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Ein hundert Meter langer Abschnitt der Carolabrücke ist in die Elbe gestürzt. Das Bauamt tippt auf Korrosionsschäden. Bildrechte: picture alliance/dpa/Robert Michael

Probleme bei FernwärmeversorgungEinsturz der Carolabrücke: Korrosion als mögliche Ursache

11. September 2024, 20:56 Uhr

In Dresden ist eine der wichtigsten Elbbrücken in Teilen zusammengebrochen. Wenige Minuten vorher hatte noch eine Straßenbahn in der Nacht die Querung passiert. Um kurz nach 3 Uhr stürzte die Strecke ins Wasser. Weil auch zwei große Leitungen beschädigt wurden, war am Mittwoch die Fernwärmeversorgung in der Stadt gestört.

Nach dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden geht die Polizei von einem Unglück aus. Ein Sprecher erklärte, es gebe bisher keine Hinweise auf Fremdeinwirkungen. Als Einsturzursache vermutet das Dresdner Straßenbauamt eine Korrosion bei Stahlteilen des sanierungsbedürftigen Bauwerks. Dass ein Defekt der Fernwärmeleitung in der Brücke die Ursache für den Einsturz ist, kann nach Angaben der Stadt Dresden zum jetzigen Zeitpunkt und zum derzeitigen Kenntnisstand ausgeschlossen werden.

Am frühen Mittwochmorgen war ein 100 Meter langer Abschnitt der Carolabrücke in die Elbe gestürzt und blockiert seitdem dort die Fahrrinne. Betroffen ist der Brückenteil, über den die Straßenbahnen fahren. Wie die Stadt Dresden mitteilte, sind weitere Brückenteile akut einsturzgefährdet.

Straßen und Elberadweg gesperrt

Die Feuerwehr war gegen 3 Uhr am Mittwochmorgen alarmiert worden. Menschen kamen durch den Einsturz nicht zu Schaden. Der gesamte Bereich um die Carolabrücke, einschließlich der Bundeswasserstraße Elbe, des Elberadwegs und des Terrassenufers, bleibt bis auf Weiteres vollständig gesperrt. Verkehrsteilnehmer müssen mit erheblichen Behinderungen rechnen. Durch den Einsturz fällt mit der B170 über die Elbe eine wichtige Verkehrsverbindung weg. Es wird gebeten, den Bereich weiträumig zu meiden und die Einsatzkräfte nicht zu behindern.

Fernwärmeversorgung in Dresden gestört

Feuerwehrsprecher Michael Klahre war einer der ersten am Einsturzort: Als er die Brücke betrat, sah er, dass sich am Brückenkopf auf der Altstädter Seite auf einer Länge von rund einem Meter ein Spalt gebildet hatte. "Als wir nachgeschaut haben, gab es einen lauten Knall. Daraufhin sind zwei Fernwärmeleitungen geborsten und es strömten Tausende Liter heißes, dampfendes Wasser aus dem Brückenkopf heraus." Das Terrassenufer wurde geflutet. Die Feuerwehrleute gingen weiter in Brückenmitte. "Wir haben dort festgestellt - der Brückenbereich, über den die Straßenbahnen fahren, der war einfach weg."

Es gab einen lauten Knall. Zwei Fernwärmeleitungen sind geborsten und es strömten Tausende Liter heißes, dampfendes Wasser aus dem Brückenkopf heraus.

Michael Klahre | Feuerwehr Dresden

Situation ist angespannt

Am Mittwochnachmittag wurden die Lage und das weitere Vorgehen sondiert. Dabei kam an der Elbbrücke auch eine Drohne der Feuerwehr zum Einsatz. Die Situation war angespannt: "Es herrscht akute Lebens- und Einsturzgefahr", sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Beschäftigte der Dampfschifffahrt sicherten den Dampfer "Meißen", der nur knapp hinter der eingestürzten Brücke am Anleger liegt. An den Rändern des abgestürzten Betonteils hat sich eine starke Strömung gebildet.

