Nach Stadtratsbeschluss Auch künftig kein flexibles Carsharing in Dresden

22. Juli 2022, 15:10 Uhr

Gemeinsam mit anderen ein Auto teilen und es nach der Fahrt einfach auf einem freien Parkplatz abstellen – das wollte der mitteldeutsche Carsharing-Anbieter teilAuto mit dem Angebot "Cityflitzer" künftig auch in Dresden möglich machen. Bislang müssen hier die Carsharing-Autos immer wieder zur Ausleihstation zurückgebracht werden. Doch während das Prinzip des sogenannten Freefloating-Carsharings in Leipzig seit knapp vier Jahren gut funktioniert, wird es in Dresden auch weiterhin nicht umgesetzt werden.

In Dresden wird es vorerst kein Cityflitzer-Carsharing der Marke teilAuto geben. Das teilte das Unternehmen am heutigen Freitag mit. Grund sei demnach ein Beschluss des Dresdner Stadtrates zu Parklizenzen und den Sharingleitlinien. Nachdem der Stadtrat beschlossen hatte, das Gebiet der Äußeren Neustadt für diese Art des flexiblen Carsharings nicht freizugeben, fällt für den Anbieter eine lukrative Zielgruppe weg. Deshalb steht nun das Vorhaben für ganz Dresden vor dem Aus.

Schwer enttäuscht: Mehr Flexibilität lange ersehnt

"Die Nutzerinnen und Nutzer in Dresden fragen uns schon ewig danach, wann stationsungebundenes Carsharing endlich auch in ihrer Stadt möglich sein wird“, erzählt Franziska Wilhelm von teilAuto.

Besonders für spontane und kurze Fahrten sei die Möglichkeit, das Auto an einem anderen Ort abzustellen als dort, wo es entliehen wurde, attraktiv. Es sei eine sinnvolle Ergänzung zum stationsbasierten Auto-Teilen, bei dem das Auto immer wieder zum Ausleih-Stellplatz zurückgebracht werden müsse. Vom dem aktuellen Stadtratsbeschluss zeigt sich das Carsharing-Team enttäuscht: Es bedeutet, dass es auch weiterhin in Dresden kein flexibles Carsharing geben wird.  

Warum klappt flexibles Carsharing in Dresden nicht wie in Leipzig?

Kostenfreie Parkplätze gibt es in Dresden, anders als in Leipzig, kaum. Der Carsharing-Anbieter muss daher Lizenzen bei der Stadt erwerben. Die Rahmenbedingungen dafür wurden nun am 14. Juli durch den Stadtrat festgelegt. Ursprünglich sollte dieser Beschluss der Startschuss für das Projekt "City-Flitzer" sein. Doch ein kurzfristiger Änderungsantrag der Dissidenten-Fraktion klammerte das Gebiet der Äußeren Neustadt aus.

Mit 51-"Ja"-Stimmen und neun Enthaltungen wurde der Vorschlag einstimmig vom Stadtrat angenommen. Das heißt: In der Äußeren Neustadt wird es kein flexibles Carsharing geben. Damit fällt jedoch für den Carsharing-Anbieter ein Stadtbereich weg, der viel Potenzial versprochen hatte: "Ohne die äußere Neustadt können wir das Projekt City-Flitzer nicht starten. Denn gerade dort lebt ein Großteil der Menschen, die unser Angebot dankbar nutzen würden."

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Die Illustration zeigt einen jungen Mann mit Brille, Bart, kurzen dunklen Haaren und einem grauen Shirt. 38 min
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Stadtrat Schulte-Wissermann: Teilen attraktiv machen und nicht das Auto

"Es sollte beim Carsharing darum gehen, das ' Sharing' und nicht das 'Car' attraktiv zu machen," sagt Stadtrat Martin Schulte-Wissermann. Mit seiner Dissidenten-Fraktion hatte er den Änderungsantrag eingebracht, durch den die Neustadt vom flexiblen Carsharing ausgeklammert wird. In der Möglichkeit, Carsharing-Autos überall abstellen zu können, sieht er die Gefahr, "dass es dazu verführt, auch kurze Wege mit dem Auto zurückzulegen.

Dies steht im krassen Gegensatz zu unserem Verständnis einer nachhaltigen Verkehrswende. Ich spreche hier nicht nur als Dissident, sondern auch als Pirat."

