Personelle Konsequenzen Nach Munitionsaffäre: LKA-Chef und Abteilungsleiter gefeuert

07. April 2021, 19:50 Uhr

Sachsens Innenminister Wöller hat nach der Munitionsaffäre beim Landeskriminalamt personelle Konsequenzen gezogen. LKA-Präsident Kleine und der zuständige Abteilungsleiter, Mewes wurden von ihren Aufgaben entbunden. Das Ministerium reagiert damit auf die Ermittlungen gegen 17 Polizisten einer inzwischen aufgelösten Sondereinheit in Dresden. Vier der Beamten sollen 7.000 Schuss Munition entwendet und damit ein privates Schießtraining in Mecklenburg-Vorpommern bezahlt haben. Wöller will nun einen personellen Neustart.

Die Munitionsaffäre bei der sächsischen Polizei hat personelle Konsequenzen. Das sächsische Innenministerium hat den Präsidenten des Landeskriminalamtes (LKA), Petric Kleine, und den für Spezialkräfte zuständigen Abteilungsleiter Sven Mewes mit sofortiger Wirkung von ihren Funktionen entbunden. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Munitionsskandal gegen 17 Polizeibeamte des Mobilen Einsatzkommandos Dresden.

Petric Kleine kommt zu einer Sondersitzung des Innenausschusses.
Vorige Woche packte Petric Kleine (58) als LKA-Chef seine Aktentasche noch bei der Sondersitzung des Innenausschusses ein. Jetzt muss er seinen Posten als Präsident räumen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Die Nachfolge für die LKA-Leitung steht auch schon fest: Die soll die 48 Jahre alte Sonja Penzel übernehmen. Bislang ist die Polizistin und Juristin in Chemnitz Präsidentin der dortigen Polizeidirektion und für rund 2.000 Bedienstete zuständig.

Munition 2018 entwendet?

Die beschuldigten 17 Polizisten müssen sich wegen Diebstahls bzw. Beihilfe zum Diebstahl, Verstoßes gegen das Waffengesetz und Bestechlichkeit verantworten. Vier Hauptbeschuldigte, der Kommandoführer und drei Schießtrainer, sollen im Jahr 2018 zudem 7.000 Schuss Munition aus den Beständen der sächsischen Polizei entwendet zu haben. Die Munition sollen sie als Bezahlung für ein Schießtraining auf einer privaten Schießanlage in Güstrow verwendet haben. Für das Training hatte es keine Erlaubnis gegeben. Es werden auch mögliche Kontakte der Polizisten ins rechtsextreme Milieu untersucht, hieß es.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe am 30. März 2021 ist die betroffene, 30 Beamte zählende Spezialeinheit in Dresden inzwischen aufgelöst worden. Die übrigen Polizisten sollen nach MDR-Informationen auf die drei verbleibenden Sondereinheiten aufgeteilt werden.

Ex-LKA-Präsident: "Ich schäme mich"

"Ich schäme mich für das, was Beamte meines Amtes getan haben", hatte der jetzt geschasste LKA-Präsident Kleine noch am Gründonnerstag nach der Sondersitzung des Innenausschusses gesagt. Er habe sich oft gefragt, was er falsch gemacht haben könnte. Im konkreten Fall seien die Maßnahmen an allen Vorgesetzten vorbei geschehen. Er hätte die Verletzung von Kontrollpflichten vermutlich gar nicht bemerken können. Zugleich räumte er ein, die bisherigen Kontrollen zur Ausgabe von Munition nicht hinterfragt zu haben.

Innenminister: Externe Hilfe bei Aufklärung des Skandals

Sachsens Innenminister Roland Wöller sagte zum personellen Neustart in der LKA-Führung und bei den Spezialeinheiten: "Dieser ist notwendig, um das Vertrauen in die für die Kriminalitätsbekämpfung in ganz Sachsen zentrale Behörde und ihre Führung wiederherzustellen."

Neben dem personellen Neustart kommt es entscheidend auf eine umfassende Aufklärung der Vorgänge an, die jetzt unter neuer Führung vorangetrieben wird. Dabei wird es auch externe Unterstützung durch unabhängige Experten geben.

Roland Wöller sächsischer Innenminister (CDU)

Linke: "Bauernopfer müssen Kopf hinhalten"

Der "Rauswurf" von Kleine und Mewes überrascht die bei Sachsens Linker für Innenpolitik zuständige Sprecherin, Kerstin Köditz, nicht. "Offensichtlich liegt in der Behörde einiges im Argen und hat es an Kontrollinstanzen unter den vermeintlichen 'Elitepolizisten' gemangelt." Das Tempo der Personalentscheidungen erstaune sie dann doch.

In der Sondersitzung des Innenausschusses vorige Woche habe es "bislang nur wenige erhärtete Fakten" in der Munitionsaffäre gegeben. "Uns Abgeordneten war dort sogar ausdrücklich bestätigt worden, dass es Herr Mewes war, der das dubiose Training bei 'Baltic Shooters' untersagt hatte. Von Vorwürfen gegen ihn war nicht einmal ansatzweise die Rede." Für Köditz ergebe sich nun der Eindruck, "dass 'Bauernopfer' den Kopf hinhalten müssen".

Grüne: "Bestenfalls ein Anfang"

Der innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, Valentin Lippmann sagte: "Wir reden hier nicht über Einzelfälle oder individuelle Verfehlungen, sondern über erkennbare strukturelle Probleme." Die Entlassungen von Kleine und Mewes seien "unausweichlich". Jedoch: "Die personellen Konsequenzen können bestenfalls der Anfang einer umfassenden Aufklärung des Munitionsskandals und seiner Hintergründe sein", sagte Lippmann.

Unabhängig vom Personalwechsel an der LKA-Spitze erwartet Lippmann, dass "sämtliche Verbindungen von Beamtinnen und Beamten des MEK zu rechtsextremen Gruppierungen, wie etwa 'Nordkreuz', sowie die Existenz rechter Netzwerke in den Sicherheitsbehörden überprüft werden und der Verbleib der Munition geklärt wird."

AfD fordert mehr Konsequenzen

Carsten Hütter, Mitglied im Bundesvorstand der AfD fordert "weitaus mehr Konsequenzen" für "Bestechlichkeit, Munitionsdiebstahl und Verstöße gegen das Waffengesetz in den Reihen der Polizei und in diesem Ausmaß". Es müsse sich "mindestens auch der Innenminister fragen, ob er seinem Amt und seiner Dienstaufsichtspflicht noch umfassend gerecht wird."

LKA-Präsident Kleine ist nach Ansicht Hütters "ein Bauernopfer", das "von der Ratlosigkeit der CDU geführten Regierung in Sachsen" zeuge. Die Freistellung der Personalie Mewes mache da schon eher Sinn und sei durchaus nachvollziehbar.

Quelle: MDR/kk/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 07. April 2021 | 19:00 Uhr

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