Grünes Gewölbe Platzt der Prozess um den Juwelendiebstahl in Dresden?
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Vor dem Landgericht Dresden stehen sechs junge Männer. Ihnen wird Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden vorgeworfen. Der Freistaat Sachsen wollte als Nebenkläger auftreten und hatte zum Prozessauftakt auch schon einen Anwalt ins Gericht geschickt. Das Landgericht lehnte jedoch das Ansinnen des Freistaates auf Antrag der Verteidigung ab. Vor dem zweiten Prozesstag stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das auf den Prozess haben könnte.

Der zweite Prozesstag um den Juwelendiebstahl aus der Dresdner Schatzkammer Grünes Gewölbe soll am Freitag mit drei Zeugenaussagen von Sicherheitsmitarbeitern fortgesetzt werden. Doch für Prozessbeobachter interessanter ist die Frage, ob die vor zwei Wochen gestellten Anträge der 13 Anwälte Erfolg haben oder der Prozess gar platzen könnte, wie es die "Dresdner Neuesten Nachrichten" mutmaßen.
Freistaat als Nebenkläger im Prozess abgelehnt
Vor allem der Antrag der Verteidiger, die Staatlichen Kunstsammlungen nicht als Nebenkläger zuzulassen, wirft nach Einschätzung von juristischen Experten Fragen auf. Das Landgericht hat dem Antrag inzwischen stattgegeben, wie die Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) mitteilten. Es bestehe "kein besonderes Bedürfnis zur Wahrnehmung der Interessen des Freistaates als Nebenkläger", hieß es demnach zur Begründung. Das Landgericht hat sich noch nicht dazu geäußert.
Vorzeitige Akteneinsicht problematisch
Die Ablehnung der SKD als Nebenkläger bedeutet zwar nicht das vorzeitige Ende des Prozesses, könnte aber zu einem Revisionsgrund nach dem Urteil führen. Problematischer ist, dass den Kunstsammlungen bereits ohne Rücksprache mit den Verteidigern Akteneinsicht gewährt wurde. Das sei ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Angeklagten, hatten die Anwälte zum Prozessauftakt kritisiert, und ein schwerwiegender Verfahrensfehler, der nicht mehr geheilt werden könne.
Prozess kann bei Fehlern des Gerichts fortgesetzt werden
Doch selbst wenn das Gericht auch zu diesem Schluss kommen sollte, heißt das nicht, dass der Prozess platzen muss. Das Gericht kann auch bei einem Verfahrensverstoß den Prozess fortführen. In diesem Fall kann dies aber dazu führen, dass Beweismittel wie Zeugenaussagen weniger stark gewichtet werden können oder überhaupt nicht verwertet werden dürfen - ein Vorteil für die Angeklagten.
Bei dem Vorwurf der Anwälte, das Gericht habe gegen die Selbstbestimmung verstoßen, beziehen sie sich offenbar auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses verlangt, dass die Verteidiger "in der Regel" rechtliches Gehör bekommen, wenn in einem Verfahren die informationelle Selbstbestimmung betroffen ist, was durch die gewährte Akteneinsicht der Fall sein könnte. Denn bei verdeckten Ermittlungen wie etwa Abhörmaßnahmen bei den Remmos könnten vertrauliche Daten erhoben worden sein, die durch die Akteneinsicht dem Verteidiger der SKD zugänglich wurden.
Dass damit der gesamte Prozess gefährdet sein könnte, ist also eher unwahrscheinlich. Das Gericht kann die Entscheidung über den Antrag der Verteidigung im Übrigen auch vertagen, um das Verfahren zu beschleunigen.
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 11. Februar 2022 | 19:00 Uhr