Hitze in der Stadt Umweltbürgermeisterin: "Klimaschutz in Dresden muss Chefsache werden"
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Temperaturen bis 40 Grad Celsius, ausgetrocknete Böden, sterbende Bäume – die Belastungen durch Hitze steigen. Dresden will mit einem Konzept zur Anpassung an den Klimawandel die schlimmsten Folgen abfedern. Doch dafür muss Hitze- und Klimaschutz in der Stadtverwaltung Priorität bekommen und mit Geld und Ressourcen ausgestattet werden, sagen Experten. Denn: Die Zeit drängt.

- Dresden arbeitet aktuell an einem ressortübergreifenden Hitzeschutzkonzept. Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen fordert dringend Ressourcen für Hitzeanpassung.
- Wissenschaftler plädieren dafür, "ins Handeln" zu kommen und die Ämter besser zu vernetzen.
- Ältere Menschen besonders durch Hitze gefährdet.
- Laut MDRfragt sieht die Mehrheit einer Umfrage die Hitze als große Gefahr
Ressortübergreifendes Hitzeschutzkonzept
Senioren, die ihre Wohnung nur abends verlassen, Mütter, die sich um ihre Säuglinge sorgen, Übergewichtige, die schnaufend an der Bushaltestelle stehen: Die Hitze belastet Stadtbewohner immer stärker und minimiert die Lebensqualität. Um die Folgen zukünftiger Hitzewellen und Dürren abzufedern, arbeitet Dresden an einem ressortübergreifenden Konzept zur Anpassung an den Klimawandel.
Dazu gehören viele Maßnahmen in der sogenannten grünen und blauen Infrastruktur der Stadt, jedoch auch Vorbeugung im Gesundheitsbereich. Darüber informierte die Dresdner Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) auf Anfrage von MDR SACHSEN. "Klimaschutz muss zur Chefsache im Rathaus werden. Das hat Oberbürgermeister Hilbert versprochen. Wir brauchen dafür Personal sowie Geld für Investitionen und Pflege", sagte Jähnigen.
Dresden Modellregion für viele Klimaprojekte
Seit vielen Jahren beschäftige sich die Stadtverwaltung mit Klimawandel und den notwendigen Veränderungen. Dresden würde wegen seiner Expertise überregional angefragt und sei Modellstadt in Projekten, wie beispielsweise die seit vielen Jahren abgeschlossene groß angelegte Studie zur regionalen Klimaanpassung "Regklam" sowie der aktuelle Forschungsverbund "Heat ResilientCity", der 2022 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis bekam. Dresden sei 2020 als klimaaktive Kommune für seine Richtlinie "Dresden baut Grün" ausgezeichnet worden.
Ressourcen dringend erforderlich
"Fachlich sind wir gut aufgestellt. Die Praxis im Alltag der Stadt ist noch eine andere. Vieles setzen wir noch nicht flächendeckend um. Die Maßnahmen sind nicht mit Ressourcen untersetzt. Das muss sich schnell ändern", verlangte die Umweltbürgermeisterin. "Aufgaben zur Klimaanpassung müssen Bestandteil unserer Daseinsfürsorge und Pflichtaufgabe werden. Alles, was neu gebaut wird, muss nach diesen Kriterien ausgerichtet werden."
Aufgaben zur Klimaanpassung müssen Bestandteil unserer Daseinsfürsorge und Pflichtaufgabe werden.
Forscher: Hitze-Umbau muss Priorität bekommen
Wissenschaftler des Forschungsverbundes "HeatResilientCity" hatten sich im Interview mit MDR WISSEN dafür ausgesprochen, zur Anpassung an die Hitze zu verpflichten. "Wir brauchen die Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel als Pflichtaufgabe. Der Hitze-Umbau muss in den Kommunen zur Chefsache werden", verlangte die Meteorologin der TU Dresden, Dr. Astrid Zieman, im Gespräch mit dem MDR. "Das Problem ist ja auch die Gemengelage. Die zuständigen Umwelt- und Grünflächenämter, Hoch- und Tiefbauämter müssen miteinander kommunizieren, sich an einen Tisch setzen und eine klima- und hitzeresiliente Stadtplanung nach vorn bringen. Dafür braucht es Netzwerke, Zeit und Ressourcen."
