Caspar-David-Friedrich-Duell Dresdner feiern Künstler-Star mit Stadtwette
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06. September 2024, 14:50 Uhr
So eine Kulisse mit Hunderten ihm zu Ehren verkleideten Menschen hätte sich der Romantik-Maler Caspar David Friedrich zu seinem 250. Geburtstag wohl nicht träumen lassen. Seine Geburtsstadt Greifswald und die Stadt Dresden, langjähriger Wirkungsort des Künstlers, machten ihm ein besonderes Geschenk mit einer Wette. Für einige war aber weniger wichtig, welche Stadt gewinnt, sondern wer das schönste Kleid trägt.
Über dem Dresdner Neumarkt flanieren Frauen in langen Gewändern. Sie tragen Hauben auf dem Kopf. Arm in Arm laufen sie mit Männern in Frack und Zylinder an der Frauenkirche auf und ab. Der Countdown läuft oder besser gesagt: die Taschenuhr tickt. Die Stadtwette gilt: Bekommt Greifswald oder Dresden mehr Menschen im Romantik-Outfit auf den Platz?
Am gleichen Tag wie Künstler-Star Geburtstag feiern
An Zählstationen bilden sich lange Schlangen. Die Spannung steigt auch bei der Familie von Helmut Börner. Er trägt einen dichten Backenbart - so wie ihn auch Caspar David Friedrich getragen hat. Und der Markkleeberger hat noch etwas mit dem Landschaftsmaler gemeinsam: "Ich feiere jedes Jahr mit Caspar David Friedrich meinen Geburtstag. Heute bin ich 75 geworden."
Ich feiere jedes Jahr mit Caspar David Friedrich meinen Geburtstag. Heute bin ich 75 geworden.
Schon mit 25 habe er mit seinen Studentenkumpels auf sich und Friedrich angestoßen. "Natürlich feucht fröhlich, wie man das als Student so macht", sagt Helmut Börner und grinst.
Weite Anreise von Lübeck nach Dresden
Kerstin Ulbrich und Tochter Anja richten vor dem Foto-Shooting nochmal Kleid und Bluse. "Wir machen Reenactment häufiger. Da verkleiden wir uns vor allem in mittelalterlicher Kleidung und gehen auf Mittelaltermärkte," erzählt die 20-jährige Anja.
Anja wollte bei der Stadtwette unbedingt mitmachen: "Ich kenne die Gemälde von Caspar David Friedrich und beginne bald selbst, Kunst zu studieren." Sie seien dafür extra die 500 Kilometer aus Lübeck an der Ostsee nach Dresden gefahren, erzählt Mama Kerstin. Wäre da der Weg nach Greifswald nicht kürzer gewesen? "Ich mag Dresden mehr. Ich komme ursprünglich von hier", sagt Kerstin Ulbrich lächelnd.
Mitfiebern für kleine Ostseestadt
Zwischendurch gibt es über große Leinwände regelmäßig Liveschalten nach Greifswald. Coralie Schäfer verfolgt über die Liveübertragung, wie viele verkleidete Menschen auf dem Greifswalder Markplatz bereits stehen. Sie würde sich freuen, wenn die knapp 60.000-Einwohnerstadt gewinnt. "Ich würde mich insgeheim mehr für Greifswald freuen, weil die Stadt kleiner ist. Außerdem ziehe ich bald dorthin, um zu studieren", sagt die Dresdnerin.
Asiatische Studenten mit aufgemaltem Backenbart
Kurzentschlossene können sich auf dem Neumarkt vornehm mit Hut und Schal ausstaffieren lassen. Darren Jonathan aus Indonesien und Kai Hu aus Taiwan lassen sich an der Schminkstation kurzerhand noch Backenbärte verpassen.
Die Maschinenbau-Studenten, die erst seinem einem Jahr in Deutschland leben, haben erst kurz zuvor erfahren, dass hier eine Wette läuft und wer Caspar David Friedrich ist. "Das ist ja einmalig hier", sagt der 20-jährige Darren. Die beiden jungen Männer setzen ihre schwarzen Hüte auf und grinsen sich an. "Wir finden es einfach cool", sagt der 20 Jahre alte Kai Hu.
Gespannte Blicke auf die Liveschalte
Dann schließlich kommt 19:15 Uhr die Entscheidung. Welche Stadt hat die Wette gewonnen? 2.241 meldet Greifswald. 2.033 sind es in Dresden. Ein enttäuschtes Raunen ist vor der Frauenkirche zu hören, Klatschen und Jubeln in Greifswald über die Liveschalte. Dresden hat knapp verloren.
Enttäuschte und fröhliche Gesichter
Viele enttäuschte Gesichter sind in Dresden zu sehen. Auch Irene, Lutz und Claudia hätten sich gewünscht, dass Dresden gewinnt. "Ich bin schon etwas traurig, aber es war etwas Besonderes, dabei gewesen zu sein", sagt Irene. Und als Dresdnerin könne man darüber stehen, fügt Claudia hinzu: "Wir wissen, was wir wert sind. Da hält man das aus."
Wir wissen, was wir wert sind. Da hält man das aus.
Bei Nora Stolzenburg ist die Freude groß. "Ich habe mich gefreut für Greifswald", sagt die Dresdnerin. Weil es die kleinere der beiden Städte ist, freue sie sich ehrlich für die Ostseestadt. Dabei gewesen zu sein, sei ohnehin wichtiger: "Wir haben so viele schöne Leute mit super Kostümen gesehen. Ich bin froh, dass ich dabei war."
MDR (phb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 05. September 2024 | 19:00 Uhr