Live-Musik Zurück in der Menge: Wie fühlt sich ein Konzertbesuch ohne Corona-Regeln an?

10. Juni 2022, 19:40 Uhr

In der Corona-Pandemie waren Konzertbesuche erst gar nicht und dann nur unter strengen Corona-Auflagen mit Tests und viel Abstand möglich. Doch wie fühlt es sich an, nach mehr als zwei Jahren wieder ein "normales" Konzert zu besuchen? MDR SACHSEN-Reporterin Anett Linke hat es beim Stadionkonzert von "Die Ärzte" in Dresden ausprobiert.

Vor der Corona-Pandemie war ich eine eifrige Konzertgängerin. Nur wenige Tage vor dem ersten Lockdown 2020 war ich noch auf einem Konzert. Dann ging lange Zeit gar nichts mehr. Im vergangenen Sommer der langsame Start. Ich besuchte Picknick-Konzerte und andere Open-Air-Veranstaltungen. Doch dabei waren stets große Abstände, Testnachweise und Masken nötig. Ein normales Konzertgefühl stellte sich für mich nicht ein.

Stadionkonzert als Wiedereinstieg

Nun also das erste Mal ein Großkonzert seit langer Zeit. Und dann gleich im Dynamostadion in Dresden. Schon Tage vorher bin ich nervös. Wie es sich wohl anfühlen wird, wieder zwischen so vielen Menschen zu stehen? Dicht an dicht inmitten von Tausenden?

Als ich meine Sachen zusammensuche, merke ich, dass ich außer Übung bin. Vor Corona lag meist alles, was ich auf Konzerten brauchte, griffbereit. Nun muss ich mich bewusst erinnern. Der Himmel ist grau, also ein Regencape. Tickets, Geld, Schlüssel, etwas Traubenzucker für den Kreislauf, eine Wasserflasche fürs Auto. Dazu eine FFP2-Maske und Desinfektionsmittel. Manche Angewohnheiten der vergangenen Pandemie-Jahre kann ich eben nur schwer ablegen.

Dinge, die mir gefehlt haben - das Gemeinschaftsgefühl
- den Bass im Körper zu fühlen
- singen, tanzen, springen
- Merchandising-Produkte direkt am Konzertort kaufen

Nach Anfahrt und Parkplatzsuche gehen wir zu dritt zum Stadion. Es sind schon viele Menschen da. Ich fühle mich etwas unwohl: Keine Masken, wenig Abstand, all das bin ich nicht mehr gewöhnt. Wenigstens sind wir an der frischen Luft.

Gewohnheiten setzen sich durch

So langsam stellen sich gewisse Automatismen meiner zahlreichen Konzertbesuche wieder ein. Ein Besuch am Merch-Stand, dann etwas zu trinken, fix noch zu den Toiletten. Spätestens jetzt bin ich froh, dass ich Desinfektionsmittel dabei habe.

Wir sichern uns einen Platz im hinteren Drittel des Stadions an einer Absperrung genau vor einem Getränkestand. Dieser Platz hat viele Vorteile, finde ich. Wir können uns anlehnen und direkt vor uns kann sich niemand hinstellen, was mir einen gewissen optischen Freiraum verspricht. Ein Nachteil, den wir aber erst später spüren werden: Das lange Stehen auf dem Metall der Absperrung ist kein Spaß für unsere Füße.

Dinge, die mir nicht gefehlt haben - fremde Menschen zu dicht an meinem Körper
- Dixi-Toiletten
- Schlange stehen an den Toiletten, Getränke- und Merchandise-Ständen
- Parkplatzsuche
- Stau vor der Heimfahrt nach einem tollen Konzerterlebnis

Bei den Vorbands reagiert das Publikum noch etwas verhalten. Auch wir warten ab. Als "Die Ärzte" endlich die Bühne betreten, wird es laut im Stadion. Doch anscheinend geht es vielen Leuten wie mir, sie müssen sich erst wieder daran gewöhnen, auf Konzerten zu tanzen und zu springen. So richtig Bewegung kommt erst beim vierten oder fünften Lied auf.

Alltagsstress wegtanzen

Aber dann gibt es kein Halten mehr! Auch ich fühle mich endlich wieder wie immer auf Konzerten: Als Teil einer großen Gemeinschaft, die zusammen eine Band, eine Überzeugung und eine Leidenschaft feiert. Ich kann Musik wieder körperlich fühlen und den Alltagsstress wegtanzen, wegspringen, wegsingen.

Sieben Stunden liegen hinter uns - vom Einlass bis zum Konzertende. Erst auf dem Weg Richtung Ausgang fällt mir auf, dass mein Körper mir diese Anstrengung wahrscheinlich noch ein paar Tage übel nehmen wird. Ich bin eben nicht mehr im Training. Doch das Glücksgefühl überwiegt.

MDR

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