Pflegerin erhält Impfung
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen das Coronavirus wurde im Dezember 2021 beschlossen. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Belga

Arbeitsgericht Dresden Urteil: Unbezahlte Freistellung wegen fehlender Corona-Impfung rechtswidrig

03. Februar 2023, 21:08 Uhr

Im Zusammenhang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht hat ein Pflegeheim in der Sächsischen Schweiz eine Köchin unbezahlt freigestellt. Die Frau wehrte sich vor Gericht gegen die Suspendierung und bekam vom Arbeitsgericht Dresden Recht. Das urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Arbeitsgericht Dresden hat die Suspendierung einer Mitarbeiterin einer Pflegeeinrichtung aufgrund eines fehlenden Impfnachweises für rechtswidrig erklärt. Der Arbeitgeber war nicht berechtigt, die Köchin unbezahlt vom Dienst freizustellen, teilte die mit dem Fall betraute Anwaltskanzlei am Freitag mit. Das Gericht bestätigte das Urteil auf Nachfrage von MDR SACHSEN.

Impfpflicht gilt nicht für alle Beschäftigten

Die Angestellte hatte ihrem Arbeitgeber im Zuge der einrichtungsbezogenen Impfpflicht bis zum Stichtag im März 2022 keinen Nachweis über eine Corona-Impfung vorgelegt. Daraufhin hatte das Pflegeheim ein Beschäftigungsverbot ausgeprochen und keinen Lohn mehr gezahlt. Im bereits Mitte Januar gefallenen Urteil heißt es, die Behauptung des Arbeitgebers, es habe für alle Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen eine staatlich angeordnete Impfpflicht gegeben, sei nicht vom Gesetz gedeckt.

Die Richter am Arbeitsgericht Dresden sind der Auffassung, ein Beschäftigungsverbot sei nur für Personen zulässig, die nach der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht am 15. März 2022 eingestellt wurden und keinen Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt hätten. Für alle, die zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Arbeitsverhältnis waren, gelte das nicht. Der Arbeitgeber hätte lediglich das zuständige Gesundheitsamt über den fehlenden Nachweis informieren dürfen. Die tatsächliche Beschäftigung zu verweigern, sei ungesetzlich, hieß es.

Ein Stempel mit der Aufschrift Impfpflicht steht auf einem Kalender, davor liegen eine Impfdose und eine Spritze
Das Urteil in dem Fall aus Sachsen ist noch nicht rechtskräftig. Der Anwalt der Klägerin bezeichnet es aber als wegweisend. Bildrechte: imago images/Bihlmayerfotografie

Nach Ansicht des Gerichts hätte das Heim die 60-Jährige durchaus weiterbeschäftigen können, wenn Küche und Pflegebereiche räumlich getrennt voneinander sind. Von "einer räumlich getrennten Versorgungseinrichtung" gehe "nach dem logischen Verständnis eines jeden" keine andere Gefahr aus als beispielsweise von Lieferanten, heißt es in der Urteilsbegründung.

Diese [...] Sanktionierung bewirkt [...] Überlegungen des Arbeitgebers dahingehend, ob der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung gegebenenfalls auch unter geänderten Bedingungen erbringen kann, nämlich ohne dass der betroffene Arbeitnehmer die [...] Räume betreten muss. Dies wäre denkbar im Homeoffice [...], aber auch in den Fällen, in denen eine Küche zur Versorgung der Pflegeeinrichtung so separiert ist, dass kein enger räumlicher Zusammenhang besteht.

Arbeitsgericht Dresden Aus der Urteilsbegründung | Az 4 Ca 688/22

Arbeitgeber auch zu Strafe wegen Verstoß gegen Datenschutzauflagen verurteilt

Der Arbeitgeber muss nun die ausgefallenen Gehälter der Frau in Höhe von mehr als 20.000 Euro brutto nachzahlen. Außerdem verurteilte das Gericht ihn zu einer Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verstößen gegen Datenschutzauflagen wegen der Meldung an das Gesundheitsamt. Zudem muss er laut Urteil darüber Auskunft geben, welche personenbezogenen Daten er an das Gesundheitsamt gemeldet hat.

Arbeitsgericht: Kein Grundsatzurteil

Der Urteilsspruch ist laut Arbeitsgericht noch nicht rechtskräfig, die Frist zur Einlegung der Berufung beim Sächsischen Landesarbeitsgericht läuft noch. Das Urteil ist laut Arbeitsgericht allerdings nicht als Grundsatzurteil zu verstehen, sondern habe nur Auswirkungen auf die beiden betroffenen Parteien.

Anwalt Carsten Ullrich spricht von einem "ersten wegweisenden Urteil". Seit dem 1. Januar arbeite seine Mandantin bereits wieder regulär in dem Pflegeheim in der Sächsischen Schweiz.

Impfpflicht für Gesundheitsberufe

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war im Dezember 2021 beschlossen worden. Damals hatte die Delta-Variante des Coronavirus Deutschland fest im Griff. Daraufhin hatte es zahlreiche Proteste und ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Dieses bestätigte die Rechtmäßigkeit der Impfpflicht. Der Schutz vulnerabler Gruppen wiege in dem Fall schwerer, hieß es.

Zum Ende des Jahres 2022 war die Impfpflicht ausgelaufen. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping sagte damals, die Impfpflicht habe zwar bewirkt, dass sich auch Skeptiker hätten impfen lassen. Man habe allerdings auch festgestellt, dass Menschen zum Impfen gegangen seien, weil sie ihre Arbeit behalten wollten.

Mit Stand Juli 2022 waren in Sachsen fast 40.000 Menschen im Gesundheitswesen beschäftigt, die nicht gegen das Coronavirus geimpft waren. Trotzdem wurde nach Angaben Kassenärztlichen Vereinigung bislang kein einziges Tätigkeitsverbot durch die Gesundheitsämter ausgesprochen. "In den allermeisten Fällen ist es so, dass wir die Versorgungssicherheit in den Vordergrund gestellt haben", so Köpping im November.

MDR (ben)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 03. Februar 2023 | 10:00 Uhr

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