Das Technische Hilfswerk (THW) installierte ein optisches Messsystem. Es soll die Brücke überwachen, falls sich etwas bewegt und auch die Einsatzkräfte warnen. "Die Brückenlager sind akut gefährdet, die werden mit großen Holzplatten abgesichert, um Teile wieder begehbar zu machen", so ein Zugleiter des THW. 

Dresdens Oberbürgermeister bedankt sich bei Einsatzkräften

Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert bedankte sich bei den Einsatzkräften und zuständigen Behörden für ihr schnelles und umsichtiges Agieren. Nun gelte es vor allem sicherzustellen, dass ein mögliches Hochwasser an der Elbe mit Blick auf die Trümmerteile keine Gefahren für Menschen oder andere Bauwerke mit sich bringe.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wie auch OB Hilbert zeigten sich erleichtert, dass es keine Opfer gab. Die Brücke müsse schnell wieder aufgebaut werden kann, so der Ministerpräsident.

Fotogalerie Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden: Bilder des Unglücks

Spezialgeräte machen sich in der Nacht zum Freitag am Beton der Carolabrücke zu schaffen Bildrechte: Erik Hoffmann
Erst nach der Sprengung kann der eigentliche Abriss des durchhängenden Brückenteils beginnen. Bildrechte: Wiebke Müller
Auf der Altstädter Seite beobachten Menschen die Arbeiten an der Unglücksstelle. Bildrechte: Lucas Görlach
Hunderte Schaulustige sind Donnerstagabend am Elbufer unterwegs, um einen Eindruck von den Abrissarbeiten der Carolabrücke zu erhaschen. Bildrechte: MDR/Wiebke Müller
Am Donnerstagabend beginnen die Abrissarbeiten an der zerstörten Brücke. Zuerst werden die Versorgungsleitungen getrennt. Dazu kommt ein Schneid-Spreng-Verfahren zum Einsatz. Bildrechte: Nils Bula
Michael Klahre von der Feuerwehr Dresden ist an der Brücke im Dauereinsatz und informiert Pressevertreter und Bevölkerung. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Der Straßenbahnverkehr ist durch den Brückeneinsturz beeinträchtigt. Linien werden über den Postplatz und die Augustusbrücke umgeleitet. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Untersuchungen an der Brücke haben weitere Schäden ergeben. So senkt sich nach Angaben der Leiterin des Straßen- und Tiefbauamts Dresden, Simone Prüfer, auch der mittlere Zug B der Brücke. Bildrechte: imago/Lurisu
Ein Unterbau stützt den nicht eingestürzten Teil der Carolabrücke. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
In der Nacht zum Donnerstag wurde das Bauwerk gesichert. Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich
Hell erleuchtet liegt der abgebrochene Teil der Carolabrücke in der Elbe. Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich
Das THW und die Feuerwehr begutachten den Schaden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Schiffe der Weißen Flotte in Dresden mussten in Sicherheit gebracht werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Aus der Luft wird das Ausmaß des Einsturzes deutlich. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Die Einsatzkräfte haben nach dem Einsturz die Lage sondiert und das weitere Vorgehen. Dabei kommt an der Elbbrücke auch eine Drohne zum Einsatz. Bildrechte: xcitepress
