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Bewährungsstrafe für Dresdner JVA-Beamten wegen Verbreitung von Haftbefehl

30. Oktober 2019, 13:51 Uhr

Nach der Weitergabe eines Haftbefehls ist ein Beamter des sächsischen Justizvollzuges am Mittwoch am Amtsgericht Dresden zu elf Monaten Haft verurteilt worden. Die Haftstrafe wird auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich muss er 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der Beamte ist vom Dienst suspendiert. Da die Strafe weniger als zwölf Monate beträgt, kann er aber nun nicht ohne Weiteres aus dem Dienst entlassen werden.

Der 40-jährige Daniel Z. hatte gestanden, nach der tödlichen Messerattacke von Chemnitz im August 2018 den Haftbefehl gegen einen Tatverdächtigen fotografiert und verbreitet zu haben. Er hatte das Schreiben unter anderem an Angehörige des Opfers Daniel H. und die rechtsextreme Initiative Pro Chemnitz weitergeleitet. Schnell war das Dokument in den sozialen Netzwerken gelandet. Die Staatsanwaltschaft sah darin eine Verletzung des Dienstgeheimnisses in Tateinheit mit verbotenen Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen. Auf dem Dokument befanden sich andere sensible Daten, darunter auch Klarnamen von Zeugen. 

 

Nach Auffassung der Richterin wusste der Beschuldigte um Rechte und Pflichten, veröffentlichte aber trotz geltender Unschuldsvermutung den Haftbefehl. Damit habe er das Verfahren gefährdet. Vor Gericht sagte Z.: "Ich habe einen Fehler begangen. Ich habe daraus gelernt. Mein ganzes Leben hat sich umgekrempelt. Es wird nie wieder passieren." Glaubhafte Reue habe sie darin nicht erkennen können, sagte Richterin. Zuvor war es zwischen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft zu einer Verständigung gekommen. Im Gegenzug für ein Geständnis wurde das Strafmaß auf eine Bewährungsstrafe mit Arbeitsstunden beschränkt.

Chat: "Kanacken-Klatschen"

Die Staatsanwältin bescheinigte dem Beschuldigten in ihrem Plädoyer ein fremdenfeindliches Motiv. Bei einem deutschen Tatverdächtigen hätte er einen Haftbefehl nicht weitergegeben, hieß es. Die Verteidigung stritt eine fremdenfeindliche Gesinnung ihres Mandanten ab. Allerdings zitierte das Gericht auch aus einem Chat des Angeklagten mit Kollegen. Darin hatte er wenige Tage nach den Ereignissen in Chemnitz von einem "Kanacken-Klatschen" geschrieben.

Daniel Z. wird in der rechtspopulistischen Szene als Whistleblower verehrt. Z. hatte 2019 für die AfD für den Stadtrat in Dresden kandidiert. Auf seiner Facebook-Seite finden sich zahlreiche Belege für seine AfD-Anhängerschaft.

Auszug aus dem Strafgesetzbuch§ 353b Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht

Wer ein Geheimnis, das ihm als Amtsträger anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.


§ 353d Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die Anklageschrift oder andere amtliche Dokumente eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.

Der JVA-Beamte war vom Dienst suspendiert worden. Über seine berufliche Zukunft soll nach Abschluss des Strafverfahrens entschieden werden.

Im August 2018 war der 35 Jahre alte Daniel H. am Rande des Chemnitzer Stadtfestes erstochen worden. Die Tat hatte Übergriffe und Demonstrationen zur Folge. Ein Syrer wurde wegen Totschlags verurteilt. Der Richterspruch ist umstritten.

Quelle: MDR/st/dpa

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSENMDR SACHSENSPIEGEL | 30.10.2019 | 19:00 Uhr

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