Ein Mann mit einem Kind dreht die Heizung herunter
Viele Menschen in Sachsen haben derzeit Angst vor steigenden Heizkosten. Mietexperten raten zum Sparen statt aufregen, weil die Nebenkostenabrechnung für den heutigen Verbrauch erst in zwei Jahren kommt. Bildrechte: IMAGO/photothek

Aktionstag gegen Mietkostensteigerung Dresdner Mieterverein rät: Keine Panik, nachrechnen und Warmwasser sparen

08. Oktober 2022, 19:34 Uhr

Schreddern wollten sie ihre Nebenkostenabrechnungen nicht, die Dutzende Dresdner, die am Sonnabend die Räume des Vereins Mieterverein Dresden und Umgebung (kurz DMB) am Fetscherplatz besuchten. Dazu hatte sie das Bündnis "Mietenstopp" eingeladen. In Einzelberatungen sprachen die Mieter mit Experten über Sparmöglichkeiten und Stolperfallen.

  • Heutige Nebenkostenabrechnungen beziehen sich meist auf ersten Coronawinter.
  • Politik und Wetter bestimmen die Nebenkostenabrechnung von Morgen und erschweren Prognosen.
  • Gewerkschaft sieht Politik in der Bringpflicht.

Bundesweit sind am Sonnabend Tausende Menschen auf die Straßen gegangen für bezahlbares Wohnen. In Dresden jedoch konzentrierte sich das Bündnis "Mietenstopp" auf persönliche Gespräche und Praxistipps. Mehrere Dutzend Mieter hatten deshalb ihre Nebenkostenabrechnungen nicht zum Schredder, sondern in die Beratungszimmer des Dresdner Mietervereins (DMB) getragen. Dort wurden kostenfreie Nebenkostenchecks auch für Nichtmitglieder durchgeführt. Ihnen allen lag die Frage auf der Zunge, ob auch wirklich alle Posten darin rechtens seien und wo sich Sparpotenziale ergeben. All das wollte auch Bernd Sauer wissen, der in der Dresdner Altstadt lebt.

Alle Betriebskosten müssen im Mietvertrag stehen

Einen Punkt, den der Rentner prüfen könnte, fand Jan Bröchler sofort. Der Mietervereins-Vorstand hatte Bernd Sauer beraten und ihn auf Posten in der Nebenkostenabrechnung wie den Wachdienst hingewiesen. "Sämtliche Betriebskosten müssen wörtlich in einem Mietvertrag benannt sein. Es ist nicht rechtens, sie pauschal unter 'Sonstiges' zu verbuchen", erklärte Bröchler.

Da Bernd Sauers Mietvertrag noch aus den 1990er-Jahren stammt, habe er dort gute Chancen, aktiv zu werden. Auch beim Wasserverbrauch entdeckte Jan Bröchler anhand der Nebenkostenabrechnung Einsparpotenzial. "Viele sagen, sie baden nicht, sondern duschen nur." Der Mietexperte rät dazu, beim Duschen auf die Zeit zu achten, weil auch bei langen Duschen viel Wasser wegfließt.

Das Thema Nebenkosten bestimmt die Beratungstätigkeit des Mietervereins schon länger. "Mehr als die Hälfte der Beratungen drehte sich immer darum, nun wird es aber mehr", sagt der Berater aus Erfahrung.

Preissteigerung erst in zwei Jahren sichtbar

Bröchlers Kollege, der Jurist Torsten Abel, erklärt in einer anderen Beratung, dass sich der große Preisanstieg wohl erst im Jahr 2024 bemerkbar machen werde. Denn gerade der große Immobilienkonzern Vonovia berechne immer die Zeiträume vom 1. Oktober eines Jahres hin zum letzten Septembertag des Folgejahres. Und dann habe der Anbieter noch zwölf Monate lang Zeit, die Nebenkostenabrechnung an die Verbrauchenden zu senden, erklärt der Jurist.

Was also jetzt zu zahlen ist, bezieht sich auf den Winter des Jahres 2020/21, der laut Abel ein sehr kalter Winter inmitten der ersten Corona-Krise gewesen sei. Im Folgejahr habe es die ersten Heizkostensteigerungen gegeben. Dass viele Mieter derzeit Briefe von ihren Vermietern bekommen, in denen diese höhere Nebenkostenabschläge verlangen, sei den Beratern bekannt. Ihrer Meinung nach sollten Mieterinnen und Mieter aber nur bedingt darauf eingehen.

Derzeit kaum Prognosen möglich

"Ein Vermieter kann pleitegehen. Wenn er Insolvenz angemeldet hat und der Mieter durch Vorauszahlungen noch ein Guthaben hat, so kann es dann verfallen", sagt Abel. In diesem Zusammenhang riet er auch der Dresdnerin Karola Leske, die sich von ihm beraten ließ, eine höhere Vorauszahlung erst einmal abzulehnen. Mögliche Nachzahlungen solle sie aus Erspartem bezahlen.

Das Große schwebt gerade über dem Kleinen.

Torsten Abel Jurist

"Das Große schwebt gerade über dem Kleinen", erklärt der Rechtsexperte und meint damit, dass man als Mieter derzeit kaum Prognosen über künftige Heizkosten treffen könne. Zum einen sei weder klar, wie kalt der Winter werde und auch nicht, ob ein Energiepreisdeckel vonseiten der Politik komme und wie der ausfalle. Auch die Energiesteuer-Senkung sei zu beachten.

Zum Sparen rät er aber trotzdem - und zwar beim Warmwasserverbrauch. "Heizkosten entstehen durchs Heizen aber auch durch die Bereitung von Warmwasser. Das Vergessen viele", sagt er.

Neben den Mieterberatungen versuchte André Schnabel vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Dresden den größeren Überblick zu geben. Der DGB gehört ebenfalls zum Bündnis Mietenstopp und wirbt um Solidarität. "Wir sind der Meinung, dass Mieten nicht mehr als ein Drittel des verfügbaren Einkommens kosten darf", sagt der Gewerkschafter. Das könne unter anderem mit höheren Einkommen und Mietpreisdeckeln bewerkstelligt werden. Auch bei den gestiegenen Energiepreisen solle die Politik schnell handeln.

Ich finde Kundgebungen superwichtig – aber wir möchten auch mit den Menschen ins Gespräch kommen und das kommt auf Demos oft zu kurz.

Jens Wagner bundesweites Aktionsbündnis "Mietenstopp"

MDR (sho)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 08. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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