In ihrem Programm zur Kommunalwahl hatte die Piraten-Partei angekündigt, die Auswirkungen von Free-Floating-Carsharing-Modellen auf den Gesamt-Autoverkehr kritisch zu hinterfragen. Die Möglichkeit, Autos mit anderen zu teilen, sollte nach ihrer Ansicht nicht in Konkurrenz zu Fuß-, Rad- und Öffentlichen Verkehr treten.

Große Hoffnungen: Carsharing bringt nach Ansicht des Stadtrats viele Vorteile

Trotz Absage an das flexible Carsharing im Bereich der Äußeren Neustadt stuft der Stadtrat den Nutzen von Carsharing-Systemen generell als hoch für die städtische Mobilität ein. Dies geht aus den neu beschlossenen Leitlinien zu Sharing-Angeboten hervor. Sie sollen klare Rahmenbedingungen schaffen. Die Hoffnungen in puncto Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind groß:

  • Stärkung des Umweltverbundes
  • Reduktion des privaten Pkw-Besitzes
  • Steigerung der Auslastung von Kraftfahrzeugen
  • Rückgewinnung wertvollen, öffentlichen Raumes durch effektive Ressourcennutzung
  • Einsparung von Lärm- und Schadstoffemissionen
  • nahtlose Mobilität in Dresden

Im stationslosen Carsharing sieht der Stadtrat jedoch scheinbar keine echte Alternative zum stationären Angebot, wie aus den Leitlinien zu Sharing-Angeboten hervor geht. Vielmehr seien diese als Einstieg in stationäre Carsharing-Systeme geeignet.

Steigende Nachfrage: 4.000 Pkw in Dresden bereits durch Carsharing ersetzt

Etwa 16.000 Menschen nutzen nach Angaben der Stadt in Dresden bereits das stationsbasierte Carsharing. Hierfür stehen 350 Fahrzeuge im gesamten Stadtgebiet zur Verfügung. Nach aktuellen Erhebungen ersetze diese Nutzung bereits etwa 4.000 Pkw, was einer Länge von 30 Kilometern Straßenparken entspräche.

Jährlich steige die Nachfrage an Carsharing um bis zu 20 Prozent. Die Stadt Dresden geht davon aus, dass bis zum Jahr 2035 die Zahl der Nutzenden auf etwa 80.000 ansteigt und Carsharing somit langfristig bis zu 15.000 private Pkw ersetzen wird.

MDR (kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 22. Juli 2022 | 15:30 Uhr

3 Kommentare

NormalNull am 24.07.2022

Mir fällt auf, dass in den Meldungen kaum ländliche oder Stadtrandbereiche zur Mobilität auftauchen. Themen wie das mobi shuttle, flexibles carsharing sind Zusatzoptionen für die gut erschlossenen Stadtzentren. Für 65 jährige Dorfbewohner, welche erst mal ca. 1 km zur Bushaltestelle laufen müssen, wären das Alternativen, aber alles findet weit weg von Denen statt. Das Klagen darüber, seinen Baumarkttransporter nicht IRGENDWO abstellen zu können, spricht hier Bände.

NormalNull am 24.07.2022

Es geht um das "FLEXIBLE" carsharing, also das Abstellen, wo immer man will (wie bei den Rollern) , Dieses im gut erschlossenen Zentrum der Großstädte nicht zuzulassen, halte ich für vernünftig. Im Auto zu fahren, um es, wo man will, zu verlassen, heißt Taxi, gibt es ausreichend.. In jedem Baumarkt kann man Transporter mieten, die danach aber der Baumarkt zurück haben will, so schlimm finde ich das nicht. Alternativ noch "Carl und Carla" die Transportervermietung mit zahlreichen Rückgabestationen.

user1 am 23.07.2022

Ich verwende Carsharing nicht für extrem kurze, sondern für längere Strecken, bei denen der ÖPNV einfach unattraktiv ist. Und wie soll z.B. der Student Sachen aus dem Baumarkt transportieren? Mit dem Fahrrad? Da kann man dann auch gleich im Internet bestellen. Ich dachte man will lokalen Einzelhandel stärken? Mit dieser Entscheidung gegen flexibles Carsharing wird das bestimmt nichts.

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