HochwasserIn die Fluten der Elbe für die Wissenschaft
Hochwasser und eingestürzte Carolabrücke verhindern, dass Messschiffe in Dresden ausrücken können. Doch gerade bei dem hohen Pegel sind diese Daten essenziell. Deshalb kann der kleine Trimaran des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe glänzen. An mehreren Dresdner Brücken stürzt er sich in die Fluten, um die Fließmodelle der Elbe zu verbessern.
- Beim Hochwasser wird der genaue Durchfluss der Elbe ermittelt.
- Weil Messschiffe nicht fahren können, kommt der unbemannte Trimaran zum Einsatz.
- Mit Ultraschall wird automatisch ein Profil des Flussbettes erstellt.
Knallorange wippt ein Schiffchen in der Strömung der Elbe. Wie ein Drachen im Wind wird der kleine Trimaran von zwei Personen an einer Leine gehalten. Doch der Strick führt nicht hinab, sondern von der Wasseroberfläche hinauf, bis zum Geländer der Dresdner Waldschlößchenbrücke. Die zwei Techniker des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) Elbe haben das Schiffchen im Schlepptau und gehen die Brücke entlang.
Für einen Moment hängt der Strick zu locker, eine kleine Unachtsamkeit, doch die Hochwasserströmung der Elbe verzeiht nicht. Der Trimaran beginnt sich zu drehen, das Seil wickelt sich auf die andere Seite und es kommt zum unvermeidbaren Umkippen. Nun liegt das Bötchen geschlagen, mit dem Bauch gen Himmel, auf der Wasseroberfläche. Seine "Herrchen" am anderen Ende der Leine stöhnen auf. Sie müssen wieder zurück und die Messung von vorne beginnen.
Am Elbufer wird das Geschehen von zwei weiteren Vertretern des WSA Elbe beobachtet. Die Frau in offiziell wirkender Regenjacke und der größere Mann in Alltagskleidung warten auf das sich nähernde Boot. Mit Gummistiefeln ausgestattet watet der Mann durch die überflutete Wiese, packt das grelle Gefährt, dreht es um und bringt es wieder zu seiner Ausgangsposition. Seine Kollegin steht mit einem Tablet daneben und kontrolliert darauf Tabellen und bunte Grafiken.
Wichtige Daten von Hand gemessen
Lena Litjohann ist Sachbearbeiterin der Dresdner WSA Elbe und beaufsichtigt die heutigen Messungen auf der Elbe. "Der Durchfluss ist eine Kontrollmessung für uns. Einmal um zu gucken, ob der mit dem Pegel übereinstimmt, aber auch, um unsere Modelle zu kalibrieren," sagt Litjohann.
Das WSA berechnet regelmäßig Wasserstandsvorhersagen. Für diese Prognosen zu Hochwasser brauche es aber gute Rechenmodelle, die durch diese Messungen verbessert würden.
Klein ist besser bei Hochwasser
Mittlerweile ist der Trimaran wieder auf Kurs und wird, fast wie eine Fähre, immer wieder von einem zum anderen Elbufer gezogen. Die Sachbearbeiterin läuft, weiterhin die Tabletdaten im Blick, neben ihren zwei ziehenden Kollegen her. Ab und zu muss kurz gestoppt oder leicht zurückgesetzt werden.
Nach dem ersten Umkippen macht das Bötchen aber keine großen Probleme mehr. Einmal wird es sogar gekonnt an einem bedrohlich großen Stück Holz vorbeimanövriert. Das braune Wasser der Elbe trägt auch noch allerhand anderes Treibgut flussabwärts. Dieses könne aber nicht nur dem Messtrimaran gefährlich werden. Lena Litjohann erklärt, dadurch könnten auch die Bootsschrauben von größeren Messschiffen beschädigt werden. Zusammen mit dem hohen Wasserpegel seien das Gründe, weshalb gerade nicht auf der Elbe gefahren, sondern mit dem unbemannten Schiffchen gemessen wird.
Schlaues Bötchen an der Leine
Für seine Arbeit hat der orange Trimaran einen runden Messkopf mit vier Fenstern an seiner Unterseite. Von dort werden Ultraschallwellen Richtung Flussbett gesendet. Die Wellen prallen von der Flusssohle ab und werden vom Boot gemessen. Dieses wisse immer ganz genau, wo es sich gerade befindet und erstellt so automatisch einen Querschnitt des Flussbettes. Zusätzlich wird auch die Fließgeschwindigkeit des Wassers gemessen. Mit diesen Daten kann dann ausgerechnet werden, wie viel Wasser durch den Fluss fließt. Gerade sind das in der Elbe circa 1,6 Millionen Liter pro Sekunde. Fünfmal so viel wie üblich.
Nach grob einer Stunde ist das Team des WSA Elbe fertig mit seiner Arbeit an der Waldschlößchenbrücke. Sie wollen auch noch zur Flügelwegbrücke und zur Flutrinne, um dort weitere Messungen zu machen. Am Ende gehen die gesammelten Daten nach Magdeburg, um von Experten des Amtes verarbeitet zu werden.
Wenn es kein Extremwasser gibt, muss das Bötchen aber nicht untätig ausharren. Laut dem WSA Elbe Team, nutzen sie den Trimaran auch, um beispielsweise die Wasserbewegung hinter Buhnen im Fluss zu analysieren. So soll sichergestellt werden, dass Uferbereiche richtig umspült werden und das dortige Ökosystem in Takt bleibt.
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 17. September 2024 | 19:00 Uhr
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