Hier sieht man eine der Abbruchkanten an der Carolabrücke aus der Nähe. Bildrechte: Marko Förster
Nach Angaben der Feuerwehr ereignete sich das Unglück gegen 3 Uhr morgens am Mittwoch. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Menschen stehen am Elbufer und schauen auf den eingestürzten Brückenteil. Bildrechte: xcitepress
Der Teil, auf dem die Straßenbahn die Elbe quert, liegt im Wasser. Deshalb werden einige DVB-Linien umgeleitet. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Die Polizei hat auch das Terrassenufer gesperrt. Bildrechte: MDR/Axel Köhn
Mit Booten wurde am frühen Mittwochmorgen das Wasser unter der Brücke kontrolliert, ob nicht doch Menschen oder tiere zu Schaden kamen. Diese Schäden blieben zum Glück aus. Bildrechte: xcitepress/christian essler
Schon am Morgen versammelten sich Menschen, um sich die eingestürzte Brücke aus der Nähe anzuschauen. Bildrechte: MDR/Axel Köhn
Die Dresdner zeigen sich erschrocken über den Einsturz der Brücke. "Wir Menschen denken, alles beherrschen zu können - das ist aber nicht so", sagt ein Passant zu MDR SACHSEN. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Laut Feuerwehr wurde niemand verletzt. Die Polizei geht aktuell von einem Unglück aus und warnt vor Fake News im Internet. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Das Dampfschiff "Meissen" der Weißen Flotte liegt direkt am Anlieger am Brückepfeiler der gesperrten Carolabrücke. Der Dampfer muss demnächst aus dem Gefahrenbereich. Aktuell ist die Elbe in dem Abschnitt gesperrt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Die Polizei hat rund um die Carolabrücke die Straßen gesperrt. Durch den Einsturz fällt mit der B170 über die Elbe eine wichtige Verkehrsverbindung weg. Bildrechte: Marko Förster
Die Straßenbahnlinien am Carolaplatz sind von der Sperrung betroffen und müssen umgeleitet werden. Bildrechte: xcitepress/christian essler
Der eingestürzte Brückenzug der Carolabrücke in Dresden sollte im Jahr 2025 saniert werden. Die beiden anderen Züge wurden in den vergangenen Jahren saniert, die Brücke erst im März 2024 wieder vollständig für den Verkehr freigegeben.  Bildrechte: MDR/Heiko Barthel
Steffen Marx, Professor für Ingenieurbau an der TU Dresden, hat im Gespräch mit MDR SACHSEN die Vermutung geäußert, dass die Wetterlage in den Kollaps der Carolabrücke hineingespielt haben könnte. Bildrechte: picture alliance/dpa/Robert Michael
Der frühere Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes Dresden, Reinhard Koettnitz, geht von einer langwierigen Untersuchung zum Teileinsturz der Carolabrücke aus.  Bildrechte: IMAGO / dts Nachrichtenagentur
An der Brücke herrscht weiterhin akute Einsturzgefahr. Deswegen ist sie weiterhin weiträumig abgesperrt. Bildrechte: IMAGO / jmfoto
Die Polizei geht von einem Unglück aus. Ein Sprecher erklärte, es gebe bisher keine Hinweise auf Fremdeinwirkungen. Bildrechte: IMAGO / jmfoto

