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Luft- und Raumfahrtforschung"Wir werden irgendwann ein Raumschiff wie die Enterprise haben"

30. September 2022, 11:59 Uhr

Martin Tajmar ist Direktor des Institutes für Luft und Raumfahrttechnik an der TU Dresden. Auf dem Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress, der drei Tage in Dresden tagte, sprach er über "revolutionäre Raumfahrtantriebe". Bisher gilt es als unmöglich, die Distanz von mehreren Lichtjahren zu überwinden. Doch Tajmar ist überzeugt: Mit den Antrieben wird es möglich sein, in benachbarte Sternensysteme zu fliegen. Im Interview mit MDR SACHSEN berichtet Tajmar von seiner Forschung und erklärt, weshalb er vom Standort Dresden "enorm" profitiert. 

In der Science-Fiction-Serie Star Trek verfügt das Raumschiff Enterprise über einen sogenannten Warp-Antrieb. Wie nah sind wir dran an einem solchen? 

Martin Tajmar: Als ich als Kind Raumschiff Enterprise gesehen habe, hat das mein Interesse an der Raumfahrt geweckt. Für den Warp-Antrieb gibt es natürlich keinen Plan. Wir wissen nicht zu 100 Prozent, wie ein solcher funktionieren könnte. Aber das hindert uns natürlich nicht daran, auch in dieser Richtung zu forschen. 

Es könnte einmal möglich sein, dass wir entlang eines Laserstrahl ein Raumschiff in der Größe eines Mikrochips zum nächsten Stern werden schießen können. In den USA wird gerade das Projekt Breakthrough Starshot angedacht, das dies zum Ziel hat. Aber schön wäre es natürlich, wenn wir irgendwann nicht nur einen kleinen Mikrochip, sondern ein Raumschiff auf diese Reise schicken können.

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Auf einem Stern kann man ja nicht landen, was also genau meinen Sie, wenn Sie von einer Reise "zu den Sternen" sprechen?

Logisch – zu den Sternen ist eine Phrase. Natürlich will man zu Planeten rund um diese Sterne. Und Alpha Centauri ist einfach der nächste. Wir wissen nicht, ob es dort Leben gibt, es ist aber ein erster Schritt.

Auf dem Luft- und Raumfahrtkongress haben Sie auch über treibstofflose Antriebe gesprochen. Wie könnten die funktionieren?

Ein Beispiel dafür wäre das, was ich gerade erwähnt habe: Wenn Sie mit einem riesigen Laserstrahl auf ein extrem kleines und leichtes Segel drücken, dann brauchen Sie keinen Treibstoff mitnehmen. Die Energiequelle ist auf der Erde. Denn wenn Sie Treibstoff mitnehmen müssen, haben sie keine Chance, bis zu den nächsten Sternen zu kommen. 

Welche Möglichkeiten könnte es noch geben?

Zum Beispiel gibt es wahrscheinlich um uns herum eine sogenannte Dunkle Materie. Wir haben aber bisher keine Möglichkeit, mit dieser wechselzuwirken. Wenn wir aber herausfinden, wie wir dies tun können, könnten wir uns eine Art Propeller vorstellen, mit dem man durch die Dunkle Materie wirbelt und damit ebenfalls zum nächsten Stern fliegen kann.

Für wie realistisch halten Sie es, dass Sie eine solche Lösung finden? 

Es gibt keinen bekannten Plan. Ich kann auch nicht sagen, in fünf Jahren haben wir es. Aber wenn wir gar nichts machen, dann werden wir nie darauf kommen. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass wir tatsächlich irgendwann ein Raumschiff mit Warp-Antrieb haben werden wie das Raumschiff Enterprise aus Star Trek. 

Ich kann auch nicht sagen, in fünf Jahren haben wir es. Aber wenn wir gar nichts machen, dann werden wir nie darauf kommen.

Ich bin der Meinung, dass alles, was wir uns ausdenken, irgendwann einmal möglich sein wird. Wenn Sie Leonardo da Vinci ein Smartphone gezeigt hätten, wäre es damals völlig unvorstellbar gewesen, dass das jemals möglich sein wird. Wir haben keine Ahnung, was in 100 Jahren technologisch möglich sein wird. "Unmöglich" bedeutet nur, dass es jetzt noch nicht möglich ist. 

Wie konkret forschen Sie an der TU Dresden an solchen neuartigen Raumfahrtantrieben? 

An der TU Dresden entwickeln wir zum Beispiel Messmethoden dafür. Wir haben die weltweit besten Schubmesswaagen entwickelt. Damit können wir extrem kleine Schubkräfte vermessen: Wenn wir mit einem Laser, der zum Beispiel nur ein Watt hat, drauf strahlen, dann sehen wir das als Schubkraft. 

Und das bedeutet, dass wir Materialien, zum Beispiel für Sonnensegel, vermessen oder erforschen können. Wir können damit aber auch nach vielleicht noch unbekannten Wechselwirkungen suchen, weil wir eben extrem kleine Kräfte messen können. 

Woran forschen Sie noch an der TU Dresden? 

Wir sind ein relativ großes Institut und ich beschäftige mich natürlich auch mit den ganzen klassischen Raumfahrt-Technologien. Wir entwickeln zum Beispiel unsere eigenen Satelliten, drei haben wir schon in den Orbit gebracht. Oder wir sind der einzige Lehrstuhl in Deutschland, der eine Flüssigtreibstoff-Rakete mit Studenten entwickelt hat. 

Sie haben unter anderem in Österreich und Südkorea geforscht, seit 2012 in Dresden. Ist die Stadt ein guter Standort für die Raumfahrtforschung? 

Ich profitiere enorm von dem Standort Dresden. Erstens ist die TU als Exzellenzuniversität extrem gut aufgestellt. Außerdem haben Sie in Dresden ja auch die größte Bündelung von außeruniversitärer Forschung überhaupt in Deutschland. Wir arbeiten zum Beispiel mit den Fraunhofer-Instituten vor Ort bisher erfolgreich zusammen. 

In der Raumfahrt sind ja auch neue Materialien ganz ausschlaggebend, um weiterzukommen. Und neue Materialien, das ist ja ein großer Forschungsschwerpunkt in Dresden und Sachsen, kommen uns natürlich sehr, sehr zugute. 

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