Transfer in die Praxis muss besser funktionieren
"Der Transfer von Forschung in die Praxis muss noch besser funktionieren. Vieles an Wissen ist schon da. Man muss vom Status des Wollens zum Status des Handelns kommen", erklärte auch Dr. Christoph Schünemann. Der Physiker am Leibnitz-Institut für ökologische Raumentwicklung weiß aber auch, dass dieser Schritt komplex ist, weil man in der Verwaltung die Ämter zusammenholen müsse. "Doch es ist möglich – wenn die Priorität dafür deutlich erhöht wird."
Besonders ältere Menschen gefährdet
Umweltbürgermeisterin Jähnigen erklärte: "Seit Jahren haben wir speziell in Ostsachsen und im Elbtal eine extreme Grundwasserdürre, eine hohe Brandgefahr und zunehmend sehr, sehr heiße Sommer. Diese führen zu gesundheitlichen Belastungen für viele Menschen und zu großen Schäden in der grünen Infrastruktur." Besonders betroffen von den Belastungen durch Hitze seien verletzliche Bevölkerungsgruppen wie ältere und sehr junge Menschen sowie sozial Schwache.
Laut Jähnigen gehe es jedoch nicht allein um ein Hitzeempfindungen und die Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern auch um direkt damit verbundenen Folgekosten in der Gesundheitsvorsorge. Ein sofortiges Handeln sei unabdingbar. Zudem müsste man mit Mehrkosten für Dürrefolgen und Bewässerung rechnen. Diese würden umso höher, je später man handle. "Uns rennt die Zeit davon", erklärte die Umweltbürgermeisterin.
Den zunehmenden Klimawandel erleben wir seit vielen Jahren, einerseits mit Starkregen und Hochwasser, andererseits mit Hitze und Dürre, auch außerhalb des Sommers. Uns rennt die Zeit davon.
Oberbürgermeister Hilbert will über Ressourcen im Stadtrat sprechen
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sagte dazu: "Die Anpassung an den Klimawandel ist ein wichtiges Anliegen. Der Hitzeschutz gehört zweifelsfrei dazu. Letztlich spüren wir ja, dass die Sommer immer heißer und trockener werden. Allein in die Renaturierung verschiedener Flussläufe und Bäche in der Stadt sind in den vergangenen Jahren Millionen Euro investiert worden." Derzeit erarbeite die Stadt das Klimawandelanpassungsprojekt. Die dafür notwendigen Ressourcen würden Teil der Haushaltsdebatte. "Sobald die gemeinsamen Ziele mit dem Stadtrat klar sind, sprechen wir auch über die notwendigen Ressourcen", sagte Hilbert. "Mein Ziel ist es, bis zum Jahresende die Ziele und die notwendigen Ressourcen zu klären."
MDRfragt: Mehrheit sieht Hitze als große Gefahr
Nach einer Umfrage des Befragungsportals "MDRfragt" sieht die Mehrheit der 25.000 Befragten Hitze als große Gefahr. Etwa 90 Prozent sahen die Hitze als Gefahr für die Landwirtschaft. Rund 84 Prozent der Teilnehmer befürchten hohe Folgen für die Natur, 74 Prozent eine reale Gefahr für die Gesundheit der Menschen. Eine Mehrheit der Befragten ist für eine stärkere Anpassung an die zunehmende Hitze. Vor allem beim Städtebau, in der Landwirtschaft und beim Waldumbau müsse mehr getan werden. Auch im Gesundheitssystem und bei Gebäuden sehen viele Handlungsbedarf.