Eingestürzter Teil sollte saniert werden

Ob und inwieweit der Einsturz mit den derzeit laufenden Sanierungsarbeiten an der Brücke zusammenhängt, ist noch nicht bekannt. Die dreigeteilte Carolabrücke wird seit 2019 saniert.

Dass der Zustand im Brückenzug C so schlimm ist, dass es zum Einbruch gekommen ist, war nicht vorhersehbar.

Holger Kalbe | Straßen- und Tiefbauamt Dresden

Schon im Vorfeld der Arbeiten war im Stadtrat immer wieder von Ermüdungserscheinungen am Bauwerk aus den 1970er-Jahren die Rede. Der nun eingestürzte Teil sollte als letztes im nächsten Jahr auf Vordermann gebracht werden, nachdem die Arbeiten an den beiden Autospuren abgeschlossen sind.

"Dass der Zustand im Brückenzug C so schlimm ist, dass es zum Einbruch gekommen ist, war nicht vorhersehbar. Man steckt in so einem Bauwerk halt nicht drin", sagte Holger Kalbe, Abteilungsleiter vom Straßen- und Tiefbauamt Dresden. Er vermutet Korrosionsschäden. Nun gelte es, eine Gefahr für die beiden anderen Brückenteile auszuschließen.

Brücke wurde regelmäßig überprüft

Die Brücke sei ständig richtlinienkonform untersucht worden, sagte Simone Prüfer, Amtsleiterin Straßen- und Tiefbauamt, auf einer Pressekonfrenz am Mittwochnachmittag. Die Prüfungen fänden zweimal im Jahr statt, die letzte Hauptprüfung sei vor drei Jahren gewesen. "Es gibt momentan noch keine Erklärung für das Versagen der Brücke", so Prüfer. Das Ergebnis der letzten Prüfung habe besagt, dass eine Sanierung notwendig sei.

Das Bauwerk muss man unter komplett einsturzgefährdet verbuchen.

Steffen Marx | Institut für Massivbau, TU Dresden

Der Brückenbauexperte Steffen Marx von der TU Dresden hat den Einsturz eines Teils der Dresdner Carolabrücke als Desaster für den Brückenbau in ganz Deutschland bezeichnet. "Das Bauwerk muss man heute unter komplett einsturzgefährdet verbuchen." Dass eine Brücke im laufenden Betrieb so einstürze, nannte Marx einen "Supergau".

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Der frühere Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes Dresden, Reinhard Koettnitz, geht von einer langwierigen Untersuchung zum Teileinsturz der Carolabrücke aus. Koettnitz sagte dem MDR, für Schadensbeurteilung und Ursachenforschung müssten eine Menge an Akten studiert werden. Es werde mehrere Jahre dauern, bis wieder Straßenbahnen über die Brücke fahren könnten.

Sachsenenergie arbeitet an Fernwärmenetz

Nachdem am Mittwochmorgen die Fernwärmeversorgung in der Stadt ausgefallen war, waren kurz nach 17:35 Uhr "alle Dresdner Haushalte wieder mit Fernwärme versorgt", so die Stadtverwaltung. Fachleute der Bereiche Erzeugung sowie Netze von Sachsenenergie waren den ganzen Tag fieberhaft damit beschäftigt, die nach dem Brückeneinsturz zusammengebrochene Fernwärmeversorgung für Dresden wieder aufzubauen.

Dafür wurde unter anderem Heißwasser in riesigen Mengen erzeugt und aus Speichern zum Beispiel des Kraftwerkes Reick ergänzt, um den Druck im Leitungsnetz zu stabilisieren. Erste auf der linken Elbseite abgekoppelte Stadtteile konnten bereits am Vormittag wieder angeschlossen werden.

Kliniken in Friedrichstadt und Neustadt betroffen

Auch die städtischen Kliniken in Friedrichstadt und Neustadt waren von der fehlenden Versorgung mit Fernwärme betroffen. Auf Intensiv- und Kinderstationen waren am Mittwochmorgen Maßnahmen getroffen worden, um die Patienten vor dem Auskühlen zu schützen, informierte die Stadtverwaltung. Im Klinikum Friedrichstadt funktionierte die Wärmeversorgung ab Mittag wieder.

Der Klinikbetrieb lief an allen Standorten, einschließlich Neustadt, laut der Stadt Dresden ohne Einschränkungen für die medizinische Patientenversorgung. Das galt auch für die operative Versorgung. Entgegen erster Informationen vom Mittwochmorgen konnten alle geplanten Eingriffe realisiert werden, so die Stadtverwaltung.

Feuerwehr bereitet sich auf mögliches Hochwasser vor

Das herabgestürzte Brückenteil in der Elbe könnte bei Hochwasser zu Problemen führen. Die Feuerwehr in Dresden bereitet sich derzeit auf eine mögliche Hochwasserlage vor. "Der Deutsche Wetterdienst und andere Partner haben informiert, dass sich eine Unwetterlage im östlichen Bereich einstellen wird", sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Seit Dienstag stehe die Feuerwehr Dresden mit dem Umweltamt in engem Kontakt. "Wir haben das Ereignis auf dem Zettel, aber es ist noch vollkommen unklar, wie sich dieses Wetterereignis einstellen wird." Es gebe aber einen "Abwehrplan."

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MDR (ama/ali)/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 11. September 2024 | 06:00 Uhr