Medizinisches Cannabis Sächsisches Unternehmen liefert an deutsche Cannabisagentur
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Erstmals hat das Unternehmen Demecan Cannabis an die deutsche Cannabisagentur geliefert. Die Droge wird in Ebersbach auf Auftrag der Behörde als Medizinprodukt verarbeitet und die sächsischen Cannabisblüten für rezeptpflichtige Anwendungen an deutsche Apotheken verteilt.

Die Firma Demecan aus dem sächsischen Ebersbach hat erstmals meizinisches Cannabis an die deutsche Cannabisagentur ausgeliefert – 100 Kilogramm pharmazeutische Cannabisblüten. Die Cannabisagentur ist am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt und organisiert unter anderem den Vertrieb der hochwertigen Blüten für medizinische Zwecke an Apotheken. Derzeit liegt der Preis pro Gramm, den die Apotheken an die Agentur zahlen, bei 4,30 Euro.
Cannabis 2017 erstmals als medizinisches Medikament freigegeben
2017 wurde Cannabis als Medikament zur Schmerzbehandlung freigegeben. Ärztinnen und Ärzte konnten seither medizinische Cannabisblüten oder medizinischen Cannabisextrakt in pharmazeutischer Arzneimittelqualität verschreiben. Die Abgabe medizinischen Cannabis erfolgt ausschließlich in Apotheken auf Vorlage des Betäubungsmittelrezeptes. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten.
Die Cannabisagentur hat die Aufgabe, den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland zu steuern und zu kontrollieren. Dafür wurden 2017 EU-weit Ausschreibungen für die Lizenzvergabe zur Herstellung von medizinischem Cannabis gestartet. Die Unternehmen, die den Zuschlag erhalten, sollten künftig mit dem Anbau beauftragt werden. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wolle man so die Versorgung schwerkranker Patientinnen und Patienten, mit in Deutschland angebautem Cannabis in pharmazeutischer Qualität sicherstellen.
Demecan in Ebersbach: Vom Startup zum Großproduzenten
Für Dr. Adrian Fischer (Mediziner), Dr. Cornelius Maurer (Ökonom) und Dr. Constantin von der Groeben (Jurist) war die Freigabe von Cannabis als Medikament zur Schmerzbehandlung der Auslöser für ihr Geschäftsmodell. Die drei Studienfreunde gründeten das Unternehmen Demecan in Ebersbach. "Demecan" steht für "Deutsches Medizinal-Cannabis". Sie fanden von Anfang an die Idee gut, Cannabis aus der "Schmuddelecke" zu holen, erzählt Dr. Constantin von der Groeben, Jurist und Mitbegründer: "Cannabis ist kein Teufelszeug“.
Die Unternehmer waren schon damals sicher, die Produktion als Arzneimittel unter deutschen Qualitätsstandards hat Potential. Trotzdem hätten sie zunächst nie gedacht, dass sie eines Tages den Zuschlag bekommen. "Das schaffen wir nie, die Ausschreibung zu gewinnen, da bewerben sich börsennotierte Unternehmen", berichtet Dr. von der Groeben rückblickend. Monatelang hätten die drei Freunde im WG-Zimmer in Berlin gesessen und an ihrem Angebot gefeilt.
Cannabis ist kein Teufelszeug.
Cannabisanbau im Auftrag des Staates
Im Mai 2019 erhielt die Demecan GmbH, als eines von drei Unternehmen, den Zuschlag für die Produktion von Cannabisblüten zur medizinischen Anwendung in Deutschland. Damit verbunden ist ein Lieferauftrag, der zunächst für vier Jahre gilt: Demecan soll mindestens 660 Kilogramm Cannabisblüten liefern. Es werde aber mehr sein, etwa eine Tonne jährlich, so Dr. Constantin von der Groeben.
Zwei weitere Hersteller haben 2019 ebenfalls die entsprechende Ausschreibung des BfArM gewonnen. Die kanadischen Firmen Aurora und Tilray, die im sachsen-anhaltischen Leuna und in Neumünster (Schleswig-Holstein) seitdem Produktionsstätten betreiben. Die Gründer von Demecan sind stolz, dass sie sich als kleines deutsches Startup unter den Großen behaupten konnten.
