Henning Homann
Ungewöhnlich klar hat Sachsens SPD-Chef Henning Homann gegen Ministerpräsident Kretschmer ausgeteilt. Dem wirft die SPD Profilierung und leere Versprechen vor - gerne in Interviews in Wochenendausgaben überregionaler Zeitungen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Politik SPD wirft Kretschmer Selbstprofilierung zu Lasten des Landes vor

24. Mai 2023, 18:00 Uhr

Sachsens SPD-Chef Henning Homann fordert die CDU auf, zur Sachpolitik zurückzukehren. Mit seinem Interview in der Zeitung Merkur am Wochenende hat Ministerpräsident Kretschmer für die SPD offensichtlich eine rote Linie überschritten. Wenn ein Koalitionspartner den Grundsatz, dass erst das Land komme zugunsten der eigenen Profilierung kontinuierlich missachte, dann sei es Pflicht der SPD, das zu kritisieren, begründet Homann seinen ungewöhnlich klaren und offenen Hieb gegen Union und Kretschmer.

"Kretschmer fordert Kürzung von Asylbewerber-Leistungen". "Die Pläne dieser Regierung führen zu Aufruhr in der Bevölkerung." "Kretschmer wirft Habeck autokratischen Politikstil vor." "Kretschmer fordert Aufnahmestop für Ortskräfte aus Afghanistan": Es sind Schlagzeilen wie diese aus den vergangenen Wochen, die die SPD auf die Palme bringen. Parteichef Henning Homann erkennt dahinter eine Strategie des Ministerpräsidenten. Erst provoziere Kretschmer in überregionalen Medien, gern in den Wochenendausgaben. Damit sei er in den Schlagzeilen und durch die zu erwartende Kritik würden alle Medien in die Berichterstattung einsteigen. Michael Kretschmers Ziel sei es, so seine eigenen Beliebtheitswerte zu steigern. Mit emotionalen Themen, für die er aber nicht in der Verantwortung stehe.

Vorwurf: Politikstil der CDU nevt und lenkt ab

"Um es klar zu sagen, der Politikstil der CDU aktuell nervt nicht nur, sondern er lenkt auch von der dringend notwendigen Sachpolitik ab. Der sächsische CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident setzt aus unserer Sicht die falschen Prioritäten. Statt auf das Abarbeiten von Problemen konzentriert er sich auf Selbstdarstellung vor allem durch Angstpolitik und Krawall", kritisiert Hennig Homann. Und: "Sachsen braucht aber gerade Machen und nicht Sprücheklopfen."

SPD will Politik widersprechen, in der es primär um Profilierung geht

Dass es um die Koalition intern nicht zum Besten steht, ist ein offenes Geheimnis. So offen und direkt wie nun vom SPD-Chef, wurde die Kritik bislang aber nicht formuliert. Jedenfalls nicht öffentlich. Da beschränkte sich die Auseinandersetzung eher auf den Austausch kritischer Ansichten über Twitter. Die Zurückhaltung hat Gründe: Ein öffentliches hartes Gezänk in der Koalition schadet am Ende allen Koalitionspartnern in Sachsen. "Die Bürger erwarten zu recht, dass Regierungskoalitionen funktionieren und dass Probleme abgearbeitet werden", weiß auch SPD-Chef Homann. Zumal jenseits der Drohung, dass dem Ministerpräsidenten nun öffentlich in aller Deutlichkeit die Kritik entgegengebracht wird, nicht viel mehr Drohpotential bleibt. Ein Ausstieg aus der Koalition ist schlicht unrealistisch. Die Aussagen des Ministerpräsidenten unwidersprochen stehen zu lassen, können sich mit Blick auf die eigenen Wähler letztlich aber weder SPD noch Grüne leisten. Ein Dilemma.

Politik, in der es primär um Profilierung geht, um das Pflegen des eigenen Instagram-Accounts – das wird es unwidersprochen mit der SPD nicht geben.

Henning Homann Parteichef der SPD in Sachsen

Der Auslöser zu der nun so offen und hart vorgetragenen Kritik ist Michael Kretschmers jüngstes Interview in der Zeitung "Münchner Merkur". Darin hatte Kretschmer die Leistungen für Asylbewerber in Frage gestellt, obwohl erst im vergangenen Jahr das Bundesverfassungsgericht dazu geurteilt hatte, dass jenen das Existenzminimum zustehe. Nichts als Provokationen und Sprücheklopferei seien die Äußerungen Kretschmers dazu, so Homann. Dass Kretschmer Deutschland als Kriegspartei darstelle, sei eine absolut gefährliche Falschbehauptung. Ziel des Bundeskanzlers sei seit Beginn des Krieges mit einer internationalen Koalition dafür zu sorgen, dass der Krieg in der Ukraine nicht eskaliert.

CDU soll nicht Dinge versprechen, die nicht einlösbar sind

"Die CDU in Sachsen braucht einen Faktencheck aus einer Politik, die mit falschen Tatsachen agiert und Dinge verspricht, die nicht umsetzbar sind, kann nichts Gutes für das Land entstehen. Es mag von manchen Menschen in Sachsen schnellen Applaus geben. Aber es ist schlicht nicht seriös und führt langfristig zu neuen und noch tieferen Enttäuschungen bei den Menschen, wenn man Dinge verspricht, die nicht einlösbar sind", so die Kritik Homanns am Kurs des Ministerpräsidenten.

Er verlangt eine Umkehr. Für einen Wahlkampf mehr als ein Jahr vor der Landtagswahl im Freistaat sei es zu früh. Aufgaben im Land gäbe es für die Koalition genug zu lösen: Sachsen brauche mehr Lehrer, mehr Polizisten, bezahlbaren Wohnraum, den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien, die Lohnschere zwischen Ost und West gelte es zu schließen – und die CDU mache zu wenig, um die Aufgaben abzuarbeiten. Die SPD sei bereit, in schwierigen Zeiten die Profilierung hinten anzustellen.

Und dann klingt es eben auch bei Homann schon nach Wahlkampf. Die Reaktionen auf den Ausbruch des SPD-Chefs werden es zeigen. Fortsetzung folgt.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 25. Mai 2023 | 19:00 Uhr

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