Dresden als Schwamm: Abfluss von Regen neu organisieren
Um für Starkregenfälle vorbereitet zu sein, will Umweltbürgermeisterin Jähnigen Dresden als sogenannte Schwammstadt weiter ausbauen. Mit Entsiegelung verschlossener Oberflächen, Rückhaltebecken, Gräben, Zisternen und weiteren Maßnahmen nhemen Städte wie ein Schwamm Regenwasser lokal auf und speichern es, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten. "Wir müssen mehr Grünflächen zur Kühlung anlegen und vorhandene Gewässer besser nutzen", erklärte Umweltbürgermeisterin Jähnigen.
Das Neue Technische Rathaus mit Zisterne
Ein Pilotprojekt am Südpark solle testen, wie Regenwasser optimal versickern kann. Das neue Technische Rathaus sei zudem mit einer Zisterne geplant. Die habe zehn Quadratmeter Fassungsvermögen und solle zum Wässern der Grünanlagen und Bäume genutzt werden.
Parkplätze müssen wasserdurchlässig gebaut werden
Jähnigen zufolge schreibt die Stellplatzsatzung der Stadt bereits jetzt vor, Parkplätze mit Rasengittersteinen wasserdurchlässig zu bauen und einen Baum pro fünf Stellplätze auf der Parkfläche zu pflanzen. Mit dem Projekt "Grüner Bogen" solle zudem die Stadt im Umfeld der südlichen Prager Straße ökologisch umgebaut werden. Gleichzeitig würde in einem Projekt untersucht, inwieweit Haltestellen grüner und mit Gründächern ausgestattet werden können.
Hitzeschutz auch im Bestand dringend nötig
Ist Hitzeschutz beim Bauen und im Bestand von Mietwohnungen möglich? "Natürlich braucht es auch Förderprogramme für den privaten Bestand, sowohl für Eigentümer als auch für Mieter", sagte Jähnigen. Die kommunale Wohnungsgesellschaft WID setze zwar beim Neubau bereits viel um, doch das Potenzial schon bestehender Wohnungen viel größer. Dabei gehe es nicht nur um eine Förderung zur klimafreundlichen Umgestaltung von Mietshäusern, sondern auch um Unterstützung etwa zur Installation von Regentonnen und bei Gießpatenschaften.
An Trinkbrunnen kostenfrei Wasser nachfüllen
Um besonders ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Menschen zu schützen, hat die Stadt Dresden wie auch andere Kommunen in Mitteldeutschland ein sogenannten Refill-System aus Trinkbrunnen und Wasserquellen etabliert. Im Themenstadtplan findet man die Stellen, an denen jeder seine eigene Flasche oder den Mehrwegbecher kostenfrei mit Wasser auffüllen kann.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 22. August 2022 | 11:30 Uhr
Kalkbrenner vor 29 Wochen
Ich kann nur hoffen, dass Frau Jähnigen von den Grünen bald nur noch einfaches Mitglied des Stadtrates ist. Dresden würde eine bürgerliche Koalition aus FDP, CDU, FW und AfD mehr als gut tun.
Karl-W vor 29 Wochen
Klimaschutz? Die Scheinheiligkeit in den Industriestaaten und vor allem Deutschland ist erschreckend. Die Abholzung des Regenwaldes zulassen damit Konzerne Gewinne machen und dem Volk billiges Palmöl in den den Rachen stopfen. Elektroschrott nach Afrika, lass die da das Klima kaputt machen wir sind sauber. Windenergie, unser Strom wird sauber erzeugt, wenn da im Windrad ein Umweltkiller verbaut wird ist das doch nicht erwähnenswert. Obst wird aus der ganzen Welt nach Deutschland gekarrt. Ein paar Obstbäume mehr hier, wären gleichzeitig für die Umwelt gut. Aber leider nicht für Aldi, Rewe und Co und deren Gewinne.
wer auch immer vor 29 Wochen
Zu spät jeder Aktonismus ...