Cannabis made in Germany sichert Arbeitsplätze
Für die Herstellung in Ebersbach haben die Gründer von Demecan laut eigenen Angaben 20 Millionen Euro investiert: 30 Prozent davon kamen aus Fördertöpfen, den Rest haben Investoren beigesteuert. Mehr als 50 Arbeitsplätze sind schon entstanden und das Unternehmen sucht weitere Fachkräfte. Den perfekten Produktionsstandort hätten sie mit einem ehemaligen Schlachthofgelände im Landkreis Meißen gefunden. Ein Vorteil des 100.000 Quadratmeter großen Geländes in Ebersbach: Man könne jederzeit erweitern. Dr. von der Groeben geht davon aus, dass der Bedarf an deutschem Cannabis steigen wird: "Ärzte und Apotheker verlieren ihre Berührungsängste. Das etabliert sich als Therapieform."
Ärzte und Apotheker verlieren ihre Berührungsängste. Das etabliert sich als Therapieform.
Cannabis als Medizin
Cannabis gilt als mildes Schmerzmittel. Die Blütenteile der weiblichen Hanfpflanze enthalten über 100 Wirkstoffe. Die beiden wichtigsten Elemente sind Tetrahydrocannabinol, kurz THC, und Cannabidiol, kurz CBD. Der Anteil von THC und CBD ist je nach Sorte verschieden.
THC und CBD
THC: hebt die Stimmung, verändert die Wahrnehmung, lindert Schmerzen. Kurz: es benebelt.
CBD: lindert auch Schmerzen, wirkt gegen Entzündungen, Krämpfe und Angst.
Cannabispräparate sind vielfältig, es gibt Mundspray, Kapseln, Tropfen oder Öl auf Rezept. Der Anbau von Cannabis in pharmazeutischer Qualität wird streng kontrolliert. Von Blüte zu Blüte und von Ernte zu Ernte muss der Gehalt an Cannabinoiden, etwa der Substanz THC, immer gleich sein, damit Patienten nicht versehentlich zu viel oder zu wenig einnähmen. Die Herausforderung sei, die Pflanzen so anzubauen, dass sie immer die gleichen Bedingungen haben, betont das Unternehmen Demecan. Der Anbau habe nichts zu tun mit einem normalen Cannabisfeld. Die Pflanzen werden in einer Halle aufgezogen, in so genannten Blütenräumen.
Hightech für gesundes Cannabis in Ebersbach
In jedem der genormten Räume werden laut Demecan mittels eines eigens dafür entwickelten Kontrollsystems die Daten erfasst. Temperatur; Licht, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt werden über Sensoren gemessen und computergestützt ausgewertet. Wenn beispielsweise einer der Gärtner vor Ort braune Stellen an einer Pflanze entdeckt, kann er das Foto hochladen und das Qualitätsmanagement könne sofort auf jede Veränderung reagieren.
2.500 Cannabispflanzen wachsen heute in den Blüteräumen in Sachsen. Im Jahr 2022 wurden bis heute bereits über 300 Kilogramm Blüten geerntet, getrocknet und verpackt. Bei der Ernte würden alle mitmachen, bis hoch zur Geschäftsführung, erklärt Dr. Constantin von der Groeben: "Das macht einfach unglaublich Spaß."
Das Unternehmen möchte weiterwachsen, "wenn man uns lässt", betont Dr. von der Groeben. Ihre Produktion ließe sich auch kurzfristig hochfahren. Das Unternehmen sei aber an den derzeitigen Liefervertrag gebunden und außerdem werde immer noch tonnenweise Cannabis aus anderen Ländern importiert. Demecan hofft aber auch auf die weitere Legalisierung von Cannabis für den Genussmittelmarkt.
Cannabis für alle legalisieren?
Laut Koalitionsvertrag wollen die Ampel-Parteien eine "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einführen. Dadurch würde "die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet", heißt es.
Demecan-Sprecher Franz Großmann sagt zu den Plänen: "Wir wissen es nicht, wann legalisiert wird. Wir gehen aktuell davon aus, dass die Lizenzvergabe 2023 erfolgt." Bis die Produkte dann auf den Markt kommen, würde es sicher noch bis 2024 dauern.
MDR-Wirtschaftsredaktion
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 20. April 2022 | 07:00 Uhr