Senioren am SteuerGrüne verlangen verpflichtende Überprüfung von Autofahrern ab 75
In der ersten Janaurwoche verunglückten mehrere ältere Autofahrerinnen und -fahrer tödlich in Sachsen und Thüringen. Der tragische Unfalltod einer 82-Jährigen, die falsch bei Meerane auf die A4 auffuhr, hat die Diskussion um Fahrtauglichkeit älterer Menschen neu entfacht. Verpflichtende oder freiwillige Tauglichkeitstests, Fahrstunden, gesunder Menschenverstand? Vorschläge gibt es viele.
- Die Linke wertet die von den Grünen vorgeschlagene Prüfung als Zwangsmaßnahme.
- ADAC Sachsen warnt vor pauschalen Tests.
- Zeitnahe Änderungen sind unwahrscheinlich.
Die Grünen in Sachsen verlangen verpflichtende Tests für Autofahrerinnen und Autofahrer ab dem 75. Lebensjahr. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Gerhard Liebscher sieht Handlungsbedarf bei der Fahrsicherheit von Älteren. Die tödlichen Unfälle von Senioren Anfang Januar hätten einmal mehr gezeigt: eine verpflichtende Fahrtauglichkeitsprüfung ab dem 75. Lebensjahr ist notwendig, sagt Liebscher: "Es ist einfach klarzustellen – das zeigt auch die Statistik – dass im höheren Alter die Unfallhäufigkeit wieder zunimmt."
Doch sofortige Fahrverbote für ältere Autofahrer lehnt der Landtagspolitiker ab. Durch die Prüfung sollen Senioren lediglich beraten und geschult, Defizite ausgeglichen werden. Sind sie nicht mehr fahrtauglich, will Liebscher auf den "gesunden Menschenverstand" der Älteren setzen und eine freiwillige Abgabe ihres Führerscheins.
Linke: Prüfung wirkt wie Zwangsmaßnahme
Den Vorschlag der Grünen hält der Linken-Landtagsabgeordnete Marco Böhme für überzogen. Eine verpflichtende Prüfung könnte wie eine Zwangsmaßnahme für Ältere wirken, sagt der mobilitätspolitische Sprecher der Linken: "Es ist ein Generalverdacht, bei dem man davon ausgehen könnte, dass man ab einem Alter X nicht mehr Autofahren kann."
Es ist ein Generalverdacht, bei dem man davon ausgehen könnte, dass man ab einem Alter X nicht mehr Autofahren kann.
Marco Böhme | Mobilitätspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion
Böhme setzt stattdessen auf freiwillige Tests. Eine weitere Idee: Die Zulassungsstellen für Führerscheine sollten ältere Pkw-Nutzer jährlich an kostenfreie Schulungen erinnern und zu Gesundheitschecks ermuntern.
ADAC warnt vor pauschalen Tests
Der Automobilclub ADAC Sachsen setzt ebenfalls auf freiwillige Tests und Schulungen. Es gebe ein erhöhtes Unfallrisiko bei über 75-Jährigen, sagt der ADAC-Vorstand, Helmut Büschke. Doch er warnt davor, Ältere durch Eignungstests vom Straßenverkehr auszuschließen: "Das ist besonders kritisch im ländlichen Raum oder wenn der Senior auf sein Fahrzeug angewiesen ist."
In anderen Ländern mit verpflichtenden Tests wie Norwegen, Kroatien oder die Schweiz seien Rentnerinnen und Rentner schon falsch beurteilt worden, so Büschke. Ältere Autofahrer hätten zu Unrecht ihren Führerschein abgeben müssen. Außerdem gebe es bereits Testfahrten für Senioren, die beispielsweise Fahrschulen anbieten, so der ADAC-Experte. Fahrlehrer beurteilen die Fahrten und sprechen sich im Anschluss für oder gegen die Fahrtauglichkeit aus. Manchen Seniorinnen und Senioren würde dann nahegelegt, freiwillig auf ihren Führerschein zu verzichten.
Zeitnahe Änderungen unwahrscheinlich
Dass sich zeitnah etwas beim Thema Fahrtauglichkeit bei Senioren ändert, zum Beispiel durch eine sächsische Bundesratsinitiative, ist derzeit unwahrscheinlich. Die Koalitionspartner der Landesregierung, CDU und SPD, haben das Thema noch nicht diskutiert, sagten sie auf Anfrage von MDR SACHSEN. Auch die AfD und die Landesseniorenvertretung Sachsen haben sich noch nicht zu einer verpflichtenden Fahrprüfung ab 75 Jahren positioniert.
MDR (phb)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport | 11. Januar 2023 | 13:00 Uhr