahls hat das für Dresden recherchiert.

Ina Helzig ist so etwas wie Dresdens hauptberufliche Klimaschützerin. Sie ist die Leiterin der Klimaschutzstabes der Stadtverwaltung. Und wenn Ina Helzig sich die aktuelle CO₂-Bilanz von Dresden anschaut, dann bekommt sie nicht unbedingt gute Laune. Denn die Zahlen für den Zeitraum von 2013 bis 2018 sprechen eine klare Sprache, so Ina Helzig: "Da müssen wir für Dresden leider feststellen, dass wir immer noch im relativ hohen Niveau sind, dass wir in diesem Zeitraum von sechs Jahren um etwa fünf Prozent runter gekommen sind. 2018 haben wir etwa 3,5 Millionen Tonnen CO₂ ausgestoßen."

Chipindustrie in Dresden spielt große Rolle - auch beim CO₂

In der Treibhausgasbilanz der Stadt wird in Tabellen und Tortendiagrammen aufgeschlüsselt, wer wie viele Tonnen CO₂ ausstößt. Demnach wird rund die Hälfte des CO₂ von der Wirtschaft ausgestoßen, unter anderem von der energieintensiven Chipindustrie. Private Haushalte und Verkehr verantworten demnach jeweils rund ein Viertel des Treibhausgasausstoßes. Wichtig zu wissen ist, dass diese Zahlen Hochrechnungen sind. Sprich: Das CO₂ wird nicht in der Luft gemessen.

Ina Helzig erklärt, woher die Daten für die Treibhausgasbilanz kommen: "Wir fragen nicht einzelne Akteure ab, sondern können auf Statistiken und Daten des Landes, des Bundes und im Bereich Wärme auch der Schornsteinfeger zurückgreifen." Die Schornsteinfeger melden unter anderem, wie viele Kessel welcher Heizart installiert sind. Die Energieversorger liefern Daten zum Verbrauch von Strom, Erdgas und Fernwärme. Das alles geschieht mit einer gewissen Zeitverzögerung und ist so kompliziert, dass Treibhausgasbilanzen nie wirklich aktuell sind. Die letzte Bilanz für Dresden ist die für 2018. Außerdem liefert eine solche Bilanz eher einen allgemeinen Überblick.

Städtisches Klinikum arbeitet mit Nachtstrom

Auch im kleineren Maßstab ist das mit der CO₂-Bilanz so eine Sache. Das städtische Klinikum Dresden beispielsweise arbeitet schon seit zehn Jahren intensiv daran, den Energie- und Wasserverbrauch zu reduzieren. Durchaus erfolgreich, fasst der technische Leiter Wolfram Tschuck zusammen: "Es ist uns gelungen, rund 2.500 Tonnen CO₂ einzusparen. Es ist mir klar, dass jeder jetzt wissen will: Ist das viel oder wenig?" Aber die Frage, um wieviel Prozent das Klinikum seinen Kohlendioxid-Ausstoß reduzieren konnte, kann Wolfram Tschuck nicht beantworten.

Bisher ist es nicht gelungen, den gesamten CO₂-Ausstoß des Klinikums zu erfassen. Was ist beispielsweise mit der Wäsche, die durch eine externe Firma gereinigt wird, oder mit dem Essen, das angeliefert wird? Trotzdem kann Wolfram Tschuck eine Zahl nennen, um zu verdeutlichen, welche Einsparungen dem Klinikum schon gelungen sind: "Das ist ungefähr die Größenordnung, die 1.000 Einfamilienhäuser, die mit Gas beheizt werden, verbrauchen."

Diese Einsparung konnte durch viele kleinere technische Verbesserungen erreicht werden. Unter anderem durch die Installation eines Eisspeichers. Wolfram Tschuck steht vor dem großen Tank im Keller von Haus K und erklärt: "Bei dem Eisspeicher geht es darum, dass wir viele große Anlagen im Haus haben. Jedem ist sicherlich ein Kernspin- oder Computertomograph bekannt. Das sind Großverbraucher von Energie und die funktionieren nur, wenn diese Räume eine bestimmte Temperatur haben." Dieses Kühlen verbraucht viel Energie und das vor allem tagsüber, wenn die Geräte in Betrieb sind, die OP-Säle belegt.

Der Eisspeicher wird nachts gekühlt, wenn der Strom preiswerter ist und die Netze nicht so belastet sind, und gibt tagsüber seine Kälte ins klinikeigene System. Ein Baustein in puncto Energieeffizienz. Doch bei allem Ehrgeiz - Klimaneutralität als Ziel für das städtische Klinikum hält Wolfram Tschuck für ziemlich ehrgeizig: "Wir als Techniker können uns das im Moment schwer vorstellen, weil wir ja wissen, wie die Anlagen funktionieren und wie schwer das ist, aber in die Richtung arbeiten wir auf jeden Fall."

Klima-Manager gesucht

Unter anderem sucht das Städtische Klinikum Dresden derzeit nach zwei Klima-Managern. In der Stellenbeschreibung steht explizit, dass das Erstellen von Energie- und CO₂-Bilanzen zum Job gehört. Der erste Schritt dafür wird wohl sein, eine Methode zu etablieren, mit der ein Klinikum seinen gesamten CO₂-Ausstoß überhaupt bilanzieren kann.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | SACHSENSPIEGEL | 08. November 2022 | 19:00 